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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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«
    »Schattenländer«, erklärte Barrick, nachdem er den Kopf einen Moment zu Gyir hingeneigt hatte. »Sklaven.«
    »Wessen Sklaven? Wer
ist
dieser Kettenjack?«
    Gyir, der Vansen verstehen konnte, auch wenn er nicht direkt mit ihm zu sprechen vermochte, führte einfach nur die langfingrigen Hände auseinander, als wollte er etwas von ungeheurer Größe und Macht anzeigen, schüttelte dann aber den Kopf und ließ die Hände wieder sinken.
    »Ein Gott, so nennt er ihn«, sagte der Prinz. »Nein, ein Götter bastard. Ein Bastardgott.« Barrick ließ den Kopf hängen. »Ich weiß nicht — ich kann mir nicht alles merken, was er sagt. Ich bin müde.«
    Sie wurden allein an eine Stelle in der Mitte des Lagers getrieben, worüber Vansen so froh war, wie er es unter diesen Umständen irgend sein konnte. Unter einem Himmel von der Farbe nassen Steins ließen sie sich auf dem feuchten, laubbedeckten Boden nieder. Vansen und Barrick saßen dicht beisammen, wegen der Wärme, aber auch — zumindest von Vansens Seite — wegen der menschlichen Gesellschaft. Das seltsame Heer von Gefangenen um sie herum, Dutzende und Aberdutzende, wirkte merkwürdig ruhig: Nur ein plärrendes Geräusch dann und wann oder eine kurze Salve unvertrauter, klickender Laute durchbrachen die Stille. Vansen konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass sie sich alle wie Tiere verhielten, die spüren, dass es zur Schlachtbank geht.
    Er neigte sich näher ans Ohr des Prinzen. »Wir müssen fliehen, Hoheit. Und wenn wir es tun, müssen wir versuchen, wieder in Menschenlande zurückzugelangen. Wenn wir noch länger in dieser ewigen Abenddämmerung bleiben, umgeben von gottlosen Kreaturen wie diesen, werden wir dem Wahnsinn verfallen.«
    Barrick seufzte. »Ihr vielleicht. Ich glaube, ich bin schon lange dem Wahnsinn verfallen, Hauptmann.«
    »Sagt nicht so etwas, Hoheit ...«
    »Bitte!« Der Prinz wandte sich ihm zu, und für den Moment schien seine ganze Müdigkeit vergessen. »Erspart mir diese ... diese hübschen, kleinen Gedanken, Hauptmann. ›Ihr müsst dies, Ihr dürft jenes nicht‹ — als ob ich noch irgendwelches Unheil über mich bringen könnte. Schaut mich doch an, Vansen! Was glaubt Ihr, warum ich hier bin? Was glaubt Ihr, warum ich überhaupt mit dem Heer mitgezogen bin? Weil da eine Krebsgeschwulst in meinem Gehirn sitzt und mich bei lebendigem Leib auffrisst!«
    »Was ... was meint Ihr?«
    »Lasst gut sein. Es ist nicht Eure Schuld. Aber manchmal wünschte ich, Ihr würdet Euch woanders wichtig machen.« Barrick zog die Knie ans Kinn und umschlang sie mit den Armen.
    »Wisst Ihr, warum ich Euch gefolgt bin, Hoheit?« Die trostlose Umgebung schien in Vansens Adern zu dringen und sich wie kalter Nebel über sein Denken zu legen.
Bald werde ich genauso düster und verrückt sein wie dieser Prinz.
»Weil Eure Schwester mich darum gebeten hat — nein, mich
angefleht
hat, es zu tun. Sie hat mich beschworen, dafür zu sorgen, dass Euch nichts geschieht.«
    Jetzt war plötzlich wieder Feuer in Barrick. »Was? Wofür hält sie mich? Für ein hilfloses Kind?«
    »Nein. Sie liebt Euch, Prinz Barrick, ob Ihr Euch selbst liebt oder nicht.« Er schluckte. »Und Ihr seid wohl alles, was ihr noch geblieben ist.«
    »Was wisst Ihr denn davon — ein bloßer Soldat?« Barrick sah aus, als wollte er ihn trotz seiner Handfesseln schlagen. Gyir, der ein paar Schritt entfernt saß, wandte den Kopf und beobachtete sie.
    »Nichts, Hoheit. Ich weiß nicht, wie es ist, ein Prinz zu sein und darunter zu leiden. Aber ich weiß, wie es ist, einen Bruder zu verlieren und andere meines Blutes. Von den vier Geschwistern, die ich hatte, sind mir nur noch zwei Schwestern geblieben, und meine Eltern liegen seit Jahren im Grab. Und ich habe auch Freunde unter den Garden verloren, einer wurde von einem Ungeheuer verschlungen, hier in diesen Landen, als ich das erste Mal hier war. Darüber weiß ich genug, um sagen zu können, dass der leichtfertige Umgang mit dem eigenen Leben manchmal selbstsüchtig ist.«
    Barrick funkelte ihn an, zornig, aber zugleich auf eine düstere Art belustigt. »Wollt Ihr sagen, ich sei selbstsüchtig?«
    »In Eurem Alter, Hoheit, wäre es verwunderlich, wenn Ihr es nicht wärt. Aber ich habe Eure Schwester gesehen, ehe wir aufgebrochen sind, habe ihr Gesicht gesehen, als sie mich bat, über Euch zu wachen, und mir erklärte, was es für sie bedeuten würde, Euch auch noch zu verlieren. Ihr nennt mich ›einen bloßen Soldaten‹, Prinz Barrick,

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