Das Spiel der Nachtigall
nicht überall diese Schwaben und Bayern in den großen Ämtern und Würden, sondern ehrliche Leute vom Rhein, Westphalen oder Sachsen!«
»Hört, hört«, wurde zustimmend gebrummt.
»Dieser Bischof von Passau, der mit auf den Kreuzzug gegangen ist, der soll versucht haben, unserem Adolf das Recht auf die Königskrönung abzusprechen. So weit ist es schon gekommen! Und Patriarch will der Passauer auch noch werden, vielleicht sogar Papst. Ha, aber daraus wird nichts, nicht jetzt, wo ein redlicher Mann aus dem Westen König wird«, schloss ein Kölner. Ein Sachse aus der Gegend von Braunschweig bemerkte kühl, ein redlicher Mann aus dem Norden sei weit besser geeignet, und nur weil der Herzog von Zähringen mehr Geld als der Herzog von Sachsen habe, mache ihn das noch lange nicht zu einem guten König. »Wer ist denn ins Heilige Land gezogen, um dort für die Sache Christi zu streiten, der Herzog von Zähringen etwa? Nein, der Herzog von Sachsen! Das ist kein Drückeberger, der lieber sein eigenes Geld zählt.«
»Da es unser Geld ist, das der neue König zählen wird«, entgegnete der Kölner, »wäre mir ein Herzog mit Vermögen in der Tat lieber als einer, der sofort Steuern erheben wird, um all das geliehene Geld für seine Wahl bei den Pfeffersäcken wieder zurückzahlen zu können.«
Damit stand er nicht alleine. Walther fragte sich unwillkürlich, ob er selbst eine Meinung hatte, die über den Wunsch hinausging, bezahlt und geschätzt zu werden. Ein neuer König musste her, ja, und wenn er an die zerstörten Dörfer dachte, dann war es bestimmt besser, wenn es sich um einen Mann handelte, vor dem alle Respekt hatten. An Philipp gefiel ihm, dass er nicht dumm war, im Gegensatz zu gewissen Markgrafen, die ihre Frauen nicht verdient hatten, doch gleichzeitig wurmte ihn Philipps Zurückhaltung ihm gegenüber und die Art, wie der Schwabe ihn allzu gerne um seinen gerechten Lohn brachte. Wenn der Herzog von Zähringen König werden sollte, dann würde es Walther keineswegs das Herz brechen, aber im Gegensatz zu den Leuten in der Schenke wusste er, dass Berthold die Krone nicht wollte. Walther glaubte auch nicht, dass ein halbherziger König ein guter König sein konnte, schon gar kein König für alle im Lande, und das sollte er doch eigentlich sein. Nun, vielleicht war es gut, keine eigene Meinung zu haben; dadurch hörte Walther, was tatsächlich gesagt wurde, nicht, was er hören wollte.
Als nichts Interessantes mehr erzählt wurde, erkundigte er sich, wer außer dem Erzbischof und seiner Umgebung noch einen Haushalt führe, der groß genug sei, um Raum für Sänger bei den Weihnachtsfeierlichkeiten zu bieten.
»Der Kaufmann Lambert und Gerhard Unmaze«, sagte ein Gast, »aber es sollte mich wundern, wenn sie noch Platz in ihren Häusern hätten für Gaukler. Jeder Spielmann, der auch nur einen Ton halten kann, hat schon seit dem Sommer versucht, den großen Gerhard zu überzeugen, dass er ihn für die Weihnachtstage braucht. Ihr kommt reichlich spät, guter Mann.«
Walther verzichtete darauf, klarzustellen, dass er kein Gaukler oder einfacher Spielmann war, und das erwies sich als Glück, denn ein anderer Gast grinste und warf ein: »Ihr solltet es beim Münzmeister Constantin versuchen. Der nimmt das Weihnachtsfest nicht so ernst, dass er schon Vorbereitungen getroffen hat, der nicht.«
»Oder wenn, dann nicht fürs Weihnachtsfest! « Eine Welle allgemeiner Belustigung breitete sich aus, bei der Walther klarwurde, dass ihm etwas entging. Schließlich hatte die Schankmagd Mitleid und teilte ihm mit, der Münzmeister Constantin sei ein getaufter Jude. »Er behauptet natürlich, ein guter Christ zu sein, aber wenn das stimmt, warum hat er dann seine Schwester mit einem Juden verheiratet?«
»Meister Stefan ist ebenfalls getauft«, beschwichtigte ein anderer Kölner.
»Ja, und deswegen hat er sich auch seine Nichte ins Haus geholt«, gab die Magd naserümpfend zurück. »Wenn ihr mich fragt, der wollte sie mit seinem Sohn verheiraten, damit alles schön in der jüdischen Familie bleibt. Vielleicht ist sie ja auch gar nicht seine Nichte. Mir kam die Geschichte mit den Masern jedenfalls sehr merkwürdig vor. Da hat sich einer ohne seine Gemahlin eine schöne Zeit machen wollen.«
»Nein, nein, das ist seine Nichte. Ich kann mich an den Vater erinnern, der war tatsächlich mit Stefans Schwester verheiratet. Hat mir einmal den Fuß zurechtgerenkt, der Josef, und einen guten Trunk gegen Erkältung hatte er
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