Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
denke, es ist alles eine Verhandlungsfrage, meint Ihr nicht?«
Ihre Überheblichkeit machte ihn wütend. Er wusste, dass genau das ihre Absicht war, aber trotzdem ging er ihr auf den Leim. »Fragt mich lieber nicht nach meiner Meinung.«
Marguerite lachte in sich hinein, erhob sich und lehnte sich an die Tischkante. »Aber ich bin brennend daran interessiert, Mylord. Also seid so gut und sagt mir, was Ihr denkt.«
Julian trat noch einen Schritt näher an sie heran, sodass kaum mehr eine Handbreit Platz zwischen ihnen war. »Ihr seid eine Viper«, eröffnete er ihr.
»Tatsächlich?«, erwiderte sie. »Sonst noch etwas?«
Er hob die Hand, zögerte einen winzigen Moment, dann legte er die Rechte um ihren Oberarm und packte hart zu. Es war das, was sie wollte. Er tat immer nur, was sie wollte. »Ein treuloses Weib. Und ein verruchtes Luder.«
»Und mit so etwas lasst Ihr Euch ein?« Mit geschickten Fingern schnürte sie seine Hosen auf. Sie brauchte nicht einmal hinzuschauen, sah ihm stattdessen unverwandt in die Augen. »Was Euer armer Vater wohl davon halten würde?«
Sie erkannte, dass sie ihn getroffen hatte, und ihre Lippenverzogen sich für einen Lidschlag nach oben. Sie setzte sich auf den Tisch, legte die Hände auf seine Hüften und zog ihn zwischen ihre Schenkel. Julian drang hart und schnell in sie ein, so wie sie es gern hatte. Sie stöhnte hemmungslos, was ihn dankbar für die dicken Mauern und Türen von Kenilworth machte. Marguerite stemmte sich seinen Stößen entgegen, umklammerte seine Oberarme und lehnte sich weiter zurück. Keuchend beugte er sich über sie, drückte ihren Oberkörper auf die dunkel gebeizte Tischplatte hinab und hielt sie nieder, so als habe er hier das Sagen. Dabei war es ihr Spiel; sie ganz allein bestimmte die Regeln. Es machte ihr am meisten Spaß, wenn es ihr gelang, ihn in Rage zu bringen, aber Julian ließ sich niemals verleiten, zu weit zu gehen. Irgendetwas zu tun, das über ihre Wünsche hinausging. Denn er wollte gern noch ein bisschen weiterleben – selbst wenn er sich manchmal fragte, was an einem Dasein als Marguerites Lustknabe so erstrebenswert war.
Sie schlug die langen, sorgfältig manikürten Nägel in seinen Unterarm. Julian stieß zischend die Luft aus, zerrte ihr die Hände auf den Rücken und fesselte sie mit dem veilchenblauen Seidenschal, der scheinbar zufällig auf dem Tisch gelegen hatte. Die Königin nahm die Unterlippe zwischen die Zähne, was ihrem Gesicht einen schelmischen Ausdruck verlieh, drängte sich ihm entgegen und schloss halb die Lider, als sie kam. Es war nicht das letzte Mal. Marguerite war eine Geliebte mit königlichen Ansprüchen. Sie verlangte nicht nur die wortgetreue Befolgung ihrer Wünsche, sondern ebenso Ausdauer und Stehvermögen.
Als sie Julian schließlich bedeutete, dass er seiner Vasallenpflicht Genüge getan habe, lagen sie beide halb nackt am Boden. Strohhalme klebten an ihren schweißfeuchten Leibern, und die Sommerhitze in Verbindung mit dem schweren Geruch von Körpersäften drohte Julian die Kehle zuzuschnüren.
Er stand auf, zog seine Hosen an, schenkte sich einen Becher Wein ein und leerte ihn in wenigen großen Schlucken. Der Wein war schon lange nicht mehr kühl. Aber er schmeckte herbund erdig und tat ihm wohl. Als Julian absetzte, keuchte er. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen, wandte sich um, lehnte sich an den schweren Tisch und kreuzte die Knöchel.
Gefesselt, mit entblößten Brüsten und aufgelösten Haaren lag Marguerite im Stroh, die Augen geschlossen, ein schläfriges Lächeln auf den Lippen. Wie eine läufige Schäferstochter, dachte er. Aber er dachte es mehr verwundert als angewidert. Ihre Schönheit konnte ihn immer noch rühren. Das Grübchen an ihrem Kinn. Die schmalen Schultern, die zerbrechlich wirkenden Schlüsselbeine. Das seidige, dunkle Haar, die langen, schmalen Finger. Er wusste nicht, was mit ihr passiert war, wie sie zu dem geworden war, was da zu seinen Füßen im Stroh lag, aber manchmal kam ihm der Gedanke, dass all das ein tragischer Irrtum sein musste. Dass Gott sie nicht so erschaffen hatte.
Als sie die Augen aufschlug, verging ihm der leise Anflug von Mitgefühl. Etwas ganz und gar Erbarmungsloses war in diesem Stahlblau.
»Hilf mir auf und bind mich los«, befahl sie.
Er rührte sich nicht sofort. »Was wohl wäre, wenn ich dich so hier liegen ließe …«, überlegte er halblaut, obwohl er wusste, dass sie ihn allein für diese Worte früher oder später
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