Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
zurück.
»Dieser Wartungstunnel gehörte zu den Tunneln, die im Jahre 1992 überschwemmt wurden, nachdem im Jahr zuvor neue Pfosten an den Flussufern in der Nähe der Kinzie Street Bridge angebracht worden waren. In diesem Tunnelabschnitt sind in Vorbereitung auf die Installation neuer Telekommunikationskabel Reparaturarbeiten durchgeführt worden.«
Nathan klickte wieder auf Pause und öffnete einen neuen Tab. Er suchte nach der Überschwemmung von Chicago im Jahr 1992 und bookmarkte die Seite. Dann überflog er die Informationen darin und erfuhr, dass als offizielle Ursache der Überschwemmung ein »Leck« angeführt worden war, damit die Versicherungsgesellschaften Schadenersatz in Millionenhöhe an die Geschäfte in der Innenstadt zahlen mussten.
Die meisten unterirdischen Tunnel im Innenstadtraum hatten tagelang unter Wasser gestanden, darunter auch der stillgelegte Eisenbahntunnel der Chicago Tunnel Company. Nathan browste eine Weile durch die Geschichte der Frachttunnel, die man – etwa zwölf Meter unter der Straße – für den Transport von Paketen, Post, Nahrungsmitteln, Kohle und teilweise auch Personen zu Läden, Bürogebäuden, Lagerhäusernund Fabriken nutzte. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich von diesem faszinierenden Teil der Stadtgeschichte Chicagos ablenken zu lassen, aber Nathan kehrte zu seiner Nachrichtenseite zurück.
»Bis jetzt haben sich noch keine Zeugen gemeldet, aber das Polizeipräsidium behandelt den Fall mit oberster Priorität.« Die Kamera machte einen Schwenk auf die Nachrichtensprecherin.
Oh Mann, beinahe hättest du eine der naheliegenden Kontaktpersonen übersehen. Du musst viel besser aufpassen.
Nathan spulte zurück, bis er auf den Namen der Reporterin stieß. Er googelte sie, fand heraus, dass sie immer noch für die regionalen Nachrichtensender arbeitete, und erstellte eine Kopie ihrer Daten und ihrer E-Mail-Adresse.
Nachrichtenreporter konnten nicht immer alles berichten, was sie wussten und dachten. Und manchmal verfolgten sie Geschichten auch weiter.
Nathan klickte wieder auf Play.
»Detective Sergeant Bonnie Lane …«
Nathan klickte auf Pause, machte sich eine Notiz, googelte Seargeant Bonnie Lane, fand aber nur Vernetzungen zu diversen anderen Berichten über Mordfälle und Einbrüche, in denen sie als Sprecherin der Polizei aufgetreten war.
»…kann nur bestätigen, dass die Behörde den Tod von Officer Montoya als großen Verlust für die Stadt und die Polizei erachtet und seiner Familie ihr aufrichtiges Beileid ausspricht. Wir werden den Fall weiterverfolgen und Sie auf den aktuellen Stand bringen, sobald wir neue Informationen erhalten. Giavonna Tate, Live-Berichterstattung.«
Nathan hörte sich die Geschichte mehrmals hintereinander an, ein paar Mal auch ohne Ton, damit er sich besser auf visuelle Einzelheiten konzentrieren konnte. Er stellte ihn auch bei Videospielen manchmal ab, weil er festgestellt hatte, dass Geräusche oft ablenkend sein konnten.
Es gab noch einen Nachfolgebericht über die »Tragödie im Tunnel«,so der Titel. Dieselbe Reporterin verlas mit ernster Stimme – diesmal im Studio – einen vom Polizeikommissariat weitergeleiteten Bericht, dass man Unregelmäßigkeiten in Officer Montoyas Dienstprotokollen entdeckt habe, was zu einer internen Ermittlung geführt hatte. Die Untersuchungsergebnisse würden derzeit nicht öffentlich gemacht, aber wie von anonymen Quellen der Behörde bestätigt wurde, war Familie Montoya das Sterbegeld verwehrt worden. Die Reporterin überließ es der Vorstellung der Zuschauer, was diese Maßnahme zu bedeuten hatte, gab aber ihrer Überzeugung deutlich Ausdruck, dass Montoya sich etwas hatte zuschulden kommen lassen.
Der Fall schien eindeutig zu sein. Nathan war enttäuscht. Er hatte zwar keinen Hinweis erwartet, bei dem man vor Begeisterung in die Luft sprang und Aha schrie!, aber cool wäre es schon gewesen.
Er warf einen Blick auf die Uhr in der Taskleiste seines Netbooks und stellte fest, dass er sich länger im Café aufgehalten hatte als geplant. Er wollte gerade seinen leeren Becher wegwerfen und seinen Mantel anziehen, da nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung in der Fensterscheibe wahr, vermied es aber, direkt hinzusehen. Mit diesen Dingen wollte er heute absolut nichts mehr zu tun haben. Er wollte nur zum Einkaufszentrum und sich da hinter Videospielen verschanzen, bevor die Läden schlossen.
Draußen warf er das Armband auf den Boden und es verwandelte sich in sein Skateboard.
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