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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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begreifen kann. Alles scheint in ständiger Bewegung. Nichts ist mehr unumstößlich. Sei nicht zu hart in deinem Urteil über deinen Vater, mein Junge.«
    »Das sagt ausgerechnet Ihr? Der unerschütterlichste aller Lancastrianer?«
    Julian lächelte schwach. »Du solltest nicht alles glauben, wasman dir erzählt. Ich bin Lancastrianer, richtig. Aber ich bin alles andere als unerschütterlich. Ich gebe zu, dass ich deinem Onkel keine Träne nachweinen werde, aber ich kann durchaus verstehen, warum ein Mann dem Earl of Warwick in ein verrücktes Abenteuer folgt. Warwick übt große Macht über andere Menschen aus. Manchmal auch über mich.«
    »Ihr seid … sehr freimütig, Mylord«, bemerkte der Junge unbehaglich.
    Julian nickte. »Ich glaube, die Zeit der schönen Lügen ist für uns alle endgültig vorbei.«
     
    Der Earl of Warwick und sein trinkfreudiger Schwiegersohn, der Duke of Clarence, hatten die Ordnung im Lande nicht lange aufrechterhalten können, nachdem sie ihren König gefangen gesetzt hatten. Schnell hatte Warwick feststellen müssen, dass er nicht so viel Unterstützung unter Lords und Rittern besaß wie erhofft. Sie hatten stillgehalten, bis er die verhasste Sippschaft der Königin aus dem Wege geräumt hatte – wenigstens teilweise –, aber nachdem dieser ewige Zankapfel zwischen Krone und Adel beseitigt war, schien niemand mehr sonderlich geneigt, Warwicks Macht zu stützen.
    Schon Mitte September hatte König Edward seinen »Besuch« in Middleham Castle beendet, und niemand hatte gewagt, ihn dort festzuhalten. In Pontefract hatte er seine Vertrauten um sich geschart: seinen jüngeren Bruder Richard of Gloucester, der unbeirrbar zu ihm stand, Julians Schwager William Hastings, die Earls of Arundel und Essex und viele andere, und Mitte Oktober residierte Edward wieder in Westminster, als sei nichts gewesen. Auf Betreiben seiner Mutter, der Duchess of York, hatte er sich zu einer Aussprache mit seinem Bruder Clarence und mit Warwick getroffen und ihnen offiziell verziehen, aber hinter den Kulissen rangen sie weiter um die Vorherrschaft.
    Wieder hatte Warwick versucht, die Macht des Königs zu destabilisieren, indem er Unrast im Land schürte.
    »Der Earl of Warwick stiftete meinen Vater, meinen Onkelund deren Vater zur Revolte gegen den König an, Mylord«, begann Mortimer, nachdem er ungefähr eine halbe Gans und einen Laib Brot, die die alte Berit ihm gebracht hatte, in beispiellos kurzer Zeit verschlungen hatte. »Sie riefen die Männer von Lincolnshire zu den Waffen und verbreiteten Lügen über den König. Bald führten sie eine beachtliche Armee an. Der König war in Bedrängnis, denn er hat ja derzeit keine große Truppe, doch der Earl of Warwick und der Duke of Clarence schickten ihm Nachricht, dass sie ihm Verstärkung bringen wollten.«
    Julian hielt den Atem an. »Bitte sag, dass Edward ihnen nicht glaubte.«
    Mortimer schlug die Augen nieder. »Doch, Mylord. Genau das tat er, und Warwick und Clarence hoben weitere Truppen aus. Doch dann wurde Baron Welles, mein Großvater, gefangen genommen, und mein Onkel Robert beschloss, den König sofort anzugreifen – nicht auf Warwick und Clarence zu warten –, um seinen Vater zu befreien, ehe der die Pläne der Rebellen ausplaudern konnte. Der König ließ meinen Großvater vor seiner versammelten Truppe enthaupten, und dann vernichtete er die Armee meines Onkels fast bis auf den letzten Mann.« Mortimer sprach sachlich, aber seine Stimme wurde ein wenig brüchig.
    Julian gab vor, es nicht zu bemerken. »Edward ist ein hervorragender Soldat«, sagte er. »Viele tapfere und kampferprobte Lancastrianer haben das leidvoll erfahren müssen.«
    Mortimers Gesicht zeigte keine Regung. »Und obendrein hat er eine hervorragende Artillerie. Mein Vater und Onkel fielen beide. Bei einem ihrer Männer fanden die königlichen Truppen Depeschen des Duke of Clarence an meinen Onkel. So erfuhr der König, dass sein Bruder und Warwick ihn schon wieder betrogen hatten. Er schickte ihnen Nachricht und befahl ihnen, auf der Stelle vor ihm zu erscheinen. Aber das taten sie nicht. Niemand scheint zu wissen, wo sie sind. Es ist, als hätte die Erde sich aufgetan und sie verschluckt.« Mortimer hob die Schultern. »Das ist alles, was ich weiß, Mylord.«
    Julian nickte versonnen. Dann sagte er: »Ich denke, wir sollten lieber nicht darauf hoffen, dass der Erdboden sie verschluckt hat. Vermutlich sind sie nach Calais geflohen.«
    »Calais?«, fragten Mortimer und Kate

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