Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
nicht, du bistjetzt einer seiner Lords. Also hör auf, dich zu zieren, und reite nach Windsor.«
»Ich will aber nicht.«
»Nein, ich weiß. Tu’s trotzdem. Edmund und Megan werden dich begleiten, vielleicht versüßt dir das den schweren Gang.«
»Edmund und Megan? Warum?«
»Edmund ist der Earl of Richmond und des Königs Bruder. Es wird höchste Zeit, dass er Stellung bezieht, genau wie du. Und Megan will ihren königlichen Cousin um eine Audienz in einer Angelegenheit ersuchen, über die sie sich nichts entlocken lässt. Du weißt ja, wie sie ist.« Er hob kurz die Schultern. »Wie dem auch sei. Dein bequemes Lotterleben ist zu Ende, mein Junge. Du musst dich um Waringham kümmern. Dein fürchterlicher Cousin Robert hat dort zehn Jahre lang gewütet, es gibt viel wiedergutzumachen.«
»Aber ich bin schlimmer als Robert, Sir«, wandte Julian ein.
Tudor runzelte die Stirn. »Wer sagt das?«
»Mein Vater.«
»Es wird höchste Zeit, Julian. Der König will dich als Knappen in seinem Gefolge. Du wirst also aus den Diensten des Earl of Warwick scheiden. Nächste Woche kannst du mich nach Westminster begleiten.«
Julian sah noch genau vor sich, wie sein Vater am Fenster gestanden hatte, hoch aufgerichtet, die Hand auf dem Kaminsims, starr. Lauernd. So als wisse er genau, dass sein Sohn nicht wollte.
»Vielen Dank, Sir, aber ich ziehe es vor, zu bleiben, wo ich bisher war.«
»Was?« Ein ungläubiges Lachen. »Wie kannst du die Ödnis von Warwick dem Hof in Westminster vorziehen?«
»Warwick ist keine Ödnis, sondern der einzige Ort in England, wo man etwas über moderne Waffenkunst lernen kann.«
»Nun, ich muss trotzdem darauf bestehen. Du verlässt den Earl of Warwick, und damit Schluss.«
»Ach ja? Warum?«
»Weil er ein Yorkist ist.«
»Und was, glaubst du, sollte mich das kümmern?«
Sein Vater hatte eine hitzige Antwort heruntergeschluckt – Julian hatte förmlich sehen können, wie er sie hinunterwürgte. Sein Vater war ein besonnener Mann. Vielleicht war dieser Unterschied die größte Kluft zwischen ihnen gewesen.
»Sollte es dir entfallen sein: Der König ist dein Cousin.«
»Ach, hör doch auf! Andauernd betest du mir das vor. Vermutlich, weil der Gedanke dich stolz macht. Aber ich sag dir, mich macht er nicht stolz. Außerdem wollen wir doch nicht vergessen, dass meine Mutter ein Bastard ist und der König ihre Verwandtschaft niemals anerkannt hat. Also soll er jetzt nicht …«
»Lass dir nicht einfallen, deine Mutter zu beleidigen.«
Es klang gefährlich. Julian kannte die warnenden Anzeichen zur Genüge. Trotzdem konterte er : »Ich beleidige sie nicht, ich stelle eine Tatsache fest.«
»Diese Debatte ist beendet. Du kommst nächste Woche mit nach Westminster.«
»Das werde ich nicht tun, Sir. Ich weiß, dass du Warwick misstraust – vermutlich ist es eine liebe alte Gewohnheit, denn den letzten Earl of Warwick konntest du auch nicht ausstehen, stimmt’s? Aber ich werde nicht in den Dienst eines frömmelnden Jämmerlings treten, König oder nicht.«
»Julian!«
»Er ist … so eine Peinlichkeit, ich kann es nicht aushalten, ihn zu sehen. Und ich wünschte … ich wünschte, der Duke of York wäre nicht so verflucht anständig und würde sich die Krone nehmen – die ihm ohnehin zusteht –, um England von dieser Missgeburt auf dem Thron zu erlösen.«
Sein Vater hatte ihn mit der Faust zu Boden geschlagen. Nie zuvor hatte er so etwas getan. Ein ungehemmter, gut platzierter Haken. »Du bist eine Schande für dein Haus, Julian. Schlimmer als Robert.«
Benommen hatte der Junge auf den kalten Steinfliesen gelegenund blinzelnd zu seinem Vater emporgestarrt, der ihn kühl und mit verhaltenem Widerwillen betrachtete wie eine fette, haarige Spinne, sich dann abwandte und ohne Eile den Raum verließ.
Owen Tudor hielt sein Pferd an, saß ab und bedeutete Julian mit einer Geste, es ihm gleichzutun. Nach einem winzigen Zögern glitt der junge Mann aus dem Sattel, stellte sich vor den Freund seines Vaters und sah ihm herausfordernd in die Augen. »Er hat es gesagt!«
»Lass mich dir etwas über deinen Vater erklären, mein Junge.«
Julian verschränkte die Arme. »Nein, vielen Dank.«
»Du bist nicht wie dein Cousin Robert. Und das hat dein Vater gewusst. Aber deine Weigerung, in König Henrys Dienst zu treten, hat ihn sehr gekränkt. Väter wünschen sich immer, dass Söhne in ihre Fußstapfen treten und ihr Lebenswerk fortführen. Vielleicht bilden sie sich ein, der
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