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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Sterblichkeit so ein Schnippchen zu schlagen, ich weiß es nicht.«
    »Aber Ihr habt Edmund und Jasper und Owen nie irgendwelche Vorschriften gemacht«, wandte Julian ein. »Ihr habt nie verlangt, dass sie so werden wie Ihr.«
    Tudor hob mit einem wehmütigen kleinen Lächeln die Schultern. »Das liegt daran, dass ich kein Lebenswerk erschaffen habe, das ich ihnen aufdrängen könnte. Aber wie dem auch sei, Julian, dein Vater hat dich geliebt.« Hastig und verlegen wandte der junge Mann den Kopf ab, aber Tudor fuhr unbeirrt fort. »Sei versichert, er hat unter eurem Zerwürfnis weit mehr gelitten als du.«
    »Das könnt Ihr überhaupt nicht wissen.«
    »Beinah seine letzten Worte galten dir: Er sendet dir seinen Segen und bittet dich um Vergebung.«
    Kopfschüttelnd nahm Julian Dädalus’ Zügel in die Rechte und fuhr dem Hengst sacht über die Nüstern. »Tut mir leid, aber das kann ich nicht glauben.«
    »Dann lass uns nach Waringham reiten, ich werde die Handauf seinen Grabstein legen und dir schwören, dass er es gesagt hat.«
    Julian schaute auf. Seine Miene spiegelte Skepsis und bange Hoffnung.
    »Du kannst wetten, dass ihm das nicht leicht gefallen ist«, fuhr Tudor fort. »Einzugestehen, dass er Unrecht hatte, war nie seine Stärke. Aber es ist das Privileg der Sterbenden, reinen Tisch zu machen.«
    Julians Adamsapfel arbeitete. Dann lachte er ein wenig zittrig, bohrte die Stiefelspitze ins Gras und sagte: »Ihr legt es drauf an, mich heulen zu sehen, was?«
    Tudor lächelte und legte ihm für einen Augenblick die Hand auf die Schulter. »Ich habe so viele Tränen um John of Waringham vergossen, dass es für uns beide reicht«, gestand er unverblümt.
    Sie nahmen die Pferde an den Zügeln, gingen ein Stück zu Fuß, und nach einer Weile fragte Tudor: »Denkst du, du hältst es aus, wenn ich dir noch einen Rat gebe?«
    Julian seufzte. »Da ich Euch nicht davonreiten kann, wird mir kaum etwas anderes übrig bleiben.«
    »Stimmt.«
    »Also?«
    »Der König wird dich zum Ritter schlagen, wenn du zu ihm kommst, aber er wird dir einen Vormund vor die Nase setzen, bis du einundzwanzig bist.«
    »Oh Schande …«
    »Ich weiß, dass du den Duke of York insgeheim bewunderst und ihn vielleicht gern als Vormund hättest, um ein Band für die Zukunft zu knüpfen. Aber wenn der König ihn vorschlägt, solltest du ein betretenes Gesicht machen und ihn artig bitten, jemand anderen zu wählen, dessen Name nicht mit dem Tod deines Vaters in Verbindung steht. Henry wird dir die Bitte nicht abschlagen. Er ist ein herzensguter Mensch.«
    »Aber wieso soll ich ihn darum bitten?«
    »Weil es gesünder für dich ist, so viel Abstand wie möglich zwischen dich und Richard of York zu bringen. Du pfeifst vielleichtauf den Tropfen Lancaster-Blut in deinen Adern, aber sei versichert, York tut das nicht.«

Windsor, Juni 1455
    »Julian of Waringham, mein König«, meldete der Offizier der Wache.
    Auf sein Nicken betrat Julian das geräumige Gemach. Seine Schritte auf den Steinfliesen kamen ihm unnatürlich laut vor. Mit gesenktem Blick blieb er vor dem Sessel am Fenster stehen, riss sich mit der Linken fahrig den Samthut vom Kopf und sank auf ein Knie. »Sire.«
    Er bekam keine Antwort.
    Julian verharrte reglos und überlegte fieberhaft, ob er noch mehr sagen sollte. Und wenn ja, was. Nervös befeuchtete er sich die Lippen.
    Dann endlich sprach König Henry: »Erhebt Euch, Waringham.« Seine Stimme klang leise. So als sei er erschöpft.
    Julian kam auf die Füße.
    »Wollt Ihr mich denn gar nicht ansehen?«, fragte Henry.
    Julians Kopf ruckte hoch. »Ich dachte, es gehört sich nicht.«
    Für einen winzigen Moment lächelte der König. Aber sogleich verzogen die Mundwinkel sich wieder nach unten – ihre gewohnte Stellung, so schien es. Henrys dunkle Augen waren ein wenig gerötet, als habe er zu lange bei Kerzenlicht gelesen, und halb von den schweren Lidern verdeckt. Dennoch entdeckte Julian in diesen Augen eine Ähnlichkeit mit seiner Mutter und seiner Zwillingsschwester, und das bestürzte ihn.
    »Lasst mich Euch mein tief empfundenes Beileid zum Tod Eures Vaters und Cousins aussprechen, mein junger Freund«, sagte Henry. »Es muss ein schwerer Schlag für Euch sein. Und nun lastet eine große Verantwortung auf Euren Schultern.«
    Julian neigte den Kopf wieder ein wenig, dankbar, nicht länger in diese melancholischen Augen blicken zu müssen. »Danke,Sire. Ich nehme an, Euch hat der Tod meines Vaters kaum weniger hart getroffen als

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