Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
kreischenden kleinen Hermelin am Genick packen und herauszerren. Und dann würde er das Leben aus ihr herausschütteln. Er hätte gar keine andere Wahl, oder? Ein Blick in Phaeds Augen, und das Geheimnis würde offenkundig. Das Geheimnis, dass in ihr nur eine riesige Leere war, dort, wo ihr Gewissen sein sollte. Er würde es deutlich sehen, und dann würde das Entsetzen in ihren Blick kriechen, das Entsetzen darüber, durchschaut worden zu sein - Augenblicke bevor ihr Genick brach.
Mutter Dunkel würde auf Phaeds Seele warten - sie würde darauf warten, dass diese Seele kreischend ausgeliefert wurde, die unheilvolle Geburt einer gerechten Hinrichtung, von Entscheidungen, die gar keine Entscheidungen waren. Warum? Weil nichts anderes getan werden kann. Nicht für eine wie sie.
Und Rake würde das Blut an seinen Händen akzeptieren. Er würde die schreckliche Bürde akzeptieren - nichts weiter als noch eine mehr inmitten von unzähligen anderen, die er seit hunderttausend Jahren mit sich herumtrug. Kindsmörder. Mörder eines Kindes vom eigenen Blut.
Der Mut von jemandem mit Macht. Und das war Nimanders eigene gähnende Leere im Innersten seiner Seele. Wir mögen seine Kinder sein, seine Enkel, wir mögen von seinem Blut sein, aber wir sind alle unvollständig. Phaed und ihre boshafte moralische Leere. Nenanda und seine blinde Wut. Aranatha mit ihren närrischen Hofnungen. Kedeviss, die jeden Morgen von ihren eigenen Schreien aufwacht. Skintick, für den das ganze Leben ein Witz ist. Desra, die ihre Beine für jeden Mann breit machen würde, wenn es sie nur eine Sprosse auf der Leiter weiter nach oben brächte, näher zu jenem Ruhm - wie auch immer der aussehen mag -, von dem sie sich einbildet, dass er ihr zustünde. Und Nimander, der sich für das Oberhaupt dieser mörderischen Familie von Möchtegern-Helden hält, der bis zum Ende der Welt gehen wird auf seiner Suche nach… nach Mut, nach Überzeugung, nach einem Grund irgendetwas zu tun, zu spüren.
Oh, dann also für Nimander eine leere Straße mitten in der Nacht. Während die Bürger dieser Stadt in ihrem unruhigen, kläglichen Schlaf verloren sind - als könnte das Vergessen irgendeine Fluchtmöglichkeit, irgendeinen Ausweg bieten. Für Nimander also diese endlosen Augenblicke, in denen er darüber nachdenken konnte, ob er nicht vielleicht tatsächlich eine Entscheidung treffen sollte, ob er nicht vielleicht tatsächlich zwischen eine unschuldige ältere Tiste Andii und seine eigene, mörderische kleine Schwester treten sollte. Um zu sagen: Nein, Phaed. Du wirst deinen Willen nicht bekommen. Nicht mehr. Du wirst kein Geheimnis mehr sein. Du wirst erkannt werden.
Wenn er das tun könnte. Wenn er das nur tun könnte.
Er hörte ein Geräusch. Ein Surren, das Flüstern einer dünnen Kette, die durch die Luft wirbelte - nah, so nah, dass Nimander herumfuhr - aber da war niemand. Er war allein. Ein Surren, ein Wirbeln, ein Zischen - dann plötzlich ein schnappendes Geräusch, zweimal ein deutlich unterscheidbares leises Klicken, wie von zwei kleinen Gegenständen an den beiden Enden der dünnen Kette - ja, dieses Geräusch, die Prophezeiung-Mutter hilf, ist dies die Prophezeiung?
Es war jetzt still, doch die Luft ringsum fühlte sich fiebrig an, und er atmete keuchend. »Er trägt die Tore, Nimander, so heißt es. Ist dies keine würdige Aufgabe? Für uns? Die Sphären zu durchsuchen, aber nicht, um unseren Erzeuger zu finden, sondern denjenigen, der die Tore trägt?
Unseren Weg nach Hause. Zu Mutter Dunkel, in ihre innigste Umarmung - oh, Nimander, mein Lieber, lass uns …«
»Hör auf damit«, krächzte er. »Bitte, hör auf.«
Sie war tot. Auf der treibenden Insel gestorben. Gefällt von einem Tiste Edur, der sich nichts dabei gedacht hatte. Nichts. Sie war tot.
Aber sie war sein Mut gewesen. Und jetzt war nichts mehr davon übrig.
Die Prophezeiung? Die war nicht für einen wie Nimander gedacht. Träume nicht vom Ruhm. Sie ist auch tot. Sie war alles. Und sie ist tot.
Ein kühler Wind strich seufzend heran und nahm die Spannung mit - eine Spannung, die er sich nur eingebildet hatte, wie er nun wusste. Ein Augenblick der Schwäche. Etwas huschte über ein nahegelegenes Dach.
So etwas kam nicht zu denjenigen, die unvollständig waren. Er hätte es eigentlich wissen müssen.
Drei leise Glockentöne hallten durch die Nacht, kündeten von einem weiteren Wachwechsel vorne bei den Vorposten. Größtenteils schweigend erhoben sich Soldaten, dunkle
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