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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Verbindlichkeit, wenn es an der Zeit war, alles umzukehren.
    Sollten sie seine Frau nehmen. Eines Tages würde er sie nehmen – würde er ihnen alles nehmen, was sie besaßen, alles, was sie zu besitzen erträumten. Nach heute Nacht würde er einen oder alle beide besitzen – in den kommenden Wochen ganz sicher beide. Welcher von ihnen würde Gorlas’ Erben zu Stande bringen? Es war ihm egal – wenn Challice schwanger wurde, würde das zumindest dafür sorgen, dass seine Eltern ihn in Ruhe ließen, und es könnte sehr wohl die Belohnung hinzukommen, dass es sie zufriedenstellte – und damit die leise Trübsal aus ihrem Gesicht wischte und all den ärgerlichen Seufzern und sehnsüchtigen, verträumten Blicken aus dem Fenster ein Ende bereitete.
    Außerdem verehrte auch sie das Geld. Der Vermummte wusste, sie verbrauchte genug davon, für kostbaren Plunder und nutzlose Genüsse. Gib ihr ein Kind und dann noch drei oder vier mehr, und sie wird keinen Ärger mehr machen und nebenbei noch zufrieden sein.
    Opfer mussten gebracht werden. Also bringe sie, Frau, und wer weiß, vielleicht lächelst du sogar, wenn es vorbei ist.
    Eineinhalb Glockenschläge später ließ die Vidikas-Kutsche endlich das Zwei-Ochsen-Tor hinter sich, und die Pferde wurden schneller, als die Straße breiter wurde und das Elend namens Maiten durchquerte (wo sonst konnten die Verlorenen und die Hoffnungslosen hingehen, außer vor die Stadtmauern?), das Gorlas mit geschlossenen Läden und einem Duftball unter der Nase durchlitt.
    Wenn er herrschte, würde er befehlen, dass draußen auf der Heimstattebene eine riesige Grube ausgehoben wurde, und sie würden all diese kaputten Kreaturen dorthin schleppen und den ganzen Haufen verbrennen. Eigentlich war es ziemlich einfach – nicht für einen Heiler bezahlen zu können, das ist wirklich zu schlimm, aber sieh doch, wir machen das Begräbnis umsonst.
    In solchen Gedanken und anderen städtischen Verbesserungen schwelgend döste Gorlas vor sich hin, während die Kutsche weiter die Straße entlangrumpelte.
    Challice stand allein in ihren persönlichen Gemächern, starrte die Halbkugel aus Glas mit dem darin gefangenen Mond an. Was würde sie verlieren? Ihren Ruf. Oder genauer gesagt, ihr Ruf würde sich ändern. Hanut würde grinsen und Shardan auf seine typische wissende Weise herumstolzieren und dafür sorgen, dass sein Geheimnis ihm aus sämtlichen Poren quoll, so dass es alles andere als ein Geheimnis bliebe. Andere Männer würden zu ihr kommen, würden genau das Gleiche erwarten. Und vielleicht würde sie dann nichts mehr aufhalten. Vielleicht würde sie auch über kurz oder lang einen Mann finden, der zu der Überzeugung kam, dass das, was er empfand, Liebe war, und dann würde sie damit anfangen, ihren Plan zu enthüllen – den einzigen Plan, den sie hatte, und der ganz gewiss sinnvoll war. Er war überaus logisch, sogar vernünftig. Gerechtfertigt.
    Manchmal wendet sich das Tier an der Kette gegen seinen Herrn. Manchmal versucht es, ihm an die Kehle zu gehen, und manchmal schafft es das auch.
    Aber das würde Zeit brauchen. Weder Shardan Lim noch Hanut Orr würden dafür geeignet sein – beide brauchten Gorlas, obwohl ihr Triumvirat eine rein dem Zweck geschuldete Partnerschaft war. Jeder von ihnen würde sich gegen die anderen wenden, sobald sich die entsprechende Gelegenheit ergab – aber jetzt noch nicht, noch lange nicht, wie sie vermutete.
    Konnte sie dies tun?
    Was ist mein Leben? Hier, schau dich um – was ist es? Auf diese Frage hatte sie keine Antwort. Sie war wie ein Juwelier, der der Vorstellung von Wert gegenüber blind war. Leuchtend oder stumpf, es spielte keine Rolle. Selten oder häufig, der einzige Unterschied lag im Begehren, und wie konnte man das abwägen, wenn die Not dahinter die gleiche war? Die gleiche, ja, in all ihrem schäbigen Hunger.
    Sie konnte all ihre Bedürfnisse auf ein einziges reduzieren. Das konnte sie tun. Sie würde es tun müssen, um das, was geschehen würde, ertragen zu können.
    Sie fröstelte, konnte die purpurnen Adern durch die blasse Haut ihrer Arme sehen, während ihr Blut träge weiterfloss. Sie musste im Sonnenlicht spazierengehen, musste die Wärme spüren und wissen, dass die Menschen sie ansahen, während sie vorbeiging – dass sie ihren feinen, mit Silberfäden genähten Umhang aus Hermelinfell mit den Säumen aus schwarzer Seide sahen; dass sie die Armreifen an ihren Handgelenken und die Kettchen an ihren Knöcheln sahen – zu viele

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