Das Spiel
Briony trotz allem ein gewisses grimmiges Vergnügen: Er gierte so sehr nach Respekt, aber jetzt war er es, der Respekt vor ihr hatte. Sein Gesicht war lächerlich jung für die Gefühle, die im Kerzenlicht darauf spielten, Gier, Lüsternheit und Berauschtheit von seiner eigenen Grausamkeit. »Und wenn du eine richtige Frau wärst, dann wärst du hier sicher gewesen, bis alles vorüber ist. Aber jetzt werde ich dich wie ein Pferd zureiten müssen. Ich werde dich lehren, dich zu benehmen ...«
Briony hakte den Fuß um sein Fußgelenk und zog ihm das Bein weg. Statt wegzurennen, stürzte sie sich auf ihn, während er noch auf dem glitschigen Boden um sich ruderte und verzweifelt wieder hochzukommen suchte. Er zwang sie rasch unter sich, und sie stieß ihn weg, aber seine Hände schlossen sich um ihre Kehle. Etwas Hartes drückte ihr schmerzhaft in den Rücken, doch sie bemerkte es kaum. Der Kaufmannsneffe war schlank, aber kräftig — stärker als sie —, und als seine Finger fester zudrückten, begann das Licht der einzigen Kerze zu flackern und zerbarst in Blüten aus Strahlen wie das Feuerwerk am Himmel über Südmark, als ihr Vater Anissa geheiratet hatte. Ihre Hand fand den Gegenstand, der sich in ihren Rücken gegraben hatte.
Talibos Griff war so kraftvoll, dass er sich nicht sofort lockerte, als sie ihren zweiten, kleineren Yisti-Dolch unter sich hervorgezogen und ihm mit aller Kraft in den Hals gerammt hatte. Talibo richtete sich auf und zitterte und wand sich wie ein Aal auf dem Boden eines Fischerbootes, sodass es für einen Moment so schien, als ob seine Todeszuckungen ihr das Genick brechen würden, aber schließlich fielen seine Hände von ihr ab.
Lange Zeit lag sie einfach nur da und rang hustend und spuckend nach Luft. Als sie endlich wieder atmen konnte, stand sie auf. Schwankend und mit zitternden Beinen beugte sie sich vorsichtig über den Kaufmannsneffen, für den Fall, dass er sich nur verstellte, aber er war tot: Er zuckte nicht einmal, als sie die Klinge aus seiner Kehle zog, wobei dunkles Blut hervorblubberte. Sie spuckte auf sein hübsches, jugendliches Gesicht — einen Speichelklecks, der rot von ihrem eigenen Blut war —, drehte sich dann um und suchte nach ihrem zweiten Messer.
Als sie aus dem Stall trat, stand Effir dan-Mozans ganzes Haus in Flammen. Briony starrte wie versteinert hin. Dann humpelte sie über den Hof in den Schatten der Mauer. Sie fand eine Stelle, wo sie hinaufklettern konnte, zog sich mit zitternden, erschöpften Muskeln auf die Mauerkrone und ließ sich ins kühle, stinkende Dunkel eines Abfallhaufens fallen.
Als der Morgen graute, fand Briony einen Eimer mit eisigem Wasser und tat ihr Bestes, sich das Blut vom pochenden, schmerzenden Gesicht zu waschen. Dann schlug sie das Gewand enger um ihre Jünglingskleider — die Kleider des Jünglings, den sie getötet hatte, dachte sie ohne große Gefühlsbewegung. Sie zog sich die Kapuze tief ins Gesicht und gesellte sich zu der Menge, die sich vor den schwelenden Resten von Effir dan-Mozans Haus versammelt hatte. Ein paar von den Soldaten des Barons hielten immer noch Wache bei den Ruinen, weshalb sie es nicht wagte, zu nah hinzugehen, und da dies der ärmste Teil von Landers Port war, sprachen viele der Umstehenden xandische Sprachen, aber sie bekam dennoch mit, dass zumindest die Frauen des Hauses entkommen waren und Zuflucht bei einer der anderen angesehenen Tuani-Familien gefunden hatten, Sie erwog kurz, zu Idite zu gehen, wusste aber, dass das töricht war: Ihretwegen hatten die Frauen bereits alles verloren — warum sie erneut in Gefahr bringen? Was genau passiert war, schien niemand zu wissen, aber viele hatten gehört, dass irgendein gesuchter Verbrecher gefangen genommen oder getötet worden war und dass dan-Mozan, der ihm Unterschlupf gewährt hatte, umgebracht worden war, weil er sein Geheimnis nicht hatte preisgeben wollen.
Nur ein männliches Mitglied des Haushalts war mit dem Leben davongekommen. Als Briony das hörte, keimte für einen Moment Hoffnung in ihr auf, aber dann zeigte jemand auf den Überlebenden — ein kleiner, gebeugter, alter Diener, den sie wiedererkannte, an dessen Namen sie sich aber nicht erinnern konnte. Er stand ein Stück abseits und starrte auf die rauchenden, geschwärzten Balken, die einmal sein Zuhause gewesen waren. Allein unter all diesen Menschen sah er genauso aus, wie Briony glaubte, dass sie selbst unter ihrer Kapuze aussehen musste: entsetzt, verwirrt und leer.
Es
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