Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Edward of March je wieder zu unterschätzen und eine Niederlage wie die von Mortimer’s Cross noch einmal zu erleben. Der eigentliche Grund, der ihn nach Angers geführt hatte, war, König Louis von Frankreich eine Armee für Marguerite abzuschwatzen.
»Was denkst du, wann Warwick herkommen wird?«, fragte er Julian.
Der hob vielsagend die Schultern. »Sobald er seinen Mut gesammelt hat.«
Sie lachten leise, nicht ohne Schadenfreude.
»Ich schätze, alles wird jetzt sehr schnell gehen«, fuhr Julian dann fort. »Wenn wir trödeln, spielen wir Edward in die Hände.Er wird bald genug herausfinden, dass Warwick die Seiten gewechselt hat. Je weniger Zeit ihm bleibt, sich zu wappnen, desto besser.«
»Das ist wahr. Also sollte ich meinem Cousin Louis wohl lieber einen Boten schicken und ihn bitten, seinen königlichen Hintern hierherzubewegen.«
»Tu das. Aber vorher sag mir: Wie geht es Blanche und den Kindern? Und Richmond?«
Jaspers Miene hellte sich auf. »Gut«, antwortete er, und es klang untypisch zufrieden. »Die Ruhe und die Beschaulichkeit von Penmynydd tun ihnen allen wohl. Es ist das erste Mal seit unserer Flucht aus Pembroke vor beinah zehn Jahren, dass deine Schwester sich sicher fühlen und ein normales Leben führen kann. Sie behauptet immer, unser Banditendasein mache ihr nichts aus, aber ich sehe, wie sie auflebt. Und den Kindern geht es genauso. Anglesey ist … wie ein Stück vom Paradies. Der beste Ort, um alle Mühsal und allen Kummer zu vergessen.«
Julian war erstaunt. Er hatte nicht geahnt, dass ein Schwärmer in Jasper Tudor steckte. »Dann ist es gewiss der richtige Ort für Richmond«, bemerkte er.
»So ist es.« Ein Lächeln huschte über Jaspers Gesicht und glättete die gefurchte Stirn. »Er ist ein großartiger Junge. Ich wünschte, du könntest nach Wales kommen und ihn kennen lernen. Ich weiß, du würdest Edmund in ihm wiederentdecken.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie gern ich das täte«, erwiderte Julian beinah mit so etwas wie Sehnsucht.
»Richmond ist ein stilles Wasser. Er neigt dazu, sich zurückzuziehen. Ich schätze, es gibt einfach eine Menge, worüber er nachdenken muss, ehe er es hinter sich lassen kann. Es waren keine leichten Jahre, die er als Black Will Herberts Geisel verlebt hat.«
»Nein, darauf wette ich.«
»Herbert hat ihn sorgfältig ausgebildet, das muss man ihm lassen. Der Junge hat vollendete Manieren, ist belesen und ein guter Schwertkämpfer und Jäger. Ausdauernd. Hart im Nehmen. Ein Mordskerl. Aber was ihm gefehlt hat, ist …«
Jasper wusste offenbar nicht so recht weiter. Doch Julian nickte. Er verstand auch so, was Tudor meinte: Nestwärme hatte dem Jungen gefehlt. All die Dinge, die Janet gern mit Wörtern wie »Liebe« und »Zuwendung« beschrieb. Zu viel davon schadete einem Knaben – was anscheinend keine Frau je begreifen konnte –, aber Richmond war zu klein gewesen, um darauf zu verzichten, als er in Herberts Haushalt gekommen war, und hatte doch irgendwie lernen müssen, ohne sie auszukommen.
»Blanche meint, er sei zu ernst. Ständig hetzt sie ihm unseren Owen auf den Hals, der seinen großen Cousin mit tiefster Heldenverehrung betrachtet und ihm auf Schritt und Tritt folgt wie ein Schatten.« Jasper grinste flüchtig. »Natürlich geht er ihm damit auf die Nerven, aber es ist typisch, wie geduldig Richmond mit ihm zum Fischen und Schwimmen und Jagen geht. Um Owen und Blanche eine Freude zu machen, nicht etwa, weil er es will. Blanche denkt, Owen könne ihm beibringen, ein normales, unbeschwertes Kind zu sein, aber …« Wieder brach er unsicher ab.
»Er ist kein Kind mehr«, wandte Julian ungeduldig ein. »Richmond ist an St. Agnes dreizehn Jahre alt geworden, Herrgott noch mal …«
»Du kennst seinen Geburtstag?«, fragte Jasper verblüfft.
Julian nickte und verriet ihm nicht, dass in den vergangenen neun Jahren kein Tag vergangen war, da er nicht an Richmond gedacht und um ihn gebangt hatte. Dass er von dem Moment an, da Richmond den Yorkisten in die Hände gefallen war, immer das Gefühl gehabt hatte, nicht genug zu tun, um sein Versprechen an Edmund Tudor zu erfüllen.
»Richmond brennt darauf, mit mir gegen die Yorkisten in den Krieg zu ziehen«, berichtete Jasper mit unverhohlenem Stolz. »Für seinen Onkel Lancaster.«
»Und ich nehme an, meine Schwester ist von der Idee nicht sonderlich angetan?«
»So kann man es auch ausdrücken«, räumte Jasper trocken ein. »Aber zumindest in diesem Punkt stimme ich ihr
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