Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
an die andere nicht mal denken.«
»Ich weiß.«
Es war eine ganz neue Erfahrung für Nathan, mit einem Erwachsenen über so persönliche Dinge zu sprechen – noch dazu mit einem, der fraglos allem zustimmte, was er sagte. Es gefiel ihm und machte ihn neugierig darauf, mehr über ihn zu erfahren. »Woher wissen Sie denn, dass ich Geburtstag habe?«
»Ich weiß so manches.«
»Dann wissen Sie ja auch, dass ich was gegen Alleswisser habe. Yoda in Star Wars beispielsweise. Der ist für mich nur eine nervige kleine Marionette und alles andere als ein unheimlicher Jedi-Ritter. Wenn Sie mir also sagen, dass Sie ›so manches wissen‹, beeindruckt mich das nicht so, wie Sie vielleicht hoffen.«
»Das werde ich mir merken.«
»Sie wissen anscheinend auch, dass ich Träume liebe, in denen ich fliegen kann. Können Sie mir sagen, weshalb es mir dann Spaß bringen sollte, hier zu stehen und mich mit Ihnen zu unterhalten, anstatt herumzufliegen?«
»Ich habe dich hierher gebracht, damit wir mit dem Spiel beginnen können.«
Nathan nickte zu dem Basketballplatz hinüber. »Mit Basketball?« Er lachte. »Wenn sie nicht fliegen können, werden Sie da aber schwer im Nachteil sein.«
»Dieses Spiel meine ich nicht. Es heißt übrigens nicht Basketball, sondern Pok-A-Tok, manchmal auch Pitz. Aber dir will ich ein anderes Spiel beibringen.«
»Was für ein Spiel denn?«
»Das Spiel, das du gestern Nacht gefunden hast, im Koffer deiner Mutter.« So eine Bemerkung war selbst in einem Traum merkwürdig. Der Mann wurde immer interessanter für Nathan.
»Wie heißt denn das Spiel? Und wieso hat meine Mutter es besessen?«
»Es heißt einfach ›Das Spiel‹. Und deine Mutter hatte es, weil es so vorgesehen war. Genau wie vorgesehen ist, dass es jetzt dir gehört.«
»Der Name ist nicht besonders einfallsreich, wenn Sie mich fragen.«
»Vielleicht fällt uns ja ein besserer Name dafür ein.«
»Wo wir von Namen sprechen, wie heißen Sie eigentlich?« Nathan stellte diese Frage höchst ungern. In seinen Träumen kannte er normalerweise die Namen sämtlicher Akteure oder teilte ihnen welche zu. Mit Ausnahme der Zombies – denn die hießen immer Larry, Moe und Curly – und der schwerfälligen Ungeheuer, die er Arda Montoya nannte.
»Ich heiße Kukulkan.«
»Erzählen Sie mir von dem Spiel. Und warum meine Mom es hatte.«
»Deine Mutter hat gelernt, das Spielzu spielen, als sie jung war. Sie dachte immer, sie würde es einmal gegen mich spielen. Das war ein Irrtum. Stattdessen werden du und ich gegeneinander antreten.«
»Das ist nicht fair. Ich kenne doch noch nicht mal die Spielregeln.«
»Du bist ein intelligenter Junge, Nathan. Und du spielst viele Spiele. Ich denke, du wirst auch hinter dieses kommen.« Der Mann sah Nathan erwartungsvoll an. »Solange du nicht an dir selbst zweifelst.«
»Ich zweifle nicht an mir, wenn ich gut vorbereitet bin.«
»Ich sorge schon dafür, dass du es lernst. Das verspreche ich dir.«
Nathan hoffte jetzt, dass er dies alles doch nicht träumte. Er war gern mit Kukulkan zusammen und wusste, dass die Charaktere in seinen Träumen selten einen zweiten Auftritt hatten. Mal abgesehen von den Zombies, die eine ziemliche Konstante darstellten.
»Du siehst mich wieder, Nathan. Sei unbesorgt. Nicht alles ist ein Traum.« Der Mann klopfte Nathan auf die Schulter. »Und selbst Träume kann man lenken, hat man erst einmal ihr Geheimnis gelüftet.«
»Wenn Sie das sagen.«
»Ja. Oh, bevor ich es vergesse – du hast gesagt, du fliegst gerne?«
»In meinen Träumen, ja.«
»Dies ist kein Traum, Nathan. Es ist eine von vielen Frequenzen. Und zum Geburtstag schenke ich dir die Fähigkeit, immer dann fliegen zu können, wenn du dich in alternative Frequenzen begibst.«
Alles klar. Nathan ließ sich seine Zweifel nicht anmerken. »Abgemacht.«
»Warum versuchst du es nicht einfach?«
Mühelos erhob sich Nathan in die Luft. Der Wind schob ihn dabei voran und zog ihn empor, während er über das Gebäude glitt. Er lachte vor Vergnügen.
Unter ihm lachte auch Kukulkan.
Nathan bremste ab und schwebte etwa drei Meter über Kukulkan in der Luft. Das Lächeln des großen Mannes leuchtete weiß in seinem dunklen Gesicht. »Nicht schlecht.«
Nathan musste wieder lachen. »Was heißt, nicht schlecht? Glauben Sie vielleicht, Sie können es besser?«
Kukulkan hob die Arme und setzte sogleich zum Flug an. Er bewegte sich, als sei er mit Flügeln zur Welt gekommen.
»Wir brauchen eine Ziellinie.«
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