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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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»Sie wollte ja nicht auf mich hören.« Trotzdem bedauerte er Anne. Er hatte nicht vergessen, was für ein hinreißendes Kind sie gewesen war und wie sehr sie ihn an seine Schwester Blanche erinnert hatte. Wie so viele Frauen ihrer Klasse war Anne Neville zum Spielball politischer Ereignisse geworden. Warwick hatte sie dazu gemacht, als er sie mit Prinz Edouard verheiratete, und Julian hatte nichts unternommen, um es zu verhindern. »Wieso bekümmert ihr Schicksal dich?«, fragte er seinen Neffen. »Du kennst sie doch gar nicht.«
    »Ich bin ihr Cousin«, erklärte Roland.
    Sind wir das nicht alle, dachte Julian. »Ich könnte dir aus dem Stegreif ein Dutzend Cousinen nennen, die dein Mitgefühl eher verdient hätten, Witwen gefallener oder ermordeter Lancastrianer, die in Armut leben und in ständiger Angst um die Zukunft ihrer Kinder. Anne Neville hingegen hat den Mann, den sie unbedingt wollte, und ihr Söhnchen lebt in Überfluss und Sicherheit.«
    Roland seufzte. »Du hast Recht«, gestand er. »Aber du bedauerst sie ja selbst.«
    Julian wechselte das Thema. »Wo wir gerade von unglücklichen Frauen reden, wo ist Alice denn eigentlich?«
    »Im Dorf, nehme ich an. Heute ist schließlich Walpurgisnacht, da wird gefeiert.«
    »Hm. Ich wäre erleichtert, wenn sie in Feierlaune ist, aber es gehört sich nicht, dass sie sich allein unter Bauern rumtreibt.«
    »Edmund ist bei ihr. Sei unbesorgt. Devereux geht nie zu Dorffesten, und er würde sie so oder so nicht erkennen. Wenn du mir deine Tochter hier lässt, kann ich sie ohnehin nicht ewig auf dem Gestüt einsperren.«
    »Wie kommst du auf so einen Gedanken?«, entgegnete Julian. »Ich bringe sie zu Megan Beaufort.«
    »Das würde ich mir an deiner Stelle noch mal gut überlegen«, gab Roland mit dem ihm eigenen Mangel an Respekt zurück.
    »Ah ja?« Julian war eher amüsiert als verärgert. »Denk nur, das hab ich bereits getan. Megan wird sie auf andere Gedanken bringen. Ihre Ausgeglichenheit und Heiterkeit werden Alice gut tun, da bin ich sicher.«
    »Und darauf, dass Lady Megan unter den neuen Machtverhältnissen selbst in Gefahr geraten könnte, kommst du nicht, wie?«, konterte sein Neffe.
    Julian schüttelte den Kopf. »Niemals. Schließlich hat sie Lord Stanley geheiratet. Alle Lancastrianer haben sie verflucht und eine Verräterin genannt, aber wie immer wusste Megan, was sie tat. Der Gemahlin des Lord Steward des königlichen Haushalts kann nicht einmal Richard of Gloucester gefährlich werden, würde ich sagen.«
    Roland lächelte unfroh. »Dann hoffe ich, Gott hört dir zu, Onkel.«
     
    Der Abend war windig, aber trocken, und als das mächtige Maifeuer auf dem Dorfanger ein wenig heruntergebrannt war, schien ein dreiviertel voller Mond, vor welchem dann und wann ein paar Wolken vorbeizogen wie silbrige Segel. In großen und kleinen Gruppen standen die Bauern um das Feuer herum, redeten und lachten, und die jungen Burschen und Mädchen waren am Tain entlang in den Wald gezogen, die einen an diesem, die anderen am jenseitigen Ufer. Über das plätschernde Flüsschen hinweg sangen sie sich gegenseitig Lieder mit immer wagemutigeren, zweideutigeren Versen vor. Im Schutz des Waldes würden die jungen Männer den Tain überqueren, um den Mädchen ihre Kränze aus Frühlingsblumen zu rauben, erklärte Edmund seiner Schwester. »Und hoffentlich nichts sonst«, fügte er mit einem Grinsen hinzu.
    Alice war nicht entgangen, dass so manche Mutter den entschwindenden jungen Leuten mit besorgter Miene nachschaute.»Ich bin verwundert, dass der Dorfpfarrer es duldet«, bemerkte sie.
    »Es ist eine uralte Tradition«, erwiderte Edmund achselzuckend. »Wenn Vater Michael es verbieten würde, täten sie es vermutlich heimlich. Und es ist harmlos. Ich hab noch nie gehört, dass irgendwas passiert wäre.« Er hob die Hand und winkte einem untersetzten Mann zu, der vorbeikam. »Der Sattler«, raunte er seiner Schwester zu. »Wichtiger Mann im Dorf.«
    Alice nickte. Sie beneidete ihren Bruder ein wenig darum, dass er ihren Vater seit fünf Jahren immer nach England begleitet hatte und sich in Waringham offensichtlich heimisch fühlte. Sie selbst hatte nur sehr verschwommene Erinnerungen an diesen Ort, den die Yorkisten ihnen vor so langer Zeit gestohlen hatten.
    »Ich werde vor Einsamkeit eingehen, wenn er mich hierlässt«, sagte sie leise.
    »Hat er das denn vor?«, fragte Edmund erstaunt.
    »Ich weiß es nicht. Er hat mir nicht gesagt, was aus mir werden soll.«
    »Was

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