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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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einzuweihen, doch er hing im CD über dem Laptop, da hatte es keinen Sinn, ihn anzusprechen. Wenn ihr Bruder mit irgendeinem Problem beschäftigt war, dann hörte die normale Welt einfach auf, für ihn zu existieren.
    Ihr letzter Kurs endete an diesem Tag schon um 15:00 Uhr.
    Julia rannte in ihr Zimmer, schnappte sich den Umschlag, den sie dort in ihrem Kleiderschrank versteckt hatte, und verließ das Apartment, ohne auf eine ihrer Mitbewohnerinnen zu stoßen.
    Fünf Minuten später trat sie aus dem Gebäude. Von der Polizei war in den letzten Tagen immer weniger zu sehen gewesen und auf dem Campus herrschte fast wieder das gewohnte Treiben. Die Temperaturen waren in den letzten Tagen gestiegen. Keine Wolke stand am Himmel. Die Luft war ungewöhnlich frisch und klar, wie es nur in den Bergen möglich war.
    Als Julia vom Parkplatz auf die Straße bog, die nach Fields führte, näherte sich von hinten ein Wagen und gleich darauf stoppte das Auto hinter ihr. Es war der Landrover, mit dem Alex sie vor zwei Wochen hier hochgebracht hatte, und Alex lenkte ihn auch diesmal. Neben ihm saß Chris und auf der Rückbank erkannte sie Benjamin, der sie breit angrinste.
    Alex stoppte und Chris öffnete die Autotür.
    »Julia! Endlich! Ich hab dich den ganzen Tag gesucht! Wir fahren nach Fields. Benjamin möchte seine Kamera reparieren lassen und Alex hat etwas Wichtiges zu erledigen. Kommst du mit?«
    Julia schüttelte den Kopf.
    Chris stieg aus und trat einen Schritt auf sie zu. Sein Lächeln war plötzlich verschwunden. »Wir haben uns gestern und heute kaum gesehen.« Er hatte seine Stimme gesenkt.
    Sie schluckte. »Ich weiß.«
    Er runzelte die Stirn. Seine grauen Augen musterten sie prüfend. »Ich glaube, dir würde es wirklich guttun, hier mal rauszukommen.« Er machte eine kurze Pause. »Uns beiden würde das guttun«, fügte er dann hinzu.
    Julia zögerte. Ja, das würde es. Und es wäre die Gelegenheit, nach Fields zu kommen! Sie könnte endlich Kontakt aufnehmen und von Angela Finder erzählen. Die ganze Zeit über hatte sie auf diese Gelegenheit gewartet, doch nun hielt sie dieser Umschlag davon ab. Sie fühlte das raue Papier unter ihrem Pullover an ihrer nackten Haut und spürte die Furcht vor dem, was er enthalten könnte.
    »Nein, lieber ein anderes Mal«, sagte sie, bemüht, möglichst locker zu klingen. »Ich hab keine Lust, vier Stunden lang mit Mr Florida im Auto zu sitzen.« Das stimmte sogar. Sie konnte immer noch nicht vergessen, was für ein perfides Spiel Alex mit den Freshmen getrieben hatte, sosehr dieser sich auch bemühte, die Sache vergessen zu machen. »Und außerdem wollte ich gerade joggen gehen.«
    »In diesem Aufzug?« Chris starrte auf ihre Chucks und Jeans.
    Julia brachte tatsächlich ein Lächeln zustande. »Warum nicht?«
    »Na, dann pass mal auf, dass du dir in dem Gelände nicht den Fuß brichst.« Plötzlich klang seine Stimme bitter. Ohne einen Abschied drehte er sich um, stieg wieder ins Auto und wenige Augenblicke später verschwand der Landrover hinter der nächsten Biegung.
    Julia biss sich auf die Lippen. Sie hatte es schon wieder vermasselt, und zwar gründlich. Das war das Letzte, was sie gewollt hatte. Doch – wenn er sie mochte, wie er es gesagt hatte, vielleicht sogar verliebt in sie war, dann würde er es respektieren, oder?
    Zögernd sah sie sich um. An der Stelle, wo sie sich befand, führte die breite Joggingstrecke von der Fahrstraße hinunter zum Seeufer. Hier stand auch das Schild mit den vielen Lampen, das sie am ersten Abend willkommen geheißen hatte.
    Welcome in Grace Valley!
    An dieser Stelle hatte sie Angela Finder zum ersten Mal gesehen.
    Soweit Julia wusste, gab es keine neuen Entwicklungen in dem Fall. Der Dekan, Mr Walden, hatte immer noch keine offizielle Stellungnahme von sich gegeben und auch die Dozenten schwiegen hartnäckig. Und was die Zeitungsberichte betraf, so beschränkten sich die Informationen auf das, was die Studenten sowieso schon wussten.
    Julia bog auf die gewohnte Joggingstrecke ein, die zwischen Wald und See verlief. Das Ufer hier war von Bäumen gesäumt und ein breiter, flacher Kieselstrand führte hinunter zum Wasser. Diese Stelle war auch als einzige offiziell zum Baden freigegeben, obwohl Julia noch nie einen Studenten hier hatte schwimmen sehen. Isabel, die im Hallenbad unter dem Sportcenter trainierte, das im Rückgebäude des älteren Collegetrakts lag, hatte erklärt, dass der See noch zu kalt war.
    Ohne zu überlegen, zog Julia die

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