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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Jasper umgehend nach Wales weitergezogen, um dort weitere Truppen um sich zu scharen, während Warwick mit den französischen Söldnern nach Norden zog. König Edward weilte in Yorkshire, und Warwick wollte ihn schnellstmöglich zur Schlacht zwingen, ehe Edward ein yorkistisches Heer aufstellen konnte.
    Anders als vor einem Jahr fand Warwick wachsenden Zustrom und Rückhalt im Land, denn dieses Mal war er ja nicht ausgezogen, einen König ersatzlos zu entmachten, sondern um »den Rebellen und Feind Edward, einstmals Earl of March, niederzuwerfen«, wie eine Proklamation besagte, »der ein Usurpator und Unterdrücker ist und sich in sträflicher Weise gegen das englische Volk, gegen Adel und den einzig wahren König von Gottes Gnaden erhoben« habe.
    England staunte. Aber Warwick zog wie ein Wirbelsturm über das Land hinweg und riss alle mit sich, ehe sie so recht Zeit fanden, darüber nachzudenken. Auch die schlechte Ernte spielte ihm in die Hände. Ritter und Landadel hatten hohe Einbußen bei den Pachteinnahmen hinnehmen müssen, und Warwick brachte das Gerücht in Umlauf, Edward plane eine hohe Sondersteuer zur Finanzierung eines neuen Krieges gegen Frankreich. Davon wollten die kleinen Leute nichts hören. Sie hatten genug vom Krieg – dies- und jenseits des Kanals –, und plötzlich waren die Wirtshäuser voll standhafter Lancastrianer, die verkündeten, sie seien immer schon der Auffassung gewesen, Henry sei der einzig wahre König und Edward ein Thronräuber.
    Der fragliche Thronräuber verfiel nicht in Lethargie und Schwermut wie im Jahr zuvor, sondern reagierte rasch und besonnen. Er sammelte seine Getreuen um sich und zog Warwick entgegen, zuversichtlich, dass er ihn schlagen konnte, denn – das wussten sie alle – auf dem Feld konnte niemand Edward das Wasser reichen. Doch dann zauberte Warwick seinen letzten Trumpf aus dem Ärmel: Sein jüngster Bruder John Neville, Lord Montague, der bislang unerschütterlich zuEdward und dem Hause York gestanden hatte, zog mit einer Armee nach Süden, um, so glaubten die Yorkisten, Edward zur Hilfe zu eilen. In Sichtweite von Warwicks Armee stellte Edward seine Truppen auf und wartete auf die Verstärkung, als ein Späher ihm die furchtbare Nachricht brachte: Montague war zu den Lancastrianern übergelaufen. Edward saß in der Falle zwischen zwei feindlichen Armeen, deren zahlenmäßige Überlegenheit selbst ihm jede Zuversicht raubte. Er floh nach Osten, nur begleitet von seinem Bruder Gloucester, seinem Schwager Rivers, Lord Hastings und einer kleinen Schar treuer Ritter. In King’s Lynn gingen sie am zweiten Oktober an Bord eines Schiffes und segelten nach Burgund zu Edwards Schwager, Herzog Charles. Und Edward musste dem Kapitän seinen pelzgefütterten Mantel geben, um für ihre Überfahrt zu zahlen, wurde erzählt.
     
    »Armes Schwein«, murmelte Julian unbehaglich vor sich hin.
    »Jetzt fang bloß nicht an zu heulen, Mylord«, schalt Lucas. »Haben wir, was wir wollten, oder nicht?«
    Julian nickte und schaute sich missmutig um. Der Innenhof der weitläufigen Palastanlage von Westminster lag wie ausgestorben. Hier und da sah man noch einen Schreiber, einen Priester oder eine Magd von Tür zu Tür huschen, doch der Hof als solcher hatte sich aufgelöst. Wer nicht mit Edward nach Norden gezogen war, hatte sich aus Westminster verdrückt, als der Earl of Waringham mit den Männern von Kent und der Earl of Warwick mit seiner Söldnerarmee auf London marschierten.
    »Und was genau machen wir nun hier?«, fragte Lucas und zog fröstelnd die Schultern hoch. Es war ein sonniger, fast noch spätsommerlicher Tag gewesen, aber nun wurden die Schatten lang, und der kühle Wind kündete vom nahenden Herbst.
    »Du hast Warwick gehört«, antwortete Julian. »Er holt den König aus dem Tower und bringt ihn her, und wir sollen alles für seine Ankunft vorbereiten.«
    »Das hab ich in der Tat gehört, Onkel, denn ich bin ja nichttaub wie unser Frederic«, erklärte Lucas geduldig. »Doch sag an: Wie macht man das? Was zum Henker ist zu tun, wenn der eine König vertrieben und sein Vorgänger aus der Mottenkiste gekramt wird?«
    Tristan Fitzalan bedachte ihn mit einem kummervollen Kopfschütteln, aber Julian hatte wie üblich Mühe, den gebotenen Ernst an den Tag zu legen. »Tja«, machte er ein wenig ratlos. »Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Der Chamberlain und alle übrigen Beamten des königlichen Haushalts sind verschwunden.« Er dachte einen Moment nach.

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