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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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verlor sie in dem Geheul. Sie aber verirrte sich und wanderte lange Zeit dahin, ohne zu wissen, wo sie war.

In der Schlacht tötete Weißfeuer Donners Sohn Stier, und in seiner Raserei erschlug Donner Silberglanz, den Gemahl von Bleicher Tochter und Vater von Krummling. Viele starben an jenem Tag, und die Musik aller Dinge war von da an viel düsterer und ist es bis zum heutigen Tag.
    Einhundert Grundsteine,
Buch der Trauer
    Er fiel schon so lange, dass er sich nicht mehr erinnern konnte, wie es war,
nicht
zu fallen, und nicht mehr wusste, wo oben war, ja nicht einmal mehr, was oben und unten bedeutete. Das letzte, woran er sich erinnerte, war, wie er das Tor gesehen hatte, das Zeichen der Eule und der Tanne, und wie er dann — als ob sich dieses monströse Tor geöffnet und ein schwarzer Wind ihn erfasst und hindurchgetragen hätte — durch Dunkel gewirbelt war, so hilflos wie ein Spatz in einem Gewittersturm.
    Schwester,
rief er oder versuchte er zu rufen,
ich falle. Ich bin verloren ...I
Aber sie kam nicht, nicht einmal als Erinnerungsschatten; sie beide trennte eine Kluft, die selbst Blutsbande nicht zu überbrücken vermochten.
    Schwester. Ich sterbe ...
Er hätte sich nie vorstellen können, dass es einmal so kommen würde — dass es für sie nicht einmal mehr einen letzten Abschied geben würde. Aber sie musste ja wissen, wie sehr er sie liebte. Sie war das Einzige auf dieser verrotteten Welt, was ihm wichtig war. Daraus immerhin konnte er Trost ziehen ...
    Wer ... seid ...Ihr?
    Er vernahm es als ein Flüstern — nein, noch nicht einmal ein Flüstern, eher wie das Knistern einer Blume, die sich am anderen Ende einer Wiese entfaltet. Doch inmitten dieser absoluten Leere war es ein köstliches Geräusch, so fröhlich wie ein Trompetenstoß.
    Wer ist da? Seid Ihr das, Sturmlicht?
Aber er wusste, die Worte des Elben würden sich in seinem Kopf niemals so anfühlen wie diese, jedes Einzelne so kühl, sanft und klar wie ein Wassertropfen, der nach dem Regen von einem Blatt fällt. Es war eine Frau, die da sprach, das fühlte er, aber irgendwie schien auch das nicht ganz zu stimmen: Selbst dafür war die Berührung zu leicht. Und dann wusste er es plötzlich. Es war das dunkelhaarige Mädchen, das über seine anderen Träume gewacht hatte.
    Wer bist du?,
fragte er die Leere. Er fiel immer noch, aber jetzt schien die Bewegung anders, nicht mehr, als stürzte er auf etwas zu, sondern als flöge er immer weiter hinaus.
Kennen wir uns?
    Wer ich bin?
Sie schwieg einen Moment, als ob sie die Frage überraschte.
Ich ... ich weiß nicht. Wer bist du?
    Eine alberne Frage, dachte er zuerst, merkte dann aber, dass er keine prompte Antwort zu geben vermochte.
Ich habe einen Namen,
insistierte er,
er fällt mir nur gerade nicht ein.
    Ich habe auch einen,
erklärte sie, noch immer nur eine geisterhaft leichte Stimme.
Und meiner fällt mir auch nicht ein. Wie sonderbar ...!
    Weißt du, wo wir sind?
    Er fühlte die Verneinung, noch ehe die Wortgedanken ankamen.
Nein. Verirrt, glaube ich. Wir haben uns verirrt.
Zum ersten Mal erkannte er die Traurigkeit in ihrer Stimme, und er wusste jetzt, dass er nicht der Einzige war, der Angst hatte. Er wollte ihr helfen, obwohl er sich nicht einmal selbst helfen oder auch nur sagen konnte, was ihn plagte. Er wusste nur, dass er endlos durch Nichts dahinfiel, immer weiter hinaus, und dass es ein unschätzbares Glück war, das mit jemandem teilen zu können.
    Ich will dich sehen,
sagte er plötzlich.
So wie letztes Mal.
    Letztes Mal?
    Du hast mich beobachtet. Das warst doch du? Diese Wesen waren hinter mir her, und die Hallen standen in Flammen ...
    Das warst du.
Es war keine Frage, sondern fast schon eine befriedigte Feststellung.
Ich hatte Angst um dich.
    Ich will dich sehen.
    Aber wer bist du?,
wollte sie wieder wissen.
    Ich weiß es nicht l
Als er ärgerlich wurde, wurde ihre Präsenz schwächer, und das machte ihm Angst. Aber es war interessant, dass er überhaupt noch Ärger empfinden konnte. Während er allein dahingefallen war, hatte er fast nichts empfunden.
Ich weiß nur, dass ich allein war, und dann warst du da. Ich habe ...
Das zu erklären, wäre schon im Wachzustand so gut wie unmöglich gewesen, aber hier, an diesem Ort ohne Worte und ohne Richtungen, war es mehr als unmöglich.
Ich habe niemanden mehr in meinem Herzen gefühlt, seit ich sie verloren habe.
Er kam nicht auf den Namen, aber er kannte sie, seine Schwester, seine Zwillingsseele, seine andere Hälfte.
    Eine ganze

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