Das Spiel
Schweinsblase.
Was meint Ihr?
Gyir schwieg einen Moment, als lauschte er.
Ich sprach bereits davon. Ich meine den brennenden schwarzen Sand, das Feuer Kupilas'. Ah, Ferras Vansen erinnert mich daran, dass Euer Volk »Schießmehl« dazu sagt.
Schießmehl? Wie sollten wir an so etwas kommen, während wir hier in dieser Zelle sitzen?,
fragte Barrick.
Warum legen wir's nicht gleich auf eine Bombarde an oder auf einen Trupp Musketiere — das ist doch alles völlig unmöglich.
Sie benutzen das schnell brennende Schlangenpulver hier jeden Tag, im Stein unter uns,
erklärte Gyir.
Sie stopfen es in die Spalten und Risse und beschleunigen die Grabarbeiten, indem sie den Stein zersprengen. Es lagert irgendwo hier in Große Tiefen. Wir müssen es nur finden und etwas davon an uns bringen.
Und dann davonfliegen wie Vögel,
sagte Barrick.
Wie sollen wir denn irgendetwas Derartiges schaffen? Wir sind doch Gefangene, habt Ihr das vergessen? Gefangene!
Gyir schüttelte den Kopf.
Nein, Junge. Ein Gefangener ist man nur, wenn man sich ergibt.
32
Simmilein
Die abtrünnigen Götter Zmeos der Gehörnte und Zuriyal die Gnadenlose (seine Schwester und Gemahlin) wurden ins selbe Nichtsein verbannt, das auch Sveros, den Vater aller Göttergeschwister, verschluckt hatte, und eine Zeitlang herrschte Frieden auf dem Hohen Xandos. Mesiya verließ ihren Gemahl Kernios, um anstelle des getöteten Khors den Mond zu hüten, und Kernios nahm großmütig Zoria zur Frau, ungeachtet des Schändlichen, das ihr getan worden war.
Der Anbeginn der Dinge,
Buch des Trigon
Seltsam, dachte Briony, wie sehr das Umherziehen mit einer Schauspieltruppe einer königlichen Rundreise glich. In jeder größeren Ortschaft blieb man eine Nacht und unterhielt die Einheimischen, um sie sich gewogen zu machen. Man tat, als wäre man noch nie an einem entzückenderen Ort gewesen, bis man sie alle fest auf seiner Seite hatte, um sich dann hinterher über die kärglichen Einnahmen, das schlechte Essen und die armselige Unterkunft zu beklagen.
Der Hauptunterschied zwischen dieser Reise und den gelegentlichen Rundritten ihres Vaters durch die Markenlande bestand darin, dass man als Mitglied der königlichen Reisegesellschaft weit weniger Gefahr lief, mit welkem Gemüse beworfen zu werden, wenn den Einheimischen nicht gefiel, wie man seinen Text sprach. Und dass der königliche Zug so viele bewaffnete Wachen mitführte, dass niemand allzu offen betrogen wurde.
Dieser Gedanke drängte sich ihr heute besonders auf. Obwohl es schon weit nach Mitternacht war, folgten sie, statt sich einen gemütlichen Heuboden oder gar ein freies Gasthauszimmer zu teilen, im strömenden Regen einem holprigen Fahrweg durchs südliche Kertewall. Der Wirt des größten Gasthauses von Halliasmarkt, wo sie gerade herkamen, hatte sich leider als Bruder des Dorfschulzen erwiesen, und als er sich beschwert hatte, die Makswell-Truppe habe ihn beim Teilen der Abendeinnahmen betrogen — obwohl Pedder Makswells Schwester Estir schwor, dass es umgekehrt war —, waren ihnen die Dorfwachen nicht nur nicht beigesprungen, sondern hatten ihnen sogar ein noch größeres Häuflein Münzen abgenommen, als der Wirt ursprünglich für sich reklamiert hatte. Also waren sie jetzt hier auf dieser Straße, bettelarm und hungrig trotz der harten Arbeit eines ganzen Abends, und trotteten völlig durchnässt dahin, auf der Suche nach einem Ort, wo man mehr für die Schauspielkunst übrig hätte.
Briony stapfte zu Fuß durch den kalten Regen, weil es dem Riesen Dowan Birk nicht gut ging und sie ihm ihren Platz im Wagen überlassen hatte. Das machte ihr nichts aus — er war ein netter Kerl, und selbst wenn er nicht krank war, schmerzten seine überdimensionalen Füße beim Gehen —, aber sie wünschte, dieses Abenteuer hätte zu einer freundlicheren Jahreszeit begonnen, im Heptamene oder Oktamene, wenn die Nächte lind und lau waren.
»Zoria, gib mir Kraft«, murmelte sie vor sich hin.
Finn Teodorus öffnete den Fensterladen und streckte den Kopf aus dem winzigen Wagenfenster. »Wie geht's, wie steht's, Jung-Tim?« Es amüsierte den Dichter, sie bei ihrem Jungennamen zu nennen, und er tat es, sooft es ging.
»Scheußlich. Und nass.«
»Ach ja. Das ist der Preis für die Gaben, die uns die Götter gewährt haben.«
»Welche Gaben?«
»Kunst. Freiheit. Wahre Mannestugenden. Und dergleichen.« Selbstzufrieden grinsend, schloss der dicke Stückeschreiber den Fensterladen, ehe sie ihn mit einem Matschklumpen
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