Das Spiel
Schurz. Rechts und links von ihm kniete je ein Priester, der damit beschäftigt war, die Schnittwunden am jeweiligen Arm des Autarchen zu verbinden, feine Schnitte, die vor wenigen Augenblicken von heiligen goldenen Muschelmessern verursacht worden waren. Die kleine Menge königlichen Blutes — gerade genug, um zwei winzige goldene Schälchen zu füllen, die jetzt auf einem Tablett standen, das der Oberpriester Panhyssir hielt — würde unmittelbar nach Sonnenuntergang in den Erhabenen Kanal gegossen werden, um sicherzustellen, dass der Sonnenball vom jetzigen, weitest entfernten Punkt wieder zu seiner Braut, der Erde, zurückkehren würde.
Sulepis drehte sich träge zum Eingang, als der Soldat Daikonas Vo hereingeführt wurde. Der Mann aus Perikal, der seinen Ellbogen hielt wie einen schlafenden Säugling, war vom Blut gesäubert worden, aber Gesicht und Hals waren immer noch voller Schrammen und Kratzer, die bis aufs blanke Fleisch durchgingen.
»Man hat mir gesagt, du hast ein wertvolles Mitglied meiner Weißen Hunde getötet«, sagte der Autarch und streckte die Arme, um den Sitz der Verbände zu prüfen. Winzige Flecken von Rot drangen bereits durch das Leinen.
»Wir haben gekämpft, Herr.« Vo zuckte die Achseln, und seine graugrünen Augen waren so ausdruckslos wie zwei Glaskugeln. An ihm war nichts Bemerkenswertes, dachte Vash, außer seiner Leistung. Er hatte das Gesicht des Mannes schon nach dieser kurzen Zeit vergessen gehabt und würde es wieder vergessen, sobald der Mann draußen war. »Auf Eure Anordnung hin, wenn ich es richtig verstanden habe. Ich habe gewonnen.«
»Er hat betrogen«, sagte der Leopardenhauptmann zornig. »Er hat eine Bodenfliese zerschmettert und einen Splitter benutzt, um Yaridoras zu erstechen.«
»Danke, Kiliarch Marukh«, sagte Vash. »Ihr habt ihn abgeliefert, mehr habt Ihr nicht zu tun. Der Goldene wird befinden, was mit ihm geschehen soll.«
Hijam Steinherz, dem plötzlich bewusst wurde, dass er an einem Ort, wo das selten von Vorteil war, Aufmerksamkeit auf sich zog, erblasste ein wenig, verbeugte sich dann und entfernte sich rückwärts aus dem Gemach.
»Setz dich«, sagte der Autarch und musterte den hellhäutigen Soldaten. »Panhyssir, bringt uns etwas zu trinken.«
Eine seltene Ehre für den Gewinner einer Schlägerei, vom Oberpriester des Nushash persönlich bedient zu werden,
dachte Pinnimon Vash. Panhyssir war Vashs Hauptrivale um die Zeit und die Gunst des Autarchen, aber diesen Wettkampf hatte Vash längst verloren: Der Priester und der Autarch waren sich so nah wie zwei Fledermäuse in einer Nisthöhle und hatten immer ihre Geheimnisse, was es umso bizarrer machte, dass der mächtige Panhyssir etwas zu trinken bringen sollte wie irgendein Sklave.
Während der Oberpriester des Nushash betont würdevoll zu einem versteckten Nebengelass des großen Gemachs schritt, eilte einer der Eunuchen mit einem Schemel herbei und platzierte ihn so, dass Daikonas Vo sich wenige Meter vor dem Lebenden Gott hinsetzen konnte. Der Soldat tat es und bewegte sich dabei so vorsichtig, als ob ihm die Wunden aus dem Zweikampf mit Yaridoras zu schaffen machten. Vash dachte, dass sie wohl wirklich schmerzhaft sein mussten: Der Mann wirkte wie jemand, der nicht gern Schwäche zeigte.
Panhyssir kam mit zwei Trinkbechern zurück, und nachdem er einen mit einer Verbeugung seinem Herrscher dargeboten hatte, reichte er den anderen Vo, der, ehe er trank, einen so winzigen Augenblick zögerte, dass Vash sich beinahe hätte einreden können, er habe es sich nur eingebildet.
»Daikonas Vo, man hat mir gesagt, deine Mutter war eine perikalesische Hure«, erklärte der Autarch. »Eine von jenen, die auf dem nördlichen Kontinent gekauft und hierher gebracht wurden, um meinen Weißen Hunden zu Diensten zu sein. Dein Vater war einer der ursprünglichen Hunde — nicht mehr am Leben. Gefallen bei Dagardar, sagte man mir.«
»Ja, o Goldener.«
»Aber nicht, ohne zuvor deine Mutter getötet zu haben. Das Äußere deines Volkes hast du natürlich, aber wie gut sprichst du die Sprache deiner Vorfahren?«
»Perikalesisch?« Vos unauffälliges Gesicht verriet keinerlei Überraschung. »Meine Mutter hat es mich gelehrt. Bis zu ihrem Tod haben wir immer perikalesisch gesprochen.«
»Gut.« Der Autarch lehnte sich zurück und formte mit den Fingern einen spitzen Turm. »Du bist findig, wenn ich es recht sehe — und erbarmungslos. Yaridoras ist nicht der erste, den du getötet hast.«
»Ich bin
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