Das Spiel
mürrischen Grunzen auf die Bank fallen ließ, merkte er, dass da bereits jemand saß.
»Oh! Verzeiht, edle Dame ...«
Die Frau im dunklen Kleid sah auf. Ihre Augen waren gerötet — sie hatte geweint. Eine elfenbeinfarbene Maske lag in ihrem Schoß wie eine Opferschale. Kettelsmit stockte das Herz, und einen Moment lang brachte er nichts heraus. Er sprang auf, verbeugte sich und dachte dann erst daran, seine Maske abzunehmen.
»Meister Kettelsmit.« Sie wandte sich ab, führte das Taschentuch ans Gesicht und trocknete sich langsam die Tränen. Ihre Stimme klang hart. »Ihr überrascht mich in einer misslichen Lage. Seid Ihr mir gefolgt?«
»Nein, edles Fräulein Elan, ich schwör's Euch. Ich wollte nur ...«
»Im Garten lustwandeln? Das Wetter genießen?«
Er lachte bitter. »Ja, wie Ihr seht, habe ich mich ihm ganz und gar ausgesetzt. Nein, ich ... nun ja, ich will ehrlich sein. Der Baron von Graylock und einige seiner Freunde hatten es sich in den Kopf gesetzt, dass ich sie unterhalten solle, und es war nicht ganz klar, wie sehr ich für meine Kunst hätte leiden müssen.« Er zuckte die Achseln. »Ich entschloss mich, sie lieber mit einem kleinen Versteckspiel zu amüsieren.«
»Durstin Krey?« Ihre Stimme war jetzt noch härter. »Ah ja, der gute Baron Krey. Wisst Ihr, als ich hierher kam, fragte er Hendon, ob er mich haben könne. ›Ich werde sie für Euch zureiten, Tolly‹, hat er gesagt — als ob ich ein Pferd wäre.«
»Ihr meint, er wollte Euch heiraten?«
Jetzt sah sie ihn zum ersten Mal richtig an, und ihr Gesicht war eine Maske bitterer Belustigung. »Mich heiraten? Beim schwarzen Herzen des Kernios, nein, er wollte mich nur für sein Bett.« Jetzt trat etwas anderes in ihre Züge, etwas Besorgniserregendes. »Er wusste nicht, dass Hendon andere Pläne mit mir hatte. Aber, ja, ich kenne Baron Durstin.« Sie fasste sich, versuchte sogar zu lächeln. »Nun gut, Meister Kettelsmit, die Störung sei Euch verziehen. Ja, Ihr mögt sogar die Laube für Euch haben, und ich werde niemandem sagen, wo Ihr seid. Ich muss jetzt wieder hinein. Mein Herr und Gebieter sucht mich sicher schon.«
Sie war aufgestanden und wollte gerade die Maske wieder aufsetzen, als Kettelsmit endlich die Worte fand.
»Was ist er für Euch?«
»Wer?« Sie klang erschrocken. »Meint Ihr Hendon Tolly? Man sollte doch meinen, das wäre offensichtlich, Meister Kettelsmit. Er ist mein Eigentümer.«
»Ihr seid doch nicht seine Gemahlin, sondern seine Schwägerin. Will er Euch heiraten?«
»Warum sollte er? Warum sollte er für eine Kuh bezahlen, deren Milch ihm ohnehin schon gehört?«
Es schmerzte ihn, sie so reden zu hören. Er holte tief Luft, rang darum, ruhig zu bleiben. »Behandelt er Euch wenigstens gut?«
Sie lachte, ein hartes, bitteres Lachen, und setzte die weiße Maske wieder auf, sodass sie aussah wie eine Tote oder ein Geist. »Ich muss jetzt wirklich gehen.«
Kettelsmit packte den Ärmel ihrer Samtrobe. Sie wollte sich losmachen, und etwas riss. Einen Moment lang standen sie beide da, halb im Regen, halb im Trockenen.
»Ich würde ihn dafür töten, dass er Euch unglücklich macht«, sagte er und merkte im selben Augenblick, dass es stimmte.
Sie nahm überrascht die Maske wieder ab. »Götter, steht uns bei, sagt nicht so etwas! Wagt Euch nicht einmal in seine Nähe. Er ... Ihr habt ja keine Ahnung. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, welche Bosheit in ihm steckt.«
Kettelsmit hielt sie noch immer am Ärmel fest. »Ich ... ich würde Euch nie so behandeln, edles Fräulein Elan. Wenn Ihr mein wärt, meine ich. Ich würde Euch lieben. Ich denke ohnehin Tag und Nacht an Euch.«
Sie starrte ihn an. Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. »Ah, aber Ihr seid nur ein Jüngling, Meister Kettelsmit.«
»Ich bin erwachsen!«
»An Jahren. Aber Euer Herz ist immer noch unschuldig. Ich bin schmutzig und würde Euch ebenfalls beschmutzen. Ich würde Euch besudeln, wie ich besudelt bin, verdorben ...«
»Nein. Bitte, sagt nicht so etwas!«
»Ich muss gehen.« Sie befreite sich sanft aus seinem Griff. »Es ist nett von Euch — Ihr wisst gar nicht, wie nett —, so zu mir zu sprechen. Aber Ihr dürft nicht an mich denken. Ich könnte es nicht ertragen, jemandes Seele auf dem Gewissen zu haben.«
Ehe sie sich abwenden konnte, trat er auf sie zu und fasste sie an den Schultern. Er fühlte, wie sie zitterte. Konnte es sein, dass sie etwas für ihn empfand? Sie schien so erschrocken von seiner Berührung, so
Weitere Kostenlose Bücher