Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Allerdings gab es hier weniger Fliegen, und es war auch nicht viel von den riesigen Herden zahlloser Tierarten – und von denjenigen, die sie jagten – zu sehen. Hier auf der Lamatath-Ebene gab es Bhederin, eine einzige Antilopenart, Hasen, Wölfe, Kojoten, Bären und nicht viel anderes. Natürlich schwirrten auch viele Habichte und Falken über ihren Köpfen durch die Luft – aber diese Gegend wimmelte nicht so von Tieren, wie man es erwartet hätte, und er wunderte sich darüber.
Hatte die Feuersbrunst bei Morn alles ausgelöscht? Hatte sie eine öde Landschaft hinterlassen, die sich nur langsam erholte, und in die nur ein paar Tierarten von Norden her herunterwanderten? Oder waren die K’Chain Che’Malle fanatische Jäger, die in einem Schlachtfest schwelgten, das erst vorbei sein würde, wenn sie selbst ausgestorben waren?
»Was weißt du über den Imperator der Tausend Tode?«
Er warf ihr einen Blick zu. »Nicht viel. Nur dass er nicht getötet werden kann.«
»Das stimmt.«
Er wartete.
Heuschrecken krabbelten inmitten zerfetzter Grashalme über den staubigen Pfad, als fragten sie sich, wie sie dahin gekommen waren. Irgendwo hoch über ihnen stieß ein Raubvogel einen durchdringenden Schrei aus, der dazu gedacht war, einen fliehenden Vogel in Panik zu versetzen.
»Sein Schwert wurde durch die Macht des Verkrüppelten Gottes geschmiedet. Es verfügt über Stufen der Zauberei, die derjenige, der es schwingt, nur dadurch erreichen kann, dass er stirbt. Jedes Mal. Dass er kämpft und mit dieser Waffe in der Hand stirbt. Der Imperator – ein Tiste Edur und zugleich eine arme, schlimm zugerichtete Kreatur – wusste, dass der Tod nichts weiter als eine Illusion war. Er wusste, dessen bin ich mir sicher, dass er verflucht war, auf schreckliche Weise verflucht. Das Schwert hat ihn in den Wahnsinn getrieben.«
Reisender konnte sich vorstellen, dass so eine Waffe denjenigen, der sie besaß, tatsächlich in den Wahnsinn treiben konnte. Er spürte, dass seine Handteller schweißfeucht waren, und wechselte die Zügel in die rechte Hand, legte die andere auf den Oberschenkel. Sein Mund fühlte sich unerklärlich trocken an.
»Er brauchte Meisterkämpfer. Herausforderer. Manchmal haben sie ihn getötet. Manchmal mehr als einmal. Aber da er wieder und wieder zurückgekommen ist und jedes Mal stärker war, musste der Herausforderer am Ende fallen. Und genauso war es auch.«
»Ein schreckliches Schicksal«, murmelte Reisender.
»Bis eines Tages wieder einmal ein paar Schiffe angekommen sind. Mit noch mehr Herausforderern aus fernen Landen an Bord. Einer davon war Karsa Orlong, der Toblakai. Ich war damals zufällig mit ihm unterwegs.«
»Ich würde gerne die Geschichte hören, die hinter dieser Art von Partnerschaft steckt.«
»Vielleicht später. Es hat da noch jemand anderen gegeben, einen anderen Meisterkämpfer. Sein Name war Icarium.«
Reisender wandte sich langsam in seinem Sattel zur Seite und musterte die Frau neben ihm. Irgendeine unbewusste Botschaft vermittelte dem Wallach, dass er stehen bleiben sollte.
Samars Jhag-Pferd ging noch ein paar Schritte weiter, dann zügelte sie es, drehte sich um und sah Reisender an. »Ich glaube, dass das Sterben immer noch weitergehen würde, wenn Icarium und der Imperator aufeinandergestoßen wären, und dass es sich ausbreiten würde wie ein Waldbrand. Ein ganzer Kontinent … größtenteils eingeäschert. Wer weiß … vielleicht sogar die ganze Welt.«
Er nickte, traute seiner Stimme nicht genug, um zu sprechen.
»Stattdessen«, sagte Samar Dev, »wurde erst einmal nach Karsa geschickt.«
»Was ist passiert?«
Ihr Lächeln war traurig. »Sie haben gekämpft.«
»Das ergibt keinen Sinn, Samar Dev«, sagte Reisender. »Der Toblakai lebt noch.«
»Karsa hat den Imperator getötet. Endgültig.«
»Wie?«
»Ich habe ein paar Vermutungen. Ich glaube, dass Karsa Orlong irgendwo und irgendwie mit dem Verkrüppelten Gott gesprochen hat – was kein angenehmes Gespräch gewesen ist, da bin ich mir sicher. Gespräche mit Karsa sind selten angenehm.«
»Dann ist der Imperator der Tausend Tode …«
»Erledigt, einen allerletzten Tod gestorben. Und ich möchte gerne glauben, dass Rhulad Karsa mit seinem letzten Atemzug gedankt hat.«
Wenn sie sich bei diesem Gedanken besser fühlte, nur zu. »Und das Schwert? Trägt es jetzt der Toblakai?«
Sie griff nach den Zügeln und stupste das Pferd an, um es wieder in Bewegung zu setzen. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
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