Das Spiel der Nachtigall
war alles sehr nützlich – nur an dem Mangel an hochrangigen Klerikern auf seiner Seite änderte es nichts.
Auf Wolfger von Passau würde er gewiss zählen können, aber der war immer noch in Italien. Der einzige Rheinländer, der nicht auf Seiten Adolfs stand, weil er es satthatte, immer im Schatten von Köln und Trier zu stehen, war Bischof Lupold von Worms, aber der allein genügte nicht. Philipp versuchte noch, Bischöfe zu ködern, indem er anbot, zukünftig auf das Erbe verstorbener Priester zu verzichten, was dem Kaiser schon ewig zustand, musste aber erfahren, dass dieses Angebot auch von Otto gekommen war.
Eine glückliche Idee kam Philipp, als er sich seiner Zeit als gewählter Bischof von Würzburg entsann. Natürlich war er zu jung gewesen, um das Amt auszuüben, doch man hatte ihn damals über die wichtigsten Anliegen des fränkischen Klerus unterrichtet. Wichtiger noch in der Kirchenhierarchie als das Bistum Würzburg war das Erzbistum Bamberg. Die Bamberger hatten seit Jahr und Tag den Wunsch, die in ihrem Dom bestattete Kaiserin Kunigunde heiliggesprochen zu wissen. Der derzeitige Erzbischof Thiemo war vor zwei Jahren sogar eigens nach Rom gepilgert, um beim Papst für die Heiligsprechung Kunigundes zu bitten. Soweit Philipp wusste, hatte Coelestin zwar unverbindliche Versprechungen gemacht, aber wirklich geschehen war nichts. Es wäre nur billig, wenn ein Erzbischof im Austausch für eine heilige Kaiserin als Stadtpatronin einem Herzog zur Königskrone verhalf. Wenn Bamberg für Philipp stimmte, dann würde er als König der Deutschen und baldiger Kaiser des Heiligen Römischen Reiches seinen ganzen Einfluss dafür einsetzen, Kunigunde heiligsprechen zu lassen. Er hatte Spaß an diesem Gedanken; dergleichen würden die Welfen Thiemo ganz bestimmt nicht anbieten. Er beauftragte auch sofort seinen Beichtvater, Erkundigungen bei anderen Bistümern einzuholen, die sich noch nicht festgelegt hatten, ob es vergleichbare Wünsche gab.
Um aber als König regieren zu können, waren das immer noch zu wenige geistliche Fürsten. Bei den weltlichen hatte Heinz von Kalden gute Fortschritte erzielt. Der Herzog von Sachsen und der Zähringer waren die wichtigsten, da sie selbst damit als Rivalen wegfielen. Der Herzog von Bayern hatte nicht die geringste Absicht, sich im Fall einer Welfenwahl seines Herzogtums beraubt zu sehen, das einst Heinrich dem Löwen gehört hatte. Dietrich von Meißen hatte seine Markgrafschaft erhalten und konnte eigentlich von Otto nicht mehr erwarten, aber sein Schwiegervater, Hermann von Thüringen, hatte bereits Botschaft geschickt, noch ehe er die Alpen überquert hatte, dass er sich an seinen ihm in Frankfurt abgenommenen Eid an den jungen Friedrich gebunden fühle und greifbarere Argumente benötigte, um seine Meinung zu ändern, was bisher die hartnäckigste Art von Geldforderung war, die Philipp erhalten hatte.
»Er glaubt, dass er es sich bei Euch leisten kann«, sagte Heinz von Kalden. »Lasst mich zwei seiner Städte oder eine seiner Burgen brandschatzen, dann hält er Euch nicht mehr für ein Leichtgewicht. Das Gleiche gilt für die anderen Fürsten auch.«
»Ihr wollt, dass ich meine Herrschaft damit beginne, Städte und Burgen zu verwüsten?«, fragte Philipp bestürzt.
»So ist der Krieg nun einmal. Wir tun es, die Welfen tun es, die Engländer, die Franzosen, alle tun es. Wie wollt Ihr Euch sonst einen Krieg leisten, wenn Ihr nicht Schulden machen möchtet? Ohne Beute gibt es keine Kriegsknechte, dafür aber Loch auf Loch in Eurer Schatzkammer. Die Juden kann man auch nur alle fünfzig Jahre einmal schröpfen. Wenn Ihr Euch nicht jahrelang mit aufständischen Fürsten herumschlagen wollt, gibt es keinen anderen Weg. Vor Eurem Bruder hatte jeder Angst, weil allen klar war, dass er wirklich der Sturm aus Schwaben war und es nichts gab, was ihn aufhalten konnte, wenn er einmal losbrach. Bei Euch muss es auch so werden.«
Er dachte an Montefiascone und den unverschleierten Hass der Menschen, der ihm bisher nur als dem Bruder Heinrichs gegolten hatte. Wer war es noch gewesen, der erklärt hatte, Mögen sie mich hassen, solange sie mir nur gehorchen, oder Es ist besser, gehasst zu werden, als geliebt und verraten – etwas in der Art? War es der römische Kaiser Tiberius gewesen? Philipp erinnerte sich an das Skriptorium, das Gefühl, vorsichtig mit den Fingerspitzen auf den Seiten die Worte von Tacitus oder Sueton zu verfolgen, die ein Bruder sorgfältig abgeschrieben
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