Das Spiel
Frauengemächer hatten nur wenige Ausgänge, und im schlimmsten Fall wäre sie hier gefangen wie eine Ratte in einem Fass.
Sie zwängte sich an der jungen Fanu vorbei, die vergeblich nach ihrem Arm griff.
»Kommt zurück!«, rief Idite. »Br ... Fräulein!«
Während Briony zum vorderen Teil des
Hadar
lief, dankte sie Idite im Stillen dafür, dass sie so besonnen war, nicht laut ihren Namen zu rufen. Die Gänge waren erfüllt von lärmenden Stimmen und flackerndem Licht, und einen Schwindel erregenden Augenblick lang war es, als wäre sie in einen Zeitstrudel geraten und in jene schreckliche Nacht im Palast zurückgewirbelt worden, in der Kendrick ermordet wurde.
Sie schwankte ein wenig, als sie den Hauptraum erreichte, und blieb stehen, um sich am Türrahmen festzuhalten. Hier war die Luft voller Rauch, und die Stimmen waren lauter: raue, streitende Männerstimmen. Sie spähte in das seltsam überfüllte Gemach und sah mindestens ein Dutzend Bewaffnete, die vielleicht ein halbes Dutzend von Effir dan-Mozans Dienern herumstießen und anbrüllten, als könnten sie sie durch schiere Gewalt dazu zwingen, eine fremde Sprache zu verstehen. Einige südländisch gewandete Gestalten lagen bereits am Boden.
Während Briony noch entsetzt hinstarrte und zu erkennen versuchte, ob einer davon Shaso war, trat ein Mann in Rüstung ein Kohlebecken um, so dass glühende Kohlen durch den Raum kullerten. Die barfüßigen Diener schrien und sprangen hoch, um den Kohlen auszuweichen, während sie sich gleichzeitig vor den Klingen der Soldaten duckten.
»Wenn ihr nicht redet«, rief ein bärtiger Soldat, »werden wir dieses ganze Verräternest ausräuchern!« Er bückte sich, hob eine Fackel von einem der teuren Teppiche auf und hielt sie an einen der Wandbehänge. Die Diener jammerten und wehklagten, als die Flammen den alten Wandbehang emporlohten und nach den Holzbalken züngelten.
Briony tastete gerade unter ihrem Gewand nach dem Messer, obwohl sie keine Ahnung hatte, was sie tun könnte, als jemand sie am Gürtel packte und von der Tür wegriss, zurück in den Gang.
Ihr stockte das Herz — gefangen! Ohne auch nur eine Waffe bereit zu haben, um sich zu wehren! Aber es war kein weiterer Soldat des Barons.
»Was macht Ihr hier?«, zischte Talibo, Effirs Neffe. »Ich habe Euch überall gesucht! Warum habt Ihr die Frauengemächer verlassen?« Er packte sie, noch ehe sie antworten konnte, am Arm und zog sie den Gang entlang, zum hinteren Teil des Hauses.
»Lasst mich los! Habt Ihr nicht gesehen — sie töten die Diener!«
»Dafür sind Diener da, dummes Weib!« Der Flur füllte sich rasch mit Rauch; schon nach wenigen Schritten krümmte er sich vor Husten, doch bevor sie sich losreißen konnte, kam er wieder zu Atem und wollte sie weiterziehen.
»Nein!« Sie schaffte es, ihren Arm loszureißen. »Ich muss Shaso finden!«
»Närrin, was meint Ihr, wer mich geschickt hat?« Tals Gesicht war so verzerrt von Wut und Angst, dass es aussah, als ob er jeden Moment in Tränen ausbrechen oder einfach panisch davonrennen könnte. »Das Haus ist voller Soldaten. Er will, dass ich Euch verstecke.«
»Wo ist er?« Sie zögerte, aber die Schreie der unbewaffneten Männer, die hinter ihr wie Stalltiere abgeschlachtet wurden, waren zu schrecklich.
»Er wird sicherlich zu Euch kommen — beeilt Euch! Die Soldaten dürfen Euch nicht finden!«
Sie ließ sich den Gang entlangziehen. Fast so furchterregend wie die Schreie der Diener war das dumpfe, hungrige Brüllen des um sich greifenden Feuers.
Sie riss sich wieder von ihm los, als sie den Teil des Palastes erreichten, der auf der anderen Seite des Gartens, gegenüber vom Hauptraum, lag. »Was ist mit Eurer Tante und den anderen Frauen?«
»Die Diener werden sie hinausbringen! Verflucht, Mädchen, tust du denn nie, was man dir sagt? Shaso wartet auf dich!« Er trat hinter sie, packte sie an beiden Ellbogen und stieß sie dann vor sich her, noch ein paar Dutzend Schritte den Gang entlang und schließlich durch eine Tür hinaus in den offenen Hof auf der Rückseite des Hauses, wo sich die Eselställe, der Gemüsegarten und der Abfallhaufen befanden. Er schob sie zum Stall und hatte sie schon fast durch die Türöffnung gedrängt, als sie die Arme ausstreckte und sich abstemmte. Sie drehte sich seitwärts weg, sodass sie die Stallmauer und nicht die offene Tür im Rücken hatte, und fuhr mit der Hand in ihr Gewand.
»Was tust du da?«, schrie Talibo schon fast; sein hübsches, ein wenig
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