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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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sonst, und sofort scharten sie sich um Pelaya.
    Es machte sie nervös, von so vielen Fremden umringt zu sein, vor allem von so dreckigen Fremden, deshalb wählte sie schnell einen aus, der besonders alt und gebrechlich aussah und hoffentlich weniger verschlagen war als die anderen, und nahm ihn zur Seite. Unter dem verdrossenen Gebrummel der übrigen gab sie ihm eine Münze mit einem Krebs darauf. »Geh zu dem Haus dort«, sagte sie und deutete auf ihr eigenes Domizil mit dem breiten Dachgesims, »und frag nach Eril, dem Haushälter. Sprich
nur
mit ihm. Sag ihm, Pelaya erwartet ihn im Siveda-Tempel in der Zakkas-Straße, und er soll sein Schwert mitbringen. Wenn du das richtig erledigst, bekommst du morgen noch zwei Münzen von mir, hier an dieser Stelle. Verstanden?«
    Der alte Bettler biss mit zahnlosen Kiefern in das Geldstück, dann nickte er. »Siveda-Tempel«, wiederholte er.
    »Gut. Ach, und sag Eril, wenn er meine Mutter mitbringt oder sonst irgendjemanden, den ich nicht sehen will, dann verstecke ich mich, und sie werden mich nie mehr finden, und das wird allein seine Schuld sein. Kannst du dir das alles merken?«
    »Für drei Kupferkrebse? Ein halbes Seepferd?« Der alte Mann lachte und hustete dann oder vielleicht auch umgekehrt, der Unterschied war schwer herauszuhören.
»Kura,
für drei Kupferstücke singe ich die Trigoniade rauf und runter. Ich habe seit Tagen nichts als Gras gegessen.«
    Sie runzelte die Stirn und fragte sich, ob er sie veralberte. Woher sollte ein zahnloser alter Bettler die Trigoniade kennen? Aber egal, jetzt kam es nur darauf an, König Olin in Sicherheit zu bringen.
    Wenn das hier klappte, dachte Pelaya, würde Olin Eddon sie sicher aus Dankbarkeit eines Tages an seinen Hof einladen. Dann könnte sie ihrer Familie sagen: »Ach ja, der König der Markenlande wünscht, dass ich ihn besuche. Ihr erinnert euch doch an König Olin — wir sind nämlich alte Freunde.«
    Sie machte sich auf den Weg in die Zakkas-Straße eine halbe Meile weiter, in der Gegend des Theogon-Forums. Sie hatte erwogen, selbst ein Messer mitzunehmen, aber nicht gewusst, wie sie eins auftreiben sollte, ohne dass es auffiel, also war sie ohne losgegangen. Deshalb brauchte sie ja Eril und sein Schwert. Es war Jahre her, dass er unter ihrem Vater gekämpft hatte, aber er war immer noch kräftig genug, dass niemand auf die Idee kommen würde, sie in seiner Gegenwart zu überfallen, wenigstens nicht bei Tag. Andererseits war ein Überfall wohl ihre geringste Sorge.
    Bin ich wahnsinnig?
Die Straßen waren voller Soldaten, aber die meisten Bürger waren bereits von ihren hastigen Erledigungen zurück und wieder in ihren Häusern verschanzt, verängstigt von den Kanonen, dem stinkenden Rauch und dem Feuer, das vom Himmel fiel.
Was tue ich hier?
    Ich tue etwas Gutes,
sagte sich Pelaya, und ihr fiel wieder ein, wie das zorianische Gebot gegen Eigendünkel lautete:
Versuche, Gutes zu tun.

    Das Tuch war ihm vom Mund aufs Kinn verrutscht, und der Staub hatte wieder freie Bahn. Graf Perivos spuckte einen Mundvoll knirschendes Zeug aus und zog das Tuch wieder zurecht, musste aber die Schaufel aus der Hand legen, um es neu zu binden. Er fluchte gegen die Asche und den Dreck an. Wenn man vierzig Fünfzigschaften zur Verfügung hatte, war es eigentlich nicht üblich, selbst Hand anlegen zu müssen.
    »Rauch!«, schrie der Ausguck.
    »Runter, runter!«, brüllte Perivos Akuanis, während er sich hinwarf, aber dessen hätte es gar nicht bedurft: Die meisten Männer waren schon vor ihm am Boden und pressten Bauch und Gesicht in die Erde. Ein Pfeifen zerschnitt die fast völlige Stille, und der Augenblick dehnte sich endlos. Dann schlug die mächtige Kanonenkugel mit einem markerschütternden Krachen in die Zitadellenmauer. Der Boden bebte, und noch mehr Steine barsten aus der Innenseite der Mauer hervor.
    Nachdem er kurz abgewartet hatte, um sicherzugehen, dass keine Steintrümmer mehr herumflogen, öffnete Graf Perivos die Augen. Eine neue Wolke von Steinstaub hing in der Luft und hatte auch schon alles am Boden mit einer neuen Schicht Grau überzogen. Als er und seine Männer sich wieder aufrappelten, dachte der Graf unwillkürlich, dass es aussah, als erhöbe sich eine schauerliche Schar von Geistern aus den Haufen frisch Gefallener.
    Einer der Steinmetzmeister kehrte schon wieder von der Inspektion der Mauer zurück, die in den letzten paar Tagen mindestens hundert gewaltige Kanonenkugeln abbekommen hatte.
    »Ein paar kann sie

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