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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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las.
    Warum wohl, Julia?
    Du hast Schiss! Du hast verdammten Schiss davor!
    Es ist das Tal, dachte sie, dass einen so verrückt handeln lässt. Dass einen zur Flucht zwingt. Immer weiter in die Höhe, ganz instinktiv. Das hatte sie an dem Tag gemacht, als sie Angela gefunden hatten – und jetzt war es wieder so.
    Was meinst du, Julia? Sollen wir gemeinsam fliehen?
    Das war einer der ersten Sätze, die Chris zu ihr gesagt hatte.
    Plötzlich war das Gebüsch zu Ende, der Wald lichtete sich, es wurde heller und vor ihr stand eine verfallene Hütte. Völlig außer Atem setzte sie sich auf die verwitterte Holzbank davor. Während sie darauf wartete, wieder Luft zu bekommen, blickte sie sich um.
    Die Stille war unglaublich.
    Julia glaubte, die Luft surren zu hören. Der intensive Geruch nach Kiefern und Harz hatte eine betäubende Wirkung.
    Fast wie Drogen.
    Drogen.
    Etwas in ihrem Gehirn sprang an, übermittelte ihr eine Erinnerung, ähnlich wie wenn das Handy signalisierte, dass man eine SMS erhalten hatte.
    Drogen – ein Wort, das ihr Leben lang Panik auslösen würde.
    Der Umschlag fühlte sich schwer an. Es war ein Brief an eine Tote.
    Galt in diesem Fall noch das Briefgeheimnis?
    Nein – Tote hatten kein Recht mehr auf Geheimnisse. Und schon gar nicht Angela Finder, die loa.loa gewesen war.
    Mit zitternder Hand riss Julia den Umschlag auf. Das Erste, was sie sah, war eine Rechnung in deutscher Sprache.
    Sie war an Angela Finder gerichtet und umfasste einen Betrag von fünfzehn Euro. Ausgestellt hatte die Rechnung die kaufmännische Abteilung des Tagesspiegels.
    Dann zog sie die Kopie eines Zeitungsartikels heraus.
    Es dauerte einige Minuten, bis sie wirklich realisierte, was er bedeutete.
    Der Ausschnitt zeigte ein Foto.
    Zwei Jungen, die sich an einem Tisch gegenübersaßen.
    Vor ihnen war ein Schachbrett aufgebaut.
    Julia kannte dieses Foto.
    Juniorenmeister im Schach, lautete die Überschrift.
    Sie musste den Text nicht lesen, tat es aber trotzdem.
    *
    Ralph de Vincenz ist neuer Europameister. Der fünfzehnjährige Ralph de Vincenz gewann den Titel der Europäischen Juniorenmeisterschaften und verwies damit seinen wichtigsten Konkurrenten, den Iren Sam Dusket, auf Platz zwei. Die Meisterschaften wurden unter großer Resonanz Mitte April in Berlin ausgetragen.
    *
    Julias Herz schlug in einem Tempo, das kaum zu toppen war. Woher kannte Angela Ralph?

Kapitel 26
    Angela Finder war der Schlüssel zu allen Ereignissen im Valley. Ihr Tod konnte kein Zufall gewesen sein. Und ganz bestimmt kein Unfall.
    Die Studentin war Chefredakteurin vom Grace Chronicle gewesen. Bereits deshalb hatte sie Zugriff auf Informationen, an die andere nicht herankamen. Was aber weitaus wichtiger war: Sie war eine bekannte Hackerin gewesen und somit in der Lage, über jedes Netzwerk in Datensysteme einzudringen.
    Und wie es schien, hatte sie genau das hemmungslos ausgenutzt.
    Sie hatte die Nummer von Julias Handy herausgefunden und war im Besitz von Informationen über Katie gewesen. Und auch wenn Gründe und Motive dafür im Dunkeln lagen, waren Julia und Katie vielleicht nicht die Einzigen, über die Angela Finder Nachforschungen angestellt hatte.
    Dieses scheinbar hilflose Mädchen im Rollstuhl hatte im Grunde genommen über eine enorme Macht verfügt: Dozenten, Personal, Studenten – sie alle konnten betroffen sein. Denn gab es nicht im Leben von so gut wie jedem Menschen irgendetwas, das ihn erpressbar machte?
    War es wirklich so gewesen? Und wenn ja, warum?
    Weshalb hätte Angela Finder solches Interesse daran haben können, Macht über andere auszuüben?
    Ging es wie immer nur um Geld?
    Vielleicht.
    Um ihre Karriere als Journalistin?
    Bestimmt nicht.
    Julia hatte mehr als einmal festgestellt, dass das Grace Chronicle alles andere als investigativer Journalismus war – für ihren Geschmack wurde in dem Blatt das Collegeleben sogar ein bisschen zu sehr beweihräuchert.
    Nur – worum war es Angela dann gegangen?
    Wozu diese SMS, die doch nur den Zweck hatte, Julia darauf hinzuweisen, dass ihre Geheimnummer aufgeflogen war!
    Verdammt, um auf den Grund für Angelas Handeln zu kommen, hätte Julia das Mädchen einfach besser kennen müssen. Eigentlich wusste sie doch nur, dass die Studentin selbstbewusst und nicht wenig von sich selbst eingenommen gewesen war. Zumindest hatte sie Julia das in ihrem Bewerbungsgespräch für den Chronicle spüren lassen.
    Also Rache gegen alles und jeden?
    Verbitterung über das Leben im Rollstuhl, das

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