Das Spiel
tranken zweifelsohne gerade Freibier auf dem Marktplatz), sondern eher, weil die Größe seines Verbrechens einen gewissen Respekt zu fordern schien, der sich am besten durch Stille und langsame Bewegungen ausdrücken ließ. Brigid öffnete die Tür. Die Schankmagd war bereits für die Arbeit gekleidet, und ihre Brüste quollen aus dem Mieder wie Hefebrötchen aus der Backform, aber das war auch das einzig Einladende an ihr.
»Kettelsmit, du elende Kröte, du hättest schon vor einer Stunde hier sein sollen! Ich werde meine Stellung verlieren — oder schlimmer noch, ich muss Conry wieder den Hintern hinhalten, um sie zu behalten. Ich sollte geradewegs zu deinem Hendon Tolly gehen und ihm reinen Wein über dich einschenken.«
Seine Innereien verflüssigten sich. »Sag das nicht mal im Scherz, Brigid.«
»Was heißt hier Scherz?« Sie sah ihn giftig an und drehte sich dann zu der bleichen Gestalt um, die auf dem Bett lag. »Eins muss ich dir lassen, hübsch ist sie ja ... für eine Tote zumindest.«
Kettelsmit schluckte und musste sich am Türrahmen festhalten. »Ich sagte doch, keine Scherze! Bitte, lass mich herein — ich möchte nicht, dass mich jemand sieht.« Er zwängte sich an ihr vorbei und blieb dann stehen. »Brigid, mein Mädchen, ehrlich, ich bin dir sehr dankbar. Ich habe dich schlecht behandelt, und du warst freundlicher zu mir, als ich zu hoffen wagen durfte.«
»Wenn du glaubst, dass du mir Honig ums Maul schmieren kannst, statt mich zu bezahlen ...«
»Nein, nein! Hier.« Er zog die Münze heraus und gab sie ihr. »Ich werde dir nie angemessen danken können ...«
»Nein, wirst du nicht. Na gut, das kleine Ding gehört jetzt dir, mit Fug und Recht.« Brigid grinste. »Ich hab dich ja immer schon für ein bisschen blöd gehalten, Matty, aber das hier übersteigt alles.«
»Hat sie irgendwelche Anzeichen des Erwachens gezeigt?«
»Schon. Hat ein bisschen gestöhnt und sich herumgeworfen, als ob sie schlecht träumt.« Sie warf sich den Schal um. »Muss jetzt los. Conry wird toben, aber vielleicht kann ich ihn mit ein paar Überstunden besänftigen. Ich werd die alte Makrele nicht noch mal ranlassen, wenn ich's vermeiden kann.«
»Du bist eine wahre Freundin«, sagte er.
»Und du ein Idiot, aber das sagte ich ja wohl schon.« Sie trat in den nebligen Nachmittag hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
Elans leises Atmen hatte sich nicht verändert, aber irgendwie spürte er, dass sie wach war. Er legte den Band mit Sonetten weg und eilte ans Bett. Ihre Augen bewegten sich, ihr Gesichtsausdruck war auf kraftlose Art verwirrt.
»Wo ... wo bin ich?«, hauchte sie kaum hörbar. »Ist das hier ... eine Art Warteraum?« Sie bemerkte seine Bewegung, und ihre Augen wandten sich ihm zu, schienen ihn aber eine ganze Weile nicht fixieren zu können. »Wer seid Ihr?«
Er betete, dass das Gift des Seekräuterweibs ihren Verstand nicht angegriffen hatte. »Matt Kettelsmit, mein edles Fräulein.«
Zunächst schien sie ihn nicht zu verstehen oder nichts mit dem Namen anfangen zu können, doch dann verzerrte Pein ihr Gesicht. »Oh, Matt. Habt Ihr ebenfalls von dem Gift genommen? Ihr süßer Junge. Ihr solltet doch weiterleben.«
Er holte tief Luft, dann noch einmal. »Ich ... Ich habe kein Gift genommen. Ihr auch nicht, jedenfalls nicht genug, um zu sterben. Ihr seid noch am Leben.«
Sie schüttelte den Kopf, und die Augen fielen ihr wieder zu.
Er hatte es ihr gesagt. Sie hatte es nicht gehört. Hieß das, er konnte jetzt guten Gewissens in die Nacht entfliehen, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzudrehen? Nicht, dass er die Stirn hätte, sie einfach im Stich zu lassen, aber, bei allen Göttern, fast alles war besser, als dieser Frau in die Augen schauen und gestehen zu müssen, dass er ihr Vertrauen verraten hatte ...
»Was?« Ihre Augen öffneten sich wieder, wesentlich wacher als zuvor, aber so schreckgeweitet wie die eines Tiers in der Falle. »Was habt Ihr gesagt?«
Der Moment zu fliehen — so es ihn denn je wirklich gegeben hatte — war vorbei. Kettelsmit überlegte, ob ein richtiger Mann sich jetzt erbieten müsste, richtiges Gift zu nehmen, um für sein Verbrechen zu büßen. Vielleicht, sagte er sich, aber er war ja kein richtiger Mann — jedenfalls nicht so einer. »Ich sagte, dass Ihr nicht tot seid, edles Fräulein. Elan. Ihr seid noch am Leben.«
Sie versuchte vergeblich den Kopf zu heben. Ihr Blick huschte ängstlich hin und her. »Was ...? Wo bin ich? O nein, Ihr lügt mich
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