Das Spiel
befürchtet habe.
Die Gedanken des Zwielichtlers waren plötzlich nur noch ein erschrockenes Flüstern, das Barrick kaum noch verstand.
Kituyik hat sein Lager in Nordmark verlassen und sich eine neue Wohnstatt zugelegt ... in Große Tiefen selbst. Das hier ist das äußere Tor.
»Was ist das für ein neues Unheil?« Offensichtlich fühlte Ferras Vansen ebenfalls die seltsame Aura dieses Ortes, die mehr war als nur die schiere Größe und das ungeheure Alter der Anlage, etwas, das Barrick niederdrückte wie schwere, kalte Finger.
»Gyir sagt, es war einst etwas namens Große Tiefen, oder zumindest das äußere Tor.«
»Große Tiefen?« Vansen runzelte die Stirn. »Ich meine mich an diesen Namen zu erinnern. Aus meiner Kindheit ...«
Die Langschädel kamen zischend die Kolonne entlang und stießen die Gefangenen mit ihren Stöcken, bis auch die widerstrebendsten sich unter dem mächtigen Torsturz durchtreiben ließen. Er war mit seltsamen, nicht menschlichen Gesichtern verziert, die auf sie herabschauten — manche mit zu vielen Augen, andere mit zu wenigen, alle kein angenehmer Anblick.
Was hinter dem Tor lag, war ebenso bestürzend. Die breite, einstmals gepflasterte Straße führte in ein Tal hinab, das fast ganz von einer dicken Wolke rauchigen Nebels verdeckt war und sich zwischen zwei Reihen riesiger Steinskulpturen dahinzuschlängeln schien. Von Näherem war zu erkennen, dass einige der Skulpturen ganz alltägliche Dinge darstellten, aber ins Riesenhafte vergrößert, etwa Ambosse, so groß wie Häuser, oder Hämmer und andere Werkzeuge, die ein Dutzend Sterbliche gemeinsam nicht hätten anheben können. Andere waren nicht so leicht erkennbar, Abbilder bizarrer Gerätschaften, die Barrick noch nie gesehen hatte und deren Verwendungszweck er nicht einmal erraten konnte. Alle Statuen waren alt und beschädigt von Regen, Wind, Kriech- und Kletterpflanzen. Viele waren umgestürzt und halb mit Erde und Laub bedeckt, sodass das Ganze aussah, als hätten einstige Riesenbewohner eines Nachts einfach ihre Sachen gepackt, sich davongemacht und die mächtige Straße dem Verfall überlassen.
Trotz der augenscheinlichen Unbewohntheit oder vielleicht gerade deshalb wurde das bedrückende Gefühl, das Barrick verspürte, immer stärker, je weiter sie vorantrotteten. Selbst die Langschädel wurden stiller, und ihr Schnattern war nur noch ein Flüstern, wenn sie die Kolonne entlanggingen und die Gefangenen weitertrieben.
Was ist das für ein Ort?,
fragte Barrick Gyir.
Was ist Große Tiefen?
Der Ort, wo die Götter erstmals die Erde durchbrachen, auf der Suche ...
Noch vor einem Tagzehnt hatte Barrick nicht recht an die Götter geglaubt. Jetzt, an einem Ort wie diesem, genügte schon das bloße Wort, dass sein Herz zu rasen begann und ihm der kalte Schweiß ausbrach.
Gyir schüttelte den Kopf. Das drückende Gewicht, das Barrick gespürt hatte, das sich verdichtende Etwas, das auf ihm lag wie ein Netz aus Blei, schien auf dem Zwielichtler noch schwerer zu lasten. Gyirs Kopf war gesenkt, sein Rücken gebeugt. Er ging wie ein Mann auf dem Weg zum Galgen. Seine Gedanken waren ebenfalls schwer wie Stein — es erschöpfte Barrick schon, sie nur zu empfangen.
Ich kann ... jetzt nicht mit Euch sprechen,
erklärte ihm Gyir.
Ich muss verstehen, was das alles zu bedeuten hat, warum .... Ich muss nachdenken ...
Barrick wandte sich an Ferras Vansen. »Ihr sagtet, Ihr glaubt Euch an etwas zu erinnern, Hauptmann. Was wisst Ihr über dieses Große Tiefen?«
»Es ist nur eine schwache Erinnerung. Etwas — eine Geschichte, die wir uns als Kinder erzählten, um uns gegenseitig Angst zu machen ...« Er runzelte gequält die Stirn. »Ich komme nicht mehr drauf. Was sagt der Zwielichtler?«
Barrick sah kurz zu Gyir hinüber, wandte sich dann wieder Vansen zu. »Etwas von den Göttern, die hier die Erde durchbrochen haben, aber ich werde daraus nicht schlau, und er will nichts mehr sagen.« Der Prinz rieb sich das Gesicht, als könnte er das Unbehagen wegschrubben. »Aber es ist ein böser Ort. Spürt Ihr's?«
Vansen nickte. »So schwer, als ob die Luft vergiftet wäre, und nicht nur durch Rauch. Nein, nicht vergiftet, aber irgendwie böse, wie Ihr sagt — schwer und unangenehm. Es macht mein Herz zittern, Hoheit, wenn ich ehrlich bin.«
»Ich bin froh, dass es nicht nur mir so geht«, sagte Barrick. »Oder vielleicht bin ich's auch nicht. Was wird mit uns geschehen? Was glaubt Ihr, wohin sie uns bringen?«
»Das werden wir
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