Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
er gegen die Elben gezogen war. »Macht wohl nichts«, sagte sie zu Ena. »In Marrinswalk finden wir bestimmt etwas zu essen.«
    Ena nickte. »Und vielleicht bringt uns das kleine Volk dafür ja Glück — vielleicht rufen sie Pyarin Ky'vos an, dass er uns günstige Winde schickt. Sie sind schließlich seine Lieblinge, so wie mein Volk Egye-Var gehört.«
    Briony schüttelte skeptisch den Kopf, rief sich dann aber zur Ordnung. Sie, die gegen einen mörderischen Dämon gekämpft und nur mit Müh und Not überlebt hatte — wie kam sie dazu, hochmütig abzutun, was andere über die Götter sagten? Sie betete zwar jeden Tag gewissenhaft und aufrichtig zu Zoria, hatte aber nie geglaubt, dass der Himmel so aktiv ins Leben der Menschen eingriff, wie es andere zu glauben schienen. Doch im Moment konnten sie und ihre Familie jede Hilfe brauchen. »Du erinnerst mich da an etwas, Ena. Wir müssen Erivor eine Opfergabe darbringen, bevor wir gehen.«
    »Ja, Herrin. Das ist gut und richtig.«
    Das Mädchen billigte also, was sie sagte? Wie reizend! Briony zog eine Grimasse, wandte sich aber ab, sodass Ena es nicht sehen konnte. Zum ersten Mal schmerzte es sie, nicht mehr Prinzregentin zu sein. Eine Prinzregentin behandelten die Leute wenigstens nicht wie ein Kind oder ein dummes Ding — allein schon aus Angst! »Lass uns zuerst Shaso zum Boot bringen.«
    »Ich gehe selbst, verflucht.« Der alte Mann bemühte sich, vollends aus seinem Dahindösen zu erwachen. »Ist die Sonne schon untergegangen?«
    »Bald.« Er sah besser aus, dachte Briony, aber er war immer noch erschreckend dünn und offenkundig sehr schwach. Er war
alt,
viele Jahre älter als ihr Vater — manchmal vergaß sie das, getäuscht durch seine Stärke und seinen scharfen Verstand. Würde er sich wieder erholen, oder hatte ihn die Zeit im Kerker für immer zum Krüppel gemacht? Sie seufzte. »Wir sollten uns jetzt bereit machen. Es ist weit bis zur Küste von Marrinswalk, oder?«
    Shaso nickte langsam. »Es wird die ganze Nacht dauern und wahrscheinlich noch bis in den Vormittag.«
    Ena lachte. »Wenn Pyarin Ky'vos auch nur den kleinsten günstigen Wind schickt, setze ich Euch noch vor dem Morgengrauen drüben ab.«
    »Aber wo dort?« Briony lag es mittlerweile fern, an dem Mädchen mit den kräftigen Armen zu zweifeln, jedenfalls, was das Rudern anging. »Wie wäre es mit Wildeklyff? Ich kenne Tynes Gemahlin gut. Sie würde uns sicher Unterschlupf gewähren — sie ist eine brave Frau, trotz ihrer übergroßen Leidenschaft für Kleider und für Klatsch und Tratsch. Das wäre doch wohl sicherer als Marrinswalk, wo ...«
    Shaso gab ein tiefes, warnendes Grollen von sich, das klang, als käme es aus einer Höhle. »Habt Ihr nicht versprochen, zu tun, was ich sage?«
    »Doch, das habe ich, aber ...«
    »Dann rudern wir nach Marrinswalk. Ich habe meine Gründe, Hoheit. Niemand aus dem Adel kann euch schützen. Wenn wir die Tollys provozieren, wird Herzog Caradon mit den Gronefelder Truppen nach Wildeklyff ziehen und Aldritchstatt bezwingen — wer sollte dort die Tollys aufhalten können, wenn Tyne mit allen seinen Männern in diesen Kampf gezogen ist, von dem Ihr spracht? Sie werden erklären, Ihr wärt eine Hochstaplerin — eine Dienstmagd, die ich gezwungen hätte, die Rolle der verschwundenen Prinzessin zu spielen — und die echte Briony sei längst tot. Versteht Ihr?«
    »Ja, schon, aber ...«
    »Kein Aber. Im Moment zählt nur Stärke, und die Tollys haben die Oberhand. Ihr müsst tun, was ich sage, und keine Zeit mit Widerspruch vergeuden. Wir könnten uns bald schon in Situationen befinden, in denen Zögern oder kindischer Eigensinn tödlich wäre.«
    »Gut, dann eben Marrinswalk.« Briony stand auf und bemühte sich, ihren Zorn im Zaum zu halten.
Ruhig,
ermahnte sie sich.
Du hast es versprochen — und außerdem, denk dran, wie töricht du dich in der Sache mit Hendon verhalten hast. Du kannst dir jetzt keine Temperamentsausbrüche leisten. Du bist die letzte Eddon.
Erschrocken korrigierte sie sich.
Die letzte Eddon in Südmark.
Aber nicht einmal das stimmte — jetzt waren gar keine wahren Eddons mehr auf der Südmarksburg, nur noch Anissa und ihr Kind, falls es die schreckliche erste Nacht seines Lebens überstanden hatte.
    »Ich werde am Altar des Meeresgottes opfern«, sagte sie so gemessen, wie sie irgend konnte, und setzte die Maske majestätischer Unnahbarkeit auf, von der sie geglaubt hatte, sie hätte sie mit dem Rest ihres alten Lebens auf der Burg

Weitere Kostenlose Bücher