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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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denn.« Sard hob die Hand, und alle Ratsmitglieder standen auf. »Wir werden in einem Tagzehnt wieder zusammenkommen, um endgültig zu entscheiden. Bis dahin mögen Euch die Götter sicher durch jedes Dunkel und alle Tiefen geleiten.«
    »Im Namen dessen, der im Großen Dunkel lauscht«, sagten die anderen mehr oder minder im Chor.
    Chert sah den hinausgehenden Ratsmitgliedern nach und wandte sich dann an Chaven, der immer noch auf den Boden des Ratssaals starrte wie ein Schuljunge, der dabei ertappt worden ist, dass er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. »Kommt, Freund. Zinnober wird uns zeigen, wo Ihr wohnen könnt, dann gehe ich nach Hause und hole Euch ein paar Sachen. Wir haben großes Glück gehabt — ich bin, ehrlich gesagt, überrascht. Ich vermute, es hat uns gerettet, dass Zinnober auf unserer Seite war, denn der alte Ätzkalk vertraut ihm. Zinnober wird ihm wahrscheinlich eines Tages nachfolgen.«
    »Und ich hoffe, dass dieser Tag fern ist«, sagte der Vertreter der Quecksilber-Familie, der gerade zu ihnen stieß. »Ätzkalk Zinn weiß immer noch mehr über diese Stadt und den Stein, auf dem sie erbaut ist, als ich je wissen werde.«
    Als sie auf die Saaltür zugingen, blickte Chaven endlich auf, als erwachte er aus einem Traum. »Tut mir leid, ich ...« Er blinzelte. »Diese verschleierte Gestalt«, sagte er und zeigte auf die kunstvolle Saaldecke. »Wer ist das? Ist es ...?«
    »Das ist der Herr des ... das ist Kernios, wer sonst? Der Gott der Erde«, erklärte Chert. »Er ist unser spezieller Schutzpatron, wie Ihr ja sicher wisst.«
    »Und auf seiner Schulter sitzt eine Eule.« Der Arzt starrte wieder auf den Boden.
    »Die ist schließlich sein heiliger Vogel.«
    »Kernios ...« Chaven schüttelte den Kopf. »Natürlich.«
    Er sagte nichts mehr, wirkte aber viel verstörter, als man es von einem Mann erwartet hätte, dem die ehrwürdige Steinhauerzunft soeben lebensrettendes Asyl gewährt hatte.

23

Die Träume der Götter
    Jahrelang tobte der Krieg vor den Mauern der Festung des Mondkönigs. Zahllose Götter fielen, Onyenai ebenso wie Surazemai.

Urekh, der Wolfskönig, starb heulend unter einem Pfeilhagel. Azinor von den Onyenai bezwang den Windherrscher Strivos im Zweikampf, doch ehe er ihn erschlagen konnte, wurde Azinor selbst von Immon, dem Knappen des großen Kernios, niedergemacht. Birin, der Herr der Abendnebel, erlag den hundert Pfeilen der Brüder Kulin und Hiliolin, wenn auch der tapfere Birin die grimmigen Zwillinge noch tötete, ehe er selbst starb.
    Der Anbeginn der Dinge,
Buch des Trigon
    »Das ... das klang gerade, als wolltet Ihr sagen ... Ihr wart
dabei.«
Briony wollte ihre Gastgeberin nicht kränken (schon gar nicht, ehe die Alte ihr etwas von ihrem Essen abgegeben hatte — was es auch immer sein mochte), doch selbst in den Klauen von Hunger und Fieber legte man die Gewohnheiten einer Prinzessin nun mal nicht so leicht ab: Sie konnte es gar nicht leiden, veralbert zu werden, schon gar nicht von einer schmuddeligen, alten Vettel. »Als die Götter in den Krieg zogen.«
    »War ich auch. Schau, ich gebe für dich noch ein paar Ringelblumenwurzeln mehr in den Topf — du wirst staunen, wie gut die schmecken, wenn man das Gift erst mal herausgekocht hat. Ich bin schon so lange in diesem Körper, dass ich mich nicht mehr an vieles erinnere, aber eins an den alten Zeiten vermisse ich jedenfalls nicht — all dieses blutige, rauchende Fleisch! Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht haben!«
    »Wer? Moment mal, Gift? Was meint Ihr?« Briony versuchte, sich ruhig zu verhalten und plötzliche Bewegungen zu vermeiden. Ihr war gerade erst aufgegangen, dass eine alte Frau, die ganz allein mitten im Blankenwald lebte, mit hoher Wahrscheinlichkeit verrückt war. Selbst in ihrem kranken und schwachen Zustand wäre sie dieser winzigen Alten, die so knochig war wie eine halbverhungerte Katze, doch gewiss jederzeit überlegen — aber wie sollte sie sich schützen, wenn sie schlief? Sie glaubte nicht, dass sie noch eine Nacht allein im regennassen Wald überleben würde.
    »Ich spreche von diesen verflixten Männern und ihren blutigen Opfern!«, sagte die Alte, was nicht gerade viel erklärte. »Sie waren überall in dieser Gegend des Waldes, haben Holz gefällt und meine Tiere gejagt und waren überhaupt eine rechte Landplage. Aber manche sahen trotzdem gut aus.« Sie lächelte, wobei sich ihre Falten so zusammenzogen, dass ihr Gesicht erst recht aussah wie ein Maserungsknoten im Holz eines

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