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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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entsetzt — er konnte nicht länger leugnen, um wen es ging. Sie schickten ihm Soldaten ins Haus!
    »Kommt mit, Bruder«, sagte die sanfte Stimme des Mannes namens Fretup. »Ihr müsst die Soldaten selbst begleiten, weil sie sonst womöglich das Wichtige übersehen.«
    »Das werde ich mit Freuden tun«, sagte Okros. »Und wenn wir Chaven Makaros wirklich finden, werde ich Euch nur um einige Stunden mit ihm allein bitten, ehe wir unseren Herrn Hendon Tolly informieren. Das könnte ... uns beiden nützen.«
    Die beiden Männer eilten den Gang entlang, gefolgt von mehreren Soldaten. Sie hatten auf ihn gewartet! Wenn Giebelgaup ihm nicht den kleinen Bogenschützen geschickt hätte, wäre Chert festgenommen und einem Schicksal entgegengeschleppt worden, das nur die Alten der Erde kennen mochten — Kerkerhaft als Mindestes, wahrscheinlicher aber Folter.
    Und jetzt sind sie auf dem Weg in die Funderlingsstadt! Zu meinem Haus!
Opalia und der Junge waren in furchtbarer Gefahr — und Chaven auch, falls er sich nicht versteckt hielt. Chert musste sie alle in Sicherheit bringen, aber wie? Der verfluchte Okros und dieser Fretup waren bereits mit Bewaffneten unterwegs!
    Er vergewisserte sich, dass der Flur leer war, und zwängte sich flink hinter der Statue hervor. Er zupfte sanft an dem Wandteppich und zischte leise: »Helft mir, bitte! Könnt Ihr in aller Eile eine Botschaft in die Funderlingsstadt bringen?«
    Einen Augenblick darauf tauchte der Winzling wieder am oberen Rand des Wandteppichs auf und ließ sich an seinem Faden herab. »Nein, werter Herr. Dauert zu lang. Jemand zu Vogel vielleicht, Taubenschlag ist aber ganz drüben auf der anderen Seite der Großen Spitz. Konnten selbst nicht schnell genug nach Funderstadt kommen, was ja der Grund ist, dass Oberspäher Giebelgaup mich ausgeschickt hat, Euch zu finden.« Er warf sich in die winzige Brust. »Reis schneller, ich, als jeder andere.«
    Chert sank verzweifelt in die Knie. Es war hoffnungslos. Selbst wenn er sich irgendwie aus dem Palast und durchs Rabentor schleichen könnte, würden Okros und die Soldaten doch vor ihm da sein.
    Und das alles nur wegen Chaven und seinem verdammten Mistspiegel!
Vernichtet durch seine verfluchten Geheimnisse ...!
    Dann fiel ihm der Gang unter Chavens Observatorium ein. Der würde ihn in Windeseile zum Rand der Funderlingsstadt bringen, vielleicht noch rechtzeitig, während Okros und die Soldaten im verwirrenden Steinlabyrinth der dunklen Straßen sein Haus suchten — er bezweifelte, dass irgendein Funderling den Großwüchsigen behilflich sein würde. Nichts ärgerte Cherts Nachbarn mehr als Oberirdler, die den großen Mann spielten, vor allem auf dem Territorium der kleinen Leute.
    Es ist nur eine winzige Chance, aber besser als nichts,
machte er sich Mut. Er sprang auf und beugte sich dicht an den Dachling heran.
    »Danke, und richtet auch Giebelgaup meinen Dank aus«, flüsterte Chert. »Ich werde die Alten der Erde bitten, ihm große Wohltaten zu erweisen — aber jetzt muss ich los, meine Familie retten.«
    Chert rannte den Gang hinunter und ließ seinen winzigen Retter wie eine aufgeschreckte Spinne an seinem Faden hängen.

    Die letzten beiden Tage hatten Matt Kettelsmit eine Aufmerksamkeit beschert, die ihn zu jeder anderen Zeit entzückt hätte, gerade jetzt aber äußerst unpassend war. Seit er von Hendon Tolly persönlich eingeladen worden war, ein Gedicht vorzutragen, noch dazu vor dessen Bruder, Herzog Caradon, hielten viele am Hof Kettelsmit für ein neues Schoßhündchen der Tollys und daher für jemanden, dessen Bekanntschaft zu suchen ratsam war. Auf Schritt und Tritt machten sich Menschen an ihn heran, die vorher nie mit ihm gesprochen hatten, baten ihn um ein Liebesgedicht oder dass er bei den neuen Herren von Südmark ein gutes Wort für sie einlegte.
    Heute hatte er sich endlich einmal davonstehlen können. Die meisten Burgbewohner und hinzugekommenen Flüchtlinge waren auf dem Marktplatz und feierten den dritten Tag von Kerneia, weshalb die Gänge, Höfe und winterlichen Gärten der Hauptburg so gut wie leer waren, als Kettelsmit den Palast verließ und ins Labyrinth der verwinkelten Gassen im Schatten der alten Mauer hinter dem Palastgelände eintauchte.
    Als er das zweistöckige Haus am Ende einer Reihe von armseligen, verwitterten Häusern nicht weit vom wuchtigen Fuß des Sommerturms erreichte, schlich er die Treppe hinauf — nicht aus Angst, dass ihn jemand hören könnte (sämtliche Bewohner der Straße

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