Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Mann verlangen konnte, seiner Frau immer treu zu sein; in der Hinsicht predigten die Pfaffen an der Wirklichkeit vorbei. Aber es war eine Sache, sich weit weg von zu Hause in fremden Betten zu vergnügen, eine völlig andere, seine Gemahlin zwei Türen weiter mit der Königin von England zu betrügen.
Er trat zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Würdest du uns entschuldigen?« Er gab sich Mühe, den rüden Rauswurf mit einem Lächeln zu versüßen.
»Natürlich«, antwortete sie, den Blick gesenkt, und stand auf.
»Mortimer?«
»Mylord?« Julians neuer Knappe, der am Tisch gesessen und in einem Buch geblättert hatte, erhob sich schleunigst.
»Sei so gut und geleite Lady Janet zu unserem Quartier.«
Mortimer nickte und trat zu ihr.
»Danke, aber ich denke, ich finde den Weg allein«, wehrte Janet ab.
Julian schüttelte den Kopf. »Ich muss darauf bestehen. Diese Burg ist schlimmer als ein Irrgarten. Du verläufst dich doch schon in Waringham. Hier kämst du uns wahrscheinlich abhanden, und das würde ich mir niemals verzeihen.«
Sie warf ihm einen Blick zu. Verstohlen und so blitzschnell, dass weder Jasper noch Mortimer es sahen, aber lang genug, dass Julian ihn verstand: Diese Schlacht gewinnst du, aber der Krieg ist noch nicht vorüber , sagte dieser Blick. Julian lachte in sich hinein, während er die Tür hinter seiner Frau und seinem Knappen schloss.
»Wieso hast du sie mit hergebracht, wenn du ihr nicht traust?«, fragte Jasper.
Julian setzte sich ihm gegenüber in den Sessel, aus welchem er seine Gemahlin vertrieben hatte. »Gerade deswegen. Sie hat in Waringham zu viel gehört und gesehen. Ich hatte die Wahl, sie dort in ein Verlies zu sperren oder mitzunehmen, sodass ich sie im Auge behalten kann und sie weit weg von Westminster ist.«
»Denkst du wirklich, sie hätte unsere Pläne an ihren Bruder oder an Edward verraten? Ich meine … sie ist so ein sanftes Reh.«
Julian schüttelte den Kopf. »Das sanfte Reh ist ihre Fassade. Janet ist gerissen, unerschrocken und listenreich. Man tut gut daran, sie nicht zu unterschätzen.«
»Aber sie ist deine Frau.«, protestierte Jasper. »Und es ist unschwer zu erkennen, dass sie dich anhimmelt und …« Er winkte ab. »Entschuldige, Julian. Das alles geht mich überhaupt nichts an.«
Julian nickte und rieb sich mit der flachen Hand die Stirn. »Es ist … nicht ganz einfach, einem anderen Menschen begreiflich zu machen, wie es ist, das eheliche Bett mit einer Yorkistin zu teilen. Sie himmelt mich nicht an, weißt du. Sie ist mir gewogen. Sie ist die Mutter meiner Kinder. Und ich gebe zu, sie ist mir teuer. Wir sind ein gutes Paar, schätze ich. Und wir haben uns gegenseitig dazu erzogen, auch den Standpunkt des anderen zu dulden.« Er dachte einen Moment nach und fuhr dann fort: »Solange Edward die Macht besaß und ich mich lediglich am relativ aussichtslosen Kampf des lancastrianischen Widerstands beteiligte, haben meine Frau und ich einen Waffenstillstand gehalten. Das hat offenbar dazu geführt, dass sie sich eingeredet hat, ich hätte mich mit einem York auf dem Thron abgefunden. Darum ist sie erschüttert über das, was ich jetzt tue. Und wütend. Ich bin nicht sicher, ob sie so weit gegangen wäre, unsere Pläne an Edward zu verraten. Aber ich halte es durchaus für möglich. Das Risiko war viel zu hoch.«
»Das klingt, als dürfte man sie eigentlich keinen Moment aus den Augen lassen.«
»Mortimer weiß, was er zu tun hat.«
»Aber sein Vater war Yorkist.«
Julian winkte ab. »Sein Vater war bis zum letzten Blutstropfen Warwicks Mann. Und Mortimer ist ein anständiger Junge. Auf ihn ist Verlass.«
Jasper nickte und wechselte das Thema. »Glaubst du wirklich, Marguerite wird sich mit Warwick aussöhnen? Das ist unvorstellbar.«
»Nicht aus vollen Herzen, aber wie gesagt, sie sieht die Notwendigkeit ein.«
»Und sie wird es sich nicht im letzten Moment anders überlegen?«
Julian schüttelte den Kopf.
»Wenn doch, dreh ich ihr den Hals um«, knurrte Jasper Tudor. Er war nach Angers gekommen, um seinen nicht unbeträchtlichen Einfluss für das Zweckbündnis zwischen Marguerite und Warwick in die Waagschale zu werfen. Und er hatte gute Neuigkeiten aus Wales mitgebracht: Nach Black Will Herberts Fall war die yorkistische Macht in Wales zerschmolzen, und Tausende der berühmten walisischen Bogenschützen standen bereit, um für Lancaster ins Feld zu ziehen. Aber Jasper hatte aus der Vergangenheit gelernt. Er gedachte nicht,
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