Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
rechtmäßigen halte und der dir immer ein Freund war …«
»Von der Kleinigkeit unserer Hochzeit und deren Hintergründen einmal großmütig abgesehen.«
»… nicht genug, dass du in Kauf nimmst, ihn, meine Brüder und meine Freunde zu töten. Nein, du fädelst eine Versöhnung zwischen Warwick und diesem gottlosen französischen Luder ein und steigst in ihr Bett! Das ist Verrat auf zu vielen Ebenen. Ich liebe dich, aber verziehen habe ich dir nicht.«
»Aber warum nicht?«, fragte er verständnislos.
»Ich dachte, das hätte ich dir gerade erklärt.«
Julian winkte ungeduldig ab. »Du bist eine großzügige, vernünftige Frau. Dein anhaltender Groll erscheint mir so unglaubwürdig wie dir offenbar meine Reue.«
Janet antwortete nicht sofort. Sie wusste selbst, dass sie kein Recht hatte, so gekränkt zu sein. Natürlich verlangte die Kirche eheliche Treue von Frauen und Männern gleichermaßen, aber kein vernünftiger Mensch erwartete von einem Mann von Stand, dass er diese Forderung ernster nahm als ein Bischof sein Keuschheitsgelübde. Trotzdem hatte sie geglaubt, Julian sei anders. Vielleicht, weil die Leute in Waringham ihr erzählt hatten, wie sein Vater gewesen war. Vielleicht, weil sie es um jeden Preis glauben wollte . Ihr erster Gemahl, Jeremy Bellcote, war ihr mit höflicher Gleichgültigkeit begegnet und hatte mehr Interesse am Gedeihen seiner Schafherden als an seiner Frau gezeigt. Als junge Witwe war sie in König Edwards Fänge geraten, der ihr das Gefühl gegeben hatte, eine Hure zu sein. Fast hätte sie sich daran gewöhnt, ohne Selbstachtung zu leben. Es war qualvoll, aber man starb nicht daran, wie sie zuerst gedacht hatte. Dann hatte man sie mit Julian of Waringham verheiratet, und alles hatte sich geändert.
»Weil du mir etwas gegeben und es mir dann wieder weggenommen hast, schätze ich«, sagte sie schließlich langsam, ließ sich auf die Bettkante sinken und sah auf ihren Rock hinab. »Das ist der wahre Grund.«
»Und was soll das sein?«, fragte er.
»Es ist schwer zu benennen. Frieden? Meinen Platz in der Welt? Ich bin nicht ganz sicher. Jedenfalls wünschte ich, ich hätte es nie gehabt.«
Julian betrachtete sie beklommen. Es machte ihm zu schaffen, dass er ihr etwas so Bedeutsames gegeben und dann wieder genommen hatte. Er hatte nicht gewusst, wie viel Macht er über seine Frau besaß. Er setzte sich neben sie. »Janet, nichts zwischen uns hat sich geändert«, beteuerte er hilflos.
»Nein, ich weiß. Es ist, wie es immer war. Ich habe mir etwas vorgemacht, und jetzt sind mir die Augen geöffnet. Ich werde mich daran gewöhnen, keine Bange. Aber es dauert eben ein Weilchen. Vermutlich habe ich als Mädchen zu viele Ritterromanzen gelesen. Ich dachte …« Sie lachte verlegen. »Ich dachte, du und ich … Ich meine …«
Julian legte hastig einen Finger auf ihre Lippen. »Du hast dich nicht getäuscht«, erwiderte er. »Aber lass uns nicht davon sprechen.«
»Warum nicht?«, fragte sie verständnislos.
»Weil ich nicht kann.«
»Das ist mir schon aufgefallen«, gab sie ein wenig verdrossen zurück.
»Es ist … ein Gelübde«, erklärte er und wandte den Blick ab.
»Was für ein törichtes Gelübde soll das sein?«
Julian hatte gewusst, dass er einen Preis würde bezahlen müssen. Dass er Janet etwas geben musste, um sich ihr zu beweisen und um seine Frau so zu versöhnen. Dass es ausgerechnet seine schmachvollste Erinnerung sein würde, erschütterte ihn, erfüllte ihn mit elender Scham und machte ihn wütend. Aber das war es vermutlich, was ein echtes Opfer einem abverlangte. Also erzählte er Janet von seiner unglücklichen Liebe zu Warwicks Gemahlin und deren Folgen. Er sah ihr nicht in die Augen dabei, erzählte in spöttischem Ton, die linke Braue hochgezogen.
Aber Janet machte er natürlich nichts vor. Sie sah, wie er sich quälte, und es befriedigte ihr Bedürfnis nach Rache. Sie bedauerte den unglücklichen Knaben, der er gewesen war. Und schließlich verführte sie den Mann, der aus ihm geworden war, um ihm zu beweisen, dass es zumindest eine Frau in England gab, die ihn wollte.
Westminster, Oktober 1470
Der Earl of Warwick
wirkte ein Wunder und brachte den verdutzten, unwilligen und händeringenden Henry of Lancaster zurück auf den Thron, ohne eine einzige Schlacht zu schlagen.
Am 13. September war Warwick mit Jasper Tudor, dem Earl of Oxford, dem Duke of Clarence und der französischenFlotte in Dartmouth und Plymouth gelandet. Wie verabredet, war
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