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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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anderen. »Edle Damen.«
    »Tretet näher, Okros«, rief Anissa. »Ich bin in Not. Meine Milch fließt nicht, wie sie soll. Wenn ich Doirrean nicht hätte, wüsste ich nicht, was tun.«
    Utta, die es überrascht hatte, dass die Königin überhaupt stillen wollte — unter Frauen höheren Standes war das nicht gerade üblich, und sie hatte gedacht, dass die Königin das Kind nur zu gern einer Amme überlassen würde —, wandte sich ab, damit der Arzt ungestört mit seiner Patientin sprechen konnte. Die Hofdamen jedoch scharten sich neugierig um das Bett.
    »Wir haben noch gar nicht mit Okros gesprochen«, sagte Merolanna leise. »Das wäre doch eine gute Gelegenheit.«
    »Worüber sollten wir mit ihm sprechen?«
    »Wir können ihn nach den seltsamen Dingen fragen, die diese kleine Person gesagt hat. Nach diesem krausen Zeug über das Haus des Mondes. Wenn es sich wirklich auf Chaven bezog, versteht Okros vielleicht, was es bedeutet. Es könnte doch etwas sein, was jedem dieser Doktorenbrüder sonnenklar ist.«
    Utta überkam eine unbestimmte Angst. »Ihr wollt ... ihm alles erzählen? Was die Lauscherin der kleinen Königin gesagt hat?«
    Merolanna hob die von Ringen funkelnde Hand: »Nicht alles — ich bin ja nicht von Sinnen. Ich werde ganz bestimmt niemandem erzählen, dass wir das alles von einer Dachlingsfrau haben — einem Wesen, so groß wie mein Zeigefinger.«
    »Aber ... aber das sind doch geheime Dinge!«
    »Jetzt ist schon ein Tagzehnt vergangen, und ich bin immer noch genauso weit davon entfernt zu erfahren, was mit meinem Sohn geschehen ist. Okros ist ein braver Mann, und ein kluger dazu. Er wird uns sagen, ob er irgendetwas damit anfangen kann. Überlasst das mir, Utta. Ihr macht Euch viel zu viele Gedanken.«
    Bruder Okros hatte die Untersuchung der Königin abgeschlossen und schrieb jetzt Instruktionen für ihre Hofdamen nieder. »Und nicht vergessen, dass er für eingebrocktes Brot noch zu klein ist.«
    »Aber er mag es«, sagte Anissa schmollend, »mir die Milch und den Zucker vom Finger zu saugen.«
    »Ihr könnt ihm Milch mit dem Finger geben, aber keinen Zucker. Den braucht er nicht. Und sagt Euren Kinderfrauen, dass sie ihn nicht so fest einwickeln sollen.«
    »Aber das macht ihm einen schönen Hals, meinem hübschen Sandro.«
    »Und krumme Schultern und vielleicht gar eine Hühnerbrust. Nein, sagt ihnen, sie sollen ihn so locker wickeln, dass er davon, wenn er schliefe, nicht aufwachen würde.«
    »Unsinn. Aber wenn Ihr sagt, es muss so sein ...« Anissas Gesicht verriet, dass sie den Ratschlag geflissentlich vergessen würde, sobald der Arzt gegangen war.
    Okros verbeugte sich, das magere, ledrige Gesicht von einem Lächeln in Falten gezogen. »Ich danke Euch, Hoheit. Der Segen des Trigon — und des Kupilas und unserer gütigen Madi Surazem — möge auf Euch ruhen.« Er schlug das Zeichen der Drei und verbeugte sich dann erneut vor Merolanna und Utta. »Edle Damen.«
    Als er an Merolanna vorbeiging, berührte sie ihn am Arm. »Ach, könntet Ihr wohl noch einen Augenblick draußen warten, Bruder Okros? Ich möchte Euch etwas fragen. Entschuldigt uns bitte, Anissa, meine Liebe ... ich meine, Hoheit. Ich muss mich zurückziehen und ein wenig ruhen — das Alter, wisst Ihr.«
    Anissa betrachtete wieder verzückt ihr Söhnchen, das Doirrean gerade in Linnentücher wickelte. »Natürlich, teure Merolanna. Es war sehr freundlich von Euch, mich zu besuchen. Ihr kommt doch sicher zur Darbringung — zu Sandros Namensgebungsfeier? Sie ist schon in weniger Zeit, am Tag vor Kerneia — wie nennt Ihr diesen Tag hier?«
    »Tag des Propheten«, sagte Merolanna.
    »Ja, am Tag des Propheten. Und natürlich, Schwester Utta, einlade ich Euch auch dazu.«
    Utta nickte. »Danke, Hoheit.«
    »Das würde ich um nichts in der Welt versäumen wollen, Anissa, nicht für einen Beutel Golddelfine«, versicherte ihr Merolanna. »Wenn mein jüngster Neffe im Kreis der Familie willkommen geheißen wird? Natürlich werde ich kommen.«
     
    Okros wartete im Vorraum auf sie. Er lächelte, verneigte sich wieder und folgte ihnen dann die Turmtreppe hinab. Utta sah, dass die Herzogin wirklich müde war; sie ging langsam und schien, wohl wegen der Schmerzen in der Hüfte, ein wenig zu hinken.
    »Womit kann ich Euch dienen, Euer Gnaden?«, fragte Okros.
    »Mit ein paar Auskünften, um es geradeheraus zu sagen. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr immer noch nichts von Chaven gehört habt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Zu

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