Das Spiel
Euren leblosen Hüllen zurückbleibe.
Gyir sah ihn eine ganze Weile an.
Ich werde darüber nachdenken.
»Ich halte das auch nicht für ratsam«, sagte Vansen laut.
Barrick bemühte sich, seine Maske kalter Beherrschtheit wiederzuerlangen. »Ich weiß, Ihr befolgt keine Befehle, die Euch missfallen, Hauptmann Vansen, aber falls Ihr mir die Gefolgschaft nicht völlig aufgekündigt habt, seid Ihr immer noch meiner Familie gegenüber treuepflichtig. Ich bin der Prinz von Südmark. Glaubt Ihr, mir vorschreiben zu können, was ich darf und was nicht?«
Vansen starrte ihn an, und ein Dutzend verschiedener Regungen schillerten über sein Gesicht wie Öl, das sich auf einer Wasserlache ausbreitet. »Nein, Hoheit«, sagte er schließlich. »Ihr werdet tun, was Ihr für richtig haltet. Wie immer.«
Aber natürlich hatte der Gardehauptmann recht, und das wurmte Barrick. Es war töricht von ihm, ein solches Risiko einzugehen, aber er hatte die Wahrheit gesagt — die Vorstellung, allein zurückzubleiben, schreckte ihn noch viel mehr.
»Doirrean, was tust du da? Er ist zu weit weg vom Feuer — er wird es kalt haben und krank werden.« Königin Anissa beugte sich im Bett vor, um die Kindsmagd, ein kräftiges, mürrisches Mädchen von hellem, connordischem Äußeren, zornig anzufunkeln.
»Ja, Hoheit.« Die Kindsmagd nahm den Säugling samt dem Kissen, auf dem er lag, hoch und schob den Stuhl mit dem Fuß näher an den großen Kamin, wobei sie alles tat, um zu demonstrieren, was man ihr zumutete. Schwester Utta konnte nicht umhin, sich zu fragen, ob die stiebenden Funken für einen gesunden Säugling nicht gefährlicher waren, als ein paar Augenblicke nackt in einem durchaus warmen Raum zu liegen.
Aber ich habe ja selbst keine Kinder, wenn ich auch wahrhaftig genügend Geburten mitgemacht habe. Vielleicht empfindet man ja anders, wenn es das eigene Kind ist.
»Ich verstehe nicht, warum ich alle Sachen immer wieder neu sagen muss«, beklagte sich Anissa. Während der Schwangerschaft hatte sich ihre schlanke Gestalt ein wenig gerundet, doch jetzt schien ihr die zu weit gewordene Haut über den Knochen zu hängen. »Hört mir denn niemand zu? Hatte ich nicht genug Schmerz und Leid zu gedulden ... zu erdulden?«
»Erregt Euch nicht zu sehr, meine Liebe«, sagte Merolanna besänftigend. »Ihr hattet Schlimmes durchzustehen, ja, aber Ihr habt einen prachtvollen Sohn. Sein Vater wird sehr stolz sein.«
»Ja, so prachtvoll, nicht wahr?« Anissa lächelte dem Kind zu, das verzückt zu seiner Amme emporblickte, auf diese rührend arglose Art, wie sie Säuglingen eigen ist — das Einzige an ihnen, was Utta je dazu brachte, ihre eigenen Lebensentscheidungen zu bereuen. Es wäre wirklich reizvoll, dachte sie, ja vielleicht sogar zutiefst beglückend, für eine unschuldige kleine Seele Sorge zu tragen und sie wie eine Schmuckschatulle nur mit schönen Dingen zu füllen, mit Güte, ehrfurchtsvollen Gedanken, Liebe und Freundschaft. »Oh, ich bete, dass sein Vater bald wiederkommt und ihn sieht«, sagte die Königin. »Er soll sehen, was ich geschafft habe — was für einen hübschen Jungen ich für ihn gemacht habe.«
»Wie werdet Ihr ihn nennen?«, fragte Utta. »Oder möchtet Ihr das vor der Zeremonie vielleicht lieber nicht sagen?«
»Olin natürlich. Wie sein Vater. Olin Alessandros — Alessandros war der Name von meinem Großvater, dem Großvicomte von Devonis.« Anissa klang ein wenig pikiert. »Olin. Wie sollte ich ihn sonst nennen?«
Utta unterließ es einzuwenden, dass der König bereits zwei Söhne in die Welt gesetzt hatte, von denen keiner nach ihm benannt war. Anissa war leicht zu verunsichern, und das war nur allzu verständlich: Ihr Ehemann saß in Gefangenschaft, ihre Stiefkinder waren verschwunden, und das Einzige, was ihr blieb, um sich Geltung zu verschaffen, war dieses winzige Kind. Kein Wunder also, dass Anissa alle für immer daran erinnern wollte, wer der Vater dieses Kindes war und was das Kind für eine Stellung hatte.
Es klopfte an der Tür des Gemachs. Eine der Zofen, die flüsternd beieinandersaßen, ging aufmachen und wechselte ein paar Worte mit dem Wachsoldaten in den Eddon-Farben, der draußen stand. »Es ist der Arzt, Hoheit«, rief sie.
Merolanna und Utta sahen sich verdutzt an, doch es war Bruder Okros, nicht Chaven. Der Gelehrte in der weinfarbenen Robe der Ostmark-Akademie kniete vor der Königin nieder. »Hoheit. Ah, und Euer Gnaden.« Er erhob sich und verbeugte sich dann vor Utta und den
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