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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kunst lieben und dass es hier genügend Leute gibt, die uns gern sehen wollen. Und jetzt haben wir ihnen auch noch etwas Neues zu bieten!«
    Sie runzelte die Stirn. »Was denn?«
    »Dich. Unsere liebreizende kleine Göttin. Die Leute auf den billigen Plätzen werden kaum noch zu halten sein, wenn sie dich sehen!«
    »Ihr seid ein Schwein, Finn!« Feival Ulian lachte, schien aber auch ein wenig gekränkt — schließlich war er hier die Bühnenschönheit. »Macht Euch nicht über sie lustig.«
    »Oh, aber unser Tim hier ist wirklich etwas Besonderes«, versicherte Teodorus. »Glaubt mir.«
    Die Hälfte der Zeit verstehe ich nicht, was diese Leute reden,
dachte Briony.
Und die andere Hälfte der Zeit bin zu müde, um mich dafür zu interessieren.
     
    Die Stadt Ardos Perinous lag auf einer Hügelkuppe. Einst war sie die Festung eines Edelmanns gewesen, doch jetzt residierte hier nur noch ein minderer Halb-Hierarch der Kirche, ein entfernter Verwandter des syanesischen Königs Enander. Briony horchte auf, als dieser Name fiel — Enander war ja derjenige, von dem Shaso geglaubt hatte, er würde ihr vielleicht helfen, wenn auch für eine Gegenleistung.
    »Was ist er denn für ein Mann, der König von Syan?«, fragte Briony
    Teodorus, der ausnahmsweise einmal neben dem Wagen herging, um dem Pferd auf der steilen Straße sein Gewicht zu ersparen. Sie war König Enander nie begegnet und auch niemandem aus seiner Familie außer ein paar entfernten Neffen und Nichten — der Herrscher von Syan würde natürlich niemals seine Kinder an einen so abgelegenen und rückständigen Ort wie die Südmarksburg schicken. Aber sie kannte seinen Ruf. Ihr Vater sprach von Enander mit widerwilligem Respekt, und die vielen heldenhaften Taten des syanesischen Königs waren unbestritten, aber die meisten dieser Geschichten gingen auf Enanders junge Jahre zurück. Jetzt musste er schon über sechzig Winter zählen.
    Der Dichter zuckte die Achseln. »Er ist ein beliebter Herrscher, denke ich. Ein Krieger, aber kein Kriegstreiber. Und er hat es auch nicht so mit den Göttern, dass er sein Volk für den Bau neuer Tempel an den Bettelstab bringen würde. Aber jetzt, da er alt ist, gibt es Gerüchte, dass er an gar nichts mehr interessiert sei außer an seiner Mätresse, einer ... nun ja, ziemlich berüchtigten jellonischen Baronin namens Ananka, angeblich eine abgelegte Geliebte König Hespers, die sich auf diese Weise nicht gerade verschlechtert hat.« Seine Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. »Daraus könnte man ein Theaterstück machen, wenn man nur die Aufführung überleben würde — die
Kuckucksbraut
vielleicht ...«
    Briony musste sich sehr bemühen, um Finn zuzuhören — bei der Erwähnung König Hespers von Jellon waren ihre Gedanken an diesem blaublütigen Verräter hängengeblieben, der ihren Vater an Ludis Drakava verkauft hatte. Das war noch so einer, dem sie gern das Schwert auf die Brust gesetzt hätte, damit er um Gnade winselte.
    »Und dann gibt es da noch den Kronprinzen, Eneas, ein ziemlich appetitlicher junger Mann, wenn auch ein wenig zu reif und herzhaft für meinen Geschmack.« Teodorus zeigte sein boshaftestes Grinsen. »Er wartet geduldig, bis er an der Reihe ist. Er soll ein braver Mann sein, fromm und mutig. Natürlich heißt es das über jeden Prinzen, selbst wenn er sich als blutrünstiges Monster entpuppt, sobald sein Hintern den Thron berührt.«
    Eneas war Briony ein Begriff. Er war einer der jungen Männer, für die sie mit sieben, acht Jahren auf mädchenhaft-unschuldige Art geschwärmt hatte. Sie hatte ihn zwar noch nie gesehen, noch nicht mal auf einem Portrait, aber eins ihrer Kindermädchen war Syanesin gewesen (eine wenig beachtete Nichte Enanders) und hatte ihr in den leuchtendsten Farben ausgemalt, welch netter und hübscher Jüngling Eneas sei. Monatelang hatte Briony davon geträumt, dass er irgendwann ihren Vater besuchen, sie erblicken und im selben Moment ausrufen würde, dass er niemals eine andere heiraten werde. Briony war sich ziemlich sicher, dass sie ihn jetzt nicht mehr so sehen würde.
    Sie näherten sich der Hügelkuppe. Die Festungsmauern über ihnen waren wie das Gerippe eines riesigen urzeitlichen Geschöpfs, das die ablaufende Flut dort zurückgelassen hatte. Es war ein seltsamer Tag: Trotz der winterlichen Kälte stand die Sonne hell und strahlend am Himmel, aber direkt über dem Flusstal lag ein dicker Wolkenschleier.
    »Wann sind wir in Tessis?«
    Teodorus wedelte mit der Hand.

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