Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
hatte er jetzt zu flapsig geantwortet und versehentlich Alyssas Gefühle verletzt – was er eigentlich nicht wollte.
Er wandte sich wieder seinem Spiel zu, das er auf Autopilot gestellt hatte. Er war gedanklich voll und ganz auf Officer John Montoya fixiert und auf das, was ihm passiert war. Das Geheimnis, das ihn umgab, ließ ihm keine Ruhe mehr. »Ich muss gleich los. Ich treffe mich mit meinen Freunden.«
»Ach wirklich?« Alyssa hob ungläubig eine Augenbraue. »Und was habt ihr so vor an deinem Geburtstag?«
Nathan zuckte mit den Achseln und schwindelte problemlos: »Das Gleiche wie immer. Holen uns wahrscheinlich eine Pizza und ein paar Cola und spielen Laser-Tag im Einkaufszentrum.«
»Da hast du recht. Bringt ja auch viel mehr Spaß als eine Party.« Alyssas Worte waren von Sarkasmus durchtränkt.
Nathan speicherte das Spiel und warf den Joystick aufs Bett. »Es ist fast sieben. Ich muss jetzt los, wenn ich die andern nicht verpassen will.«
Alyssa betrachtete ihn einen Moment lang. »Willst du das wirklich? Es ist doch dein Geburtstag. Da solltest du bei deiner Familie sein.«
Familie wird bei mir nicht wirklich groß geschrieben, oder?, dachte Nathan, sagte aber nichts. Stattdessen tat er so, als würde er in jeder Hand mit einer Waagschale jonglieren, und runzelte dabei in gespielter Unentschlossenheit die Stirn. Alyssa verdrehte die Augen, stand brüsk auf und verließ sein Zimmer.
Nathan seufzte und setzte sich wieder auf den Boden. Er ließ seinen Blick im Zimmer umherschweifen und überlegte, ob er noch weiter Videospiele spielen oder doch lieber aus dem Haus gehen sollte. Aber dann fiel ihm das Brettspiel ins Auge. Nach seiner Begegnung mit Mr Chuckles hatte er es beinahe vergessen.
Er ging zu dem Brett hinüber, streckte die Hand aus und berührte die Spielfiguren, wagte aber nicht, sie zu bewegen. Es hat sich nichts verändert. Das bedeutet, es ist immer noch Kukulkans Zug. Worauf wartet er nur?
Nathan dachte über das Spiel nach, beschloss aber dann, zunächst noch mehr über Officer John Montoya herauszufinden. Und über die Biberkriege.
18
N athan saß mit einer großen Tasse heißer Schokolade in einem Starbucks und lud die Dateien, die er auf Alyssas Webseite gefunden hatte, auf sein Netbook herunter; dann ging er auf die Wikipedia-Seite und suchte nach den Biberkriegen. Er fand schnell heraus, dass der Kampf zwischen den kriegerischen Biberclans, den er sich ausgemalt hatte, wesentlich interessanter war als das, was er hier las.
Wie sich herausstellte, waren die Biberkriege Teil der Spannungen zwischen einzelnen Indianerstämmen gewesen, die durch das Eintreffen der europäischen Siedler und Pelzhändler ausgelöst worden waren. Die Konföderation der Irokesen schloss sich mit holländischen Handelsleuten zusammen und gemeinsam versuchten sie, den Biberpelzhandel unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihre Hauptgegner waren die Algonkin-Indianer, die gemeinsam mit den Franzosen kämpften.
Nathan klang das nach einer Variante des Colakriegs oder der Konflikte zwischen Xbox 360 und PS3. Er hätte das Ganze sehr viel interessanter gefunden, wenn in die Biberkriege Schamanentruppen involviert gewesen wären, die ihre Gestalt verändern konnten, oder Aliens.
Er lehnte sich gemütlich zurück, schlürfte seine heiße Schokolade und machte sich an Alyssas Dateien. Als Erstes richtete er sich eine Word-Datei ein, um darin die Informationen zusammenstellen zu können, auf die er stieß. Dann setzte er die Kopfhörer auf und klickte auf einen Link, der den Nachrichtenbericht eines regionalen Senders enthielt. Eine hübsche afroamerikanische Reporterin in einem Trenchcoat stand vor Manny’s Imbiss und sprach in ihr Mikrofon.
»Ein Sprecher der Polizei bestätigte soeben, dass es sich bei dem Toten um ein hoch dekoriertes und angesehenes Mitglied der Polizeibehörde von Chicago handelt. Der siebenunddreißigjährige Streifenpolizist wurde in diesem Wartungstunnel hinter mir erschossen aufgefunden.«
Nathan klickte auf Pause und griff auf den Nachruf von Officer Montoya zu. Der Mann auf dem Foto sah um einiges glücklicher aus als der graue Geist, dem Nathan begegnet war. Nathan kopierte das Sterberegister in die Datei, die er eingerichtet hatte.
Vielleicht trödelte er ja mit Hausaufgaben herum, die er öde fand, aber wenn ihn etwas interessierte, dann konnte er sehr gründlich arbeiten. Er hoffte, dass seine Lehrer das nie merken würden.
Er kehrte auf die Nachrichtenseite
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