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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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schien zum ersten Mal die passende Umgebung gefunden zu haben. »Auch er liebte die Frauen, und die Frauen liebten ihn.«
    Kettelsmit sagte nichts. Er kannte diese Robben-Elogen und wusste, der alte Mann würde sich nicht davon abbringen lassen, ganz gleich, was Matt Kettelsmit tat.
    »Er wurde von Räubern ermordet, der arme Kerl«, sagte Puzzle kopfschüttelnd. Kettelsmit hätte den Rest mitsprechen können, so oft hatte er das Ganze schon gehört. »Von Kernios geholt, lang vor der Zeit. Habe ich Euch schon von ihm erzählt? Von Robben, dem lieblichen Sänger?«
    Kettelsmit erwog sogar, zum Gottesdienst in den Tempel zu gehen, nur um den Ergüssen des Alten zu entkommen, aber dieses schmähliche Los ersparte ihm die Ankunft eines kleinen Pagen, der Puzzle eine Botschaft von Hendon Tollys neuem Oberbefehlshaber überbrachte.
    »Ah, meine Anwesenheit ist erwünscht!«, sagte der alte Mann und konnte kaum verhehlen, wie geschmeichelt er war. »Der Reichshüter will, dass ich während des Festes an seiner Tafel sitze, damit ich ihn unterhalten kann.«
    Der Reichshüter wollte wohl verhindern, dass er zu viel aß, dachte Kettelsmit, sagte es aber natürlich nicht: Er mochte Puzzle, wenn er es auch ein wenig leid war, so viel mit ihm zusammen zu sein. Der Aufstieg in der Gunst der Mächtigen hatte den Alten fröhlich gemacht, aber auch ein bisschen großspurig, und aufgrund seiner eigenen, weniger verheißungsvollen Situation hatte Matt Kettelsmit manchmal Mühe, die Triumphe des Freundes mit zu genießen. »Steht da auch etwas von mir?«
    »Ich fürchte nein«, sagte Puzzle. »Aber vielleicht könnt Ihr ja mit mir kommen. Ich könnte meinem Herrn eins Eurer Lieder vorsingen, und dann würde er sicher ...«
    Kettelsmit dachte an den katastrophalen, demütigenden Empfang, der ihm zuteil geworden war, als er sich das letzte Mal an Puzzle drangehängt hatte. Das machte es ihm leichter, sich auf etwas zu besinnen, was fraglos wahr war, aber nicht gerade günstig für einen aufstrebenden jungen Mann wie ihn: Er hatte befunden, dass er Hendon Tolly nicht leiden konnte. Nein, mehr noch — er hatte Angst vor ihm. »Keine Sorge, lieber Freund«, sagte er zu Puzzle. »Wie Ihr schon sagtet, werden da heute Abend zweifellos viele hübsche junge Gesichter und feste junge Busen sein, die meiner Aufmerksamkeit harren.« Einen kleinen Ratschlag konnte er sich allerdings nicht verkneifen, da Puzzle derzeit durch das kleinste Quäntchen Beachtung so leicht zu blenden schien wie ein Kind. »Hütet Euch vor diesem Fretup. Der kennt keinerlei Loyalität und scheut vor nichts zurück.«
    »Ach, auf seine Weise ist er ein guter Kerl«, sagte Puzzle, bereit, jeden der reichen, mächtigen Männer, die ihn so unerwartet in ihren Kreis aufgenommen hatten, zu verteidigen. »Wenn Ihr das nächste Mal mitkommt, werdet Ihr ihn erleben und besser kennenlernen.«
    »Hoffentlich nicht«, murmelte Kettelsmit leise. Wenn Tolly ein Raubtier war, dann war Fretup ein Aasfresser, ein Hund, der auf Friedhöfen herumstreunte, sich schnappte, was immer er fand, und es nicht mehr aus seinem stinkenden Fang ließ. »Gehabt Euch wohl und viel Vergnügen, Oheim.«
    Er winkte Puzzle nach und merkte erst dann, dass er vergessen hatte zu fragen, ob Hulligans Kostüm auf seinem Rücken richtig zugeknöpft war. Er wünschte, er hätte einen Ankleidespiegel, aber so etwas konnte man sich nur leisten, wenn man reich war — oder wenigstens Verse für die Reichen verfasste.
    Ach, Prinzessin Briony, wo seid Ihr? Euer Hofpoet braucht Euch. Ihr habt wenigstens meine wahren Qualitäten erkannt, wenn schon sonst niemand ...
    In der Burg hingen überall Pergamentlaternen, und in jedem Winkel stand ein kleiner Altar für Madi Surazem, geschmückt mit Nadelgrün, weißen Nieswurzblüten, Feuerdorn und Stechginster, alles um weiße Kerzen drapiert. Jedes dieser Arrangements war ein stummes Gebet, dass der schwellende Leib der Feuchten Mutter Erde auch diesmal wieder eine Fülle gesunder Feldfrüchte hervorbringen möge.
    Was denn für Feldfrüchte?,
dachte Kettelsmit.
Und wer soll sie ernten? Die Zwielichtler haben doch alles Ackerland im Westen und Norden verwüstet.
Wie seltsam, dass ausgerechnet er sich um so etwas sorgte. Sein Vater hatte ihn immer den faulsten und egozentrischsten Jungen beidseits der Brennsbucht geschimpft (und damit, wie Kettelsmit zugeben musste, nur leicht übertrieben). Jetzt beobachtete er die Höflinge, die in ihren Masken und prächtigen Kostümen in

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