Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
Scherbe vertraute nicht darauf, dass so eine Erlösung wirklich gutartig war. Die Zauberei war eine Waffe für ihren Willen - und wie weit konnte eine Sterbliche mit so einer Waffe in den Händen gehen? Wie gewaltig war das Gewicht ihres Willens, ungebunden und entfesselt?
Sie taten recht daran, sie zu fürchten. Sie taten so recht daran.
Ein schroffer Befehl von Sergeant Strang, es war Zeit, mit der Patrouille zu beginnen. Eine Länge verdammter, windzerzauster Küste. Krumm kletterte aus der Grube und klopfte sich die Hände ab; er strahlte übers ganze Gesicht, als er sich seine Arbeit noch einmal anschaute.
»Ist es nicht toll, Korporal? Ein Loch, das ein Hochmarschall vom Mottwald gegraben hat, und wir wissen, wie wir Löcher graben müssen, oh, und wie wir das wissen. Tja, also ich glaube, es könnte das bisher beste sein! Vor allem mit all den Kinderschädeln da unten drin; sie sind wie Pflastersteine, obwohl sie viel zu leicht zerbrechen - ich musste ganz vorsichtig zutreten! Ganz vorsichtig!«
Scherbe, der plötzlich ein Frösteln tief in seinem Innern verspürte - an einem Punkt, den kein Wind jemals erreichen konnte -, trat an den Rand der Grube und schaute hinein. Wenige Augenblicke später gesellte sich der Rest des Trupps zu ihm.
In der Düsternis, die beinahe eine Mannshöhe unter ihnen lag, schimmerten runde Gegenstände. Sie sind wie Pflastersteine.
Und sie bewegten sich.
Ebron stieß ein Zischen aus, und dann warf er Sünd, deren Musik und Tanzerei sich zu schrillen, wilden Höhen gesteigert hatte, einen düsteren Blick zu. »Bei den Göttern hienieden! Sergeant -«
»Schnapp dir deine Schaufel«, knurrte Strang Krumm an. »Füll sie wieder auf, du Idiot! Füll sie auf! Füll sie alle auf!«
Krumm blinzelte, dann hob er seine Schaufel auf und machte sich daran, den trockenen Boden wieder in das Loch zu werfen. »Wir sind die besten Löcherauffüller, die man finden kann! Du wirst schon sehen, Sergeant! Tja, du wirst niemals Löcher sehen, die so gut aufgefüllt sind wie die, die von einem Hochmarschall vom Mottwald aufgefüllt wurden!«
»Beeil dich, du verdammter Idiot!«
»Ja, Sergeant, beeilen. Krumm kann sich beeilen!«
Einen Herzschlag später fing der Sappeur wieder an zu singen.
»Shillidan aus den roten Wassern Beißt ins Gras und küsst die Maid Hillihan mit dem blauen Schwanz Streichelt sie voll Dankbarkeit!«
Eng in einen schweren Umhang aus dunkelblauer Wolle gewickelt, stand Nimander Grolit am Ende der gewundenen Straße. Baufällige Hafengebäude standen schief oder waren ein Stück abgesackt, bildeten eine Grimasse aus Ziegelsteinen, die sich bis zum Wasser wand, das in hundert Schritt Entfernung glitzerte. Wolkenfetzen jagten an einem von verschwommenen Sternen gesprenkelten Nachthimmel dahin, immer weiter gen Süden wie die Vorboten von Schnee und Eis.
Tiste Andii, Schildwache des Dunkels; es hätte ihm gefallen, wenn er sich ebenso eng in so großartige Begriffe hätte hüllen können wie in seinen Umhang. Eine mythische Einstellung, voller … voller irgendwas. Und das Schwert an seiner Seite, eine Waffe heroischen Willens, die er ziehen könnte, wenn das grässliche Schicksal mit seiner schrillen Wehklage kam, um sie dann mit einer Geschicklichkeit zu führen, die nur erstaunen konnte - so, wie früher die Bedeutenden; ein unübertreffliches Symbol der Macht, das im Namen von Mutter Dunkel enthüllt wurde.
Aber es war alles nur ein Traum. Seine Fähigkeiten im Ungang mit dem Schwert waren allenfalls leidlich ausgeprägt, ein Sinnbild der Mittelmäßigkeit, das so trübe war wie seine eigene Abstammung. Er war kein Soldat der Dunkelheit, sondern nur ein junger Mann, der verloren auf einer seltsamen Straße stand, ein Mann, der nirgendwo hingehen konnte - aber der dazu getrieben wurde, der genau in diesem Moment dazu getrieben wurde … irgendwo hinzugehen.
Nein, noch nicht einmal das war richtig. Er stand hier in der Nacht, weil er fliehen musste. Phaeds Bosheit war tollwütig geworden, und Nimander war derjenige, den sie sich als Vertrauten auserwählt hatte. Würde sie Sandalath Drukorlat hier, in dieser Hafenstadt umbringen, wie sie es geschworen hatte? Wichtiger noch - würde er, Nimander, es zulassen? Hatte er denn überhaupt den Mut, Phaed zu verraten, wo er doch wusste, wie rasch sie sich gegen ihn wenden würde - und wie tödlich ihr Gift war?
Anomander Rake würde nicht zögern. Nein, er würde die Tür zu Phaeds Zimmer eintreten und den
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