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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf den normalen Übermut und das spielerische Knurren und Kneifen eines jungen Hundes war er ein außergewöhnlich liebes Tier gewesen. Briony hatte an ihm gehangen wie an einem kleinen Brüderchen. Umso schockierter war sie gewesen, als Barrick sich weigerte, mit Simargil zu spielen, weil er böse und gemein sei.
    Aber da Briony nun einmal Briony war, hatte sie keine Ruhe gegeben, bis sie ihn dazu gebracht hatte, sich doch an ihrem Spiel mit dem Hund zu beteiligen — oder sich zumindest mit dem Tier in einem Raum aufzuhalten, da er zunächst immer in der Tür stehen geblieben war, wenn Briony Simargil den Bauch kraulte und ihn in spielerische Balgereien verwickelte, bei denen der Hund sich verzückt knurrend von einer Seite auf die andere warf, um zärtlich nach Brionys hin- und herwandernder Hand zu schnappen.
    Als sie Barrick endlich überredet hatte, sich heranzuwagen, war ihr das Problem auf der Stelle klar gewesen: Er näherte sich dem Hund wie einer Wolfshöhle. Simargil war sofort auf der Hut und beäugte Barrick nicht so, wie er Briony anzusehen pflegte, mit den leuchtenden Augen eines Spielkameraden, der wartet, welch neuer Spaß sich gleich bieten wird, sondern mit dem misstrauischen Blick dessen, der mit irgendeiner Täuschung rechnet.
    »Du musst ihn einfach nur sachte streicheln«, sagte sie. »Kraul ihm den Kopf — das mag er. Stimmt's, Simmilein? Das magst du doch, Simmilein?«
    Der Hund sah Briony an, Weiß in den Augenwinkeln, weil er gleichzeitig Barrick im Auge zu behalten suchte. Hätte er sprechen können, hätte er ihr erklärt, dass ihn dieser plötzliche Verhaltensumschwung irritierte. Klarer hätte ihr das Tier gar nicht zeigen können, was es fühlte.
    Barricks Hand näherte sich dem Kopf des Hundes wie einem Hornissennest. Als Simargil knurrte, riss Barrick die Hand weg, und der Hund versuchte, nach ihm zu schnappen. Briony packte ihn am Halsband.
    »Siehst du?«, sagte Barrick.
    Es lag an ihrem Bruder, nicht an dem Hund. Irgendetwas an Barrick, vielleicht nur sein Misstrauen, vielleicht aber auch der Geruch von Angst, machte, dass sich bei dem Hund das Nackenfell sträubte. Dennoch, Briony konnte nicht glauben, dass ihr geliebtes Simnmilein irgendetwas Böses tun könnte — nicht, wenn sie direkt neben ihm am Boden saß. »Streichle ihn noch mal. Ich halte seinen Kopf. Er muss dich nur kennenlernen.«
    »Er kennt mich, seit er auf der Welt ist, und hasst mich jeden Tag mehr.«
    »Sch-sch! Das ist nicht wahr, Rotschopf. Lass ihn einfach an deiner Hand schnuppern, und zieh sie nicht weg, nur weil er knurrt.«
    »Ach, ich soll sie mir abbeißen lassen?« Er sah sie finster an. »Ich habe schließlich nicht noch eine in Reserve wie die meisten Leute.«
    Briony verdrehte die Augen. Natürlich tat er ihr wegen seiner schlimmen Armverletzung leid, und sie hätte alles getan, um ihm die Schmerzen zu ersparen, die er tagtäglich litt, aber sie war nicht bereit, ihn deshalb zu behandeln, als wäre er nur halb so alt. »Hör auf zu jammern. Streck die Hand aus.«
    Er guckte noch finsterer, tat aber, wie ihm geheißen. Simargil knurrte, aber nur einen Moment, und Barrick schaffte es tatsächlich, den Kopf des Hundes zu berühren. Briony hätte wissen müssen, dass das Verstummen des Tiers kein gutes Zeichen war, aber sie war viel zu zufrieden mit ihren Vermittlungsbemühungen zwischen ihrem Lieblingstier und ihrem geliebten Zwillingsbruder, um richtig aufzupassen. Als Barrick zaghaft über den Hundekopf strich und seine Finger dann zu Simargils Kehle hinabglitten, ließ sie das Halsband los, um dem Hund die Brust zu streicheln. Das Tier legte die Ohren an, gab einen hohen, kehligen Laut von sich, fast wie ein Angstjappen, schnappte nach Barricks rechter Hand und grub ihm die spitzen Zähne in den Handrücken. Barrick schrie auf und riss die Hand weg. Der Hund hielt fest — da schlug Barrick ihn so fest auf die Schnauze, dass er jaulend losließ.
    Der Hund hatte die Ohren immer noch angelegt, und Barrick starrte ihn an, als hätte er noch nie etwas Schrecklicheres gesehen: kreideweiß, die Augen weit vor Entsetzen. Dann floss das Blut in sein Gesicht zurück wie Wellen, die über einen Strand branden. Das Gesicht war jetzt eine rote Dämonenmaske, die fast mit dem Haaransatz verschwamm, als stünde sein ganzer Kopf in Flammen. Er schnappte sich einen von Brionys Bogen, der an der Wand lehnte, und schlug so schnell zu, dass sie nicht einmal mehr reagieren konnte, als das Holz an ihrem Gesicht

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