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Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Titel: Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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eingestehen, da hatte der Ahl-Krieger nicht ganz Unrecht.
     
    Rotmaske hatte lange auf diesen Augenblick gewartet. Und es würde kein alter Mann von den Renfayar mit seinen verdammten Geheimnissen bereitstehen, um alles zunichtezumachen. Nein, dafür hatte Rotmaske eigenhändig gesorgt. Vor seinem inneren Auge konnte er noch immer das Gesicht des Alten sehen - die hervorquellenden Augen, die platzenden Äderchen, die heraushängende Zunge, als das faltige Gesicht allmählich blau anlief, und dann hatte es oberhalb seiner würgenden Hände einen tödlichen, gräulichen Farbton angenommen. Dieser Hals war wie nichts gewesen, dünn wie Schilf, und die Knorpel hatte er mit festem Griff wie eine Papyrusrolle zerdrückt. Und er hatte einfach nicht loslassen können, nicht einmal, als der Narr schon lange tot gewesen war.
    Zu viele Erinnerungen an seine Kindheit waren in seine Hände geschlüpft, hatten seine Finger in sich windende Schlangen verwandelt, die nicht mit dem leblosen Fleisch in seinem Griff zufrieden schienen, sondern das Gefühl der Kälte suchten, das sich, erst lange nachdem die Seele geflohen war, einstellte. Natürlich war das noch nicht alles gewesen. Der Alte hatte sich für Rotmaskes Herrn gehalten, für seinen Aufseher, um das Wort der Letherii zu gebrauchen, der an der Schulter des Kriegsführers stand, immer bereit, Luft zu holen und Worte zu sprechen, in denen schreckliche Wahrheiten lagen - Wahrheiten, die Rotmaske vernichten würden, die jede Chance, die er hatte, die Ahl zum Sieg zu fuhren, vernichten würden.
    Doch jetzt rückte der Zeitpunkt näher. Er würde Bivatts Kopf auf seinem Speer sehen. Er würde Schlamm sehen und die Leichen von abertausend Letherii und Tiste Edur. Krähen, die am Himmel kreisten und begeisterte Schreie ausstießen. Und er würde auf der hölzernen Plattform stehen und sich all das ansehen. Auch seine schuppigen Leibwächter, die ihn gefunden hatten, die ihn erwählt hatten, und die nun Magier in Stücke rissen, durch die Reihen der Feinde preschten …
    Und erneut stieg das Gesicht des Alten in seinem Geist auf. Anfangs hatte er in dieser Vision geschwelgt, doch nun begann sie, ihn zu verfolgen. Ein Gesicht, das seine Träume begrüßte; ein Gesicht, das sich in jeder schmutzigen Sturmwolke andeutete, blutunterlaufenes Grau und ein blauer Farbton, kalt wie Eisen, der den Himmel erfüllte. Er hatte gedacht, er wäre den alten Narren los, ihn und seine grausamen Geheimnisse, die in dem abwägenden Blick lagen - wie der Blick eines Vaters auf einen ungeratenen Sohn, als könnte nichts, was das Kind tat, gut genug sein, den Traditionen der Ahl entsprechen, diesen Traditionen, wie sie immer gewesen waren und immer sein würden.
    Während die Arbeiten ringsum weitergingen, kletterte Rotmaske auf die Plattform. Die Cadaranpeitsche hing an seinem Gürtel, die Rygtha-Axt baumelte an ihren Lederriemen. Die Waffen, für die wir einst, vor langer Zeit, geboren wurden. Ist das nicht Ahl genug? Bin ich nicht mehr Ahl als alle anderen Renfayar? Als alle Krieger, die hier versammelt sind? Sieh mich nicht so an, alter Mann. Du hast kein Recht dazu. Du warst nie der Mann, zu dem ich geworden bin - sieh dir meine Leibwächter an!
    Soll ich dir die Geschichte erzählen, Vater?
    Aber nein. Du bist tot. Und ich spüre immer noch deinen schwächlichen Hals in meinen Händen - oh, ein Irrtum. Diese Einzelheit gehört zu dem alten Mann. Der auf geheimnisvolle Weise in seinem Zelt gestorben ist. Der letzte der Alten der Renfayar, der meinen Vater gekannt hat, ja, der meinen Vater und alle seine Verwandten gut gekannt hat. Und die Kinder, die sie ihr Eigen nannten.
    Du Narr, warum hast du nicht zugelassen, dass die Jahre deine Erinnerungen verschwimmen ließen? Warum bist du nicht wie alle anderen tattrigen, hoffnungslosen Alten geworden? Was hat dafür gesorgt, dass deine Augen so scharf geblieben sind? Aber nun nicht mehr, ach ja. Jetzt starrst du Steine und die Dunkelheit an. Jetzt verfault der scharfe Verstand in seinem Schädel, und das war’s dann.
    Lass mich in Ruhe.
    Die ersten Regentropfen trafen ihn, und er schaute zum Himmel auf. Harte Tropfen, die gegen seine Maske prasselten, diese schuppige Rüstung, die eine grässliche Wahrheit verbarg. Ich bin gefeit. Ich bin unberührbar. Morgen werden wir den Feind vernichten.
    Die Leibwächter werden dafür sorgen. Schließlich haben sie mich erwählt, oder? Sie überbringen das Geschenk des Ruhms, und niemand außer mir hat es

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