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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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mehr gehört, seit du das letzte Mal etwas von mir wolltest. Nein, seine Überlegungen sind zumindest interessant, vielleicht sogar nützlich, und im Tausch dafür will er weiter nichts, als zu erfahren, was ich über seine Heimat und seine Familie weiß. An dem Brief ist nichts Zweifelhaftes, außer dass er zu viel weiß. Wie kann ein ausländischer Gefangener so viel über unsere Verteidigungsanlagen wissen?«
    »Er hat mir erzählt, dass er vor zwanzig Jahren hier gegen die tuanischen Piraten gekämpft hat. Als Gast des Tempelrates.«
    »Ich erinnere mich ja an damals, aber
er
weiß noch genau, wo welche Turmtreppe ist und wie viele Stufen sie hat, ich schwör's! Er muss ein Gedächtnis haben wie eine Tempelbibliothek.« Graf Perivos zog die Brauen zusammen. »Dennoch, manche seiner Warnungen und Ratschläge sind klug, und ich bin bereit zu glauben, dass er sie aufrichtig gut meint. Aber was soll dieser Irrwitz mit der Dienstmagd?«
    »Ich weiß nicht, Papa. Er sagt, sie erinnert ihn an jemanden.« Pelaya sah ihre kleine Dienerin durch den Garten kommen. Das dunkelhaarige Mädchen folgte ihr langsam. »Schau — da sind sie.«
    »Irrwitz«, sagte ihr Vater, seufzte dann aber, als sei schwacher Protest alles, was ihm blieb.
    Als Pelaya die Waschhausmagd von Nahem sah, war sie erleichtert und verwirrt zugleich. Aus irgendeinem Grund erleichterte es sie, dass das Mädchen nur ein, zwei Jahre älter war als sie selbst und dass es, wenn auch keineswegs hässlich, doch auch nicht umwerfend hübsch war. Aber irgendetwas an dieser Wäscherin, das sie nicht hätte benennen können, beunruhigte sie — die Wachsamkeit des Mädchens, die kühle, verhaltene Art, wie es sich in dem von Fackeln erhellten Garten umsah, war nicht das, was die Tochter des Verwalters von einer Magd erwartet hätte, die den ganzen Tag an den Waschzubern der Zitadelle stand.
    Jetzt richtete das Mädchen die dunklen Augen auf Pelaya und den Grafen und musterte sie beide ebenso sorgfältig, wie sie es zuvor mit der Umgebung getan hatte. Allein das war doch schon seltsam: Hätte das Mädchen nicht
zuerst
die Herrschaften ansehen sollen, die sie hatten holen lassen? Die Inspektion machte Pelaya ein wenig nervös.
    »Dein Name ist Nira, stimmt das?«, fragte sie das Mädchen. »Jemand möchte dich treffen. Verstehst du mich?«
    Das Mädchen nickte. »Ja. Nira. Verstehen.« Entweder war sie noch nicht lange in Hierosol, oder sie war weit dümmer, als sie aussah, denn sie hatte einen barbarischen Akzent.
    Nicht zum ersten Mal an diesem Tag fragte sich Pelaya, wo sie da hineingestolpert war. Eine simple Freundschaft war zu etwas viel Gewichtigerem und Komplizierterem geworden. Es beruhigte sie, dass ihr Vater und sein Leibwächter anwesend waren, um sicherzustellen, dass der Gefangene und die Dienstmagd einander nichts zusteckten und auch sonst nichts Hinterlistiges versuchten.
    Perivos trat jetzt auf die Wäschemagd zu und musterte sie einen Moment lang ebenso gründlich, wie sie es umgekehrt getan hatte. »Das ist sie also?«
    »Ja, Vater.«
    »Ich wünschte, Olin Eddon würde sich beeilen. Ich habe Besseres zu tun ...«
    »Ja, Vater, ich weiß.« Sie holte Luft. »Bitte sei nett zu ihm.« Er wandte sich ihr überrascht und empört zu. »Was soll das heißen, Pelaya?«
    »Er ist ein netter Mann, Vater.
Papa.
Er war immer höflich zu mir und schicklich in seinen Worten, und er hat immer darauf bestanden, dass seine Bewacher dablieben — und meine Jungfer auch. Er sagt, ich erinnere ihn an seine Tochter.«
    Ihr Vater schnaubte spöttisch. »Wie es scheint, erinnern ihn viele junge Frauen an seine Tochter.«
    »Vater! Sei freundlich. Du weißt doch, dass seine Tochter verschwunden ist und seine beiden Söhne tot sind.«
    Der Graf schüttelte den Kopf, aber sie sah, dass er schon milder wurde. Da sie raffinierter war als ihre Schwester, hatte sie gelernt, ihn auf sanfte Art dahin zu bringen, dass er tat, was sie wollte, und manchmal schien er sich sogar mehr oder weniger freiwillig zu ergeben. »Nun hör schon auf«, sagte er. »Ich werde ihm ein kurzes Gespräch ohne meine Aufsicht gewähren — aus Respekt, immerhin ist er ein König —, aber es gefällt mir gar nicht. Und wenn irgendetwas Ungehöriges passiert ...«
    »Das wird nicht passieren, Vater. So ist er nicht.« Pelaya Akuanis war viel zu damenhaft, um auch nur im Stillen zu fluchen, und außerdem kannte sie gar keine brauchbaren Kraftausdrücke, aber dieser Gefallen kostete sie mehr, als der

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