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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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besser, als fruchtlos über ihre eigenen Taten zu grübeln.
    »Nun, in Franken war ich noch nie«, sagte Gilles nachdenklich.
    »Ich schon. An Nürnberg habe ich sehr lebhafte Erinnerungen«, bemerkte Walther und formte mit seinen Lippen einen Kuss. Nun war es an Judith, sich zu räuspern. Aber immerhin half es ihr, nicht nur an Philipp, Otto oder ihre eigene Verantwortung für die jetzige Lage zu denken – zumal sie sich immer schwerer tat, all die Gründe nicht zu vergessen, warum es eine schlechte Idee wäre, sich auf Walther einzulassen. Selbst das Schlimmste, was er getan hatte – sein Mitwirken, ganz gleich in welchem Umfang, am Tod von Salomon und den Seinen –, hatte nun ein Gegengewicht, weil er ihr, ohne zu zögern, geholfen hatte, Gilles zu retten; ohne ihn wäre es überhaupt nicht möglich gewesen.
    »Über Nürnberg müssen wir nicht nachdenken, wenn es Philipp um Würzburg und Bamberg zu tun ist«, stellte sie fest. Walther sah einen Moment lang geknickt drein. Als er bemerkte, dass sie zu ihm hinschaute, übertrieb er seinen Gesichtsausdruck bis hin zur Grimasse und zwinkerte ihr zu. Dieser Mann hat Augen, die lachen können, dachte Judith. Dass er sich häufig über sich selbst lustig machte, war eine Eigenschaft, die ihn für sie immer wieder anziehender machte, als er es eigentlich Recht hatte zu sein.
    »Wie steht es eigentlich um das Geld?«, fragte Markwart. »Vier Leute allein, das wird nicht billig bis Franken, selbst wenn wir nirgendwo Räubern begegnen. Und«, schloss er bedeutungsvoll, »ich habe fast alles ausgeben müssen, um schnell Pferde für die Magistra und ihren … Gemahl zu bekommen.«
    Judith trug ihre Ersparnisse bei sich; sie genügten gerade noch, um für Gilles und sich selbst in Herbergen und Spitälern zu bezahlen, nachdem sie Markwart und Walther das Geld für die Pferde zurückgegeben hatte. Doch sie waren sich einig, dass es vor allem sicherer war, mit einem größeren Tross zu reisen und sie versuchen würden, sich dem nächsten Kaufmannszug anzuschließen, dem sie begegneten.
    »Oder der nächsten Pilgerschar«, sagte Markwart. Walther schüttelte den Kopf.
    »Nein, keiner Pilgerschar«, entgegnete er rauh.
    Da er Judith von seinem eigenen Zug nach Rom erzählt hatte, wusste sie, was er meinte. »Welchem Zug auch immer wir uns anschließen«, sagte sie rasch, »es sollte nicht schwer sein, Geld zu sparen. Ich kann meine Dienste als Ärztin anbieten, Gilles sollte bald wieder in der Lage sein, als Bewaffneter zur Sicherung der Gruppe beizutragen – und jeder Reisende auf langer Fahrt ist dankbar für Zerstreuung am Abend.«
    »Da hat man für Bischöfe, Herzöge und zweifelhaft gekrönte Könige gespielt und endet doch als Straßengaukler«, seufzte Walther. Markwart grinste.
    »Das hätte ich dir gleich sagen können, als du unbedingt nach Wien wolltest.«

    Es war schwieriger, als Judith geglaubt hatte, einen geeigneten Tross zu finden; zu viele hatten die Gerüchte gehört, dass Otto einen Heerzug in südlicher Richtung machen würde. Am Ende verbrachte Judith einige Tage in einem Spital damit, die Reisenden dort zu verarzten. Das erhöhte ihre Barschaft wieder, doch es bedeutete auch, dass ihr allmählich bestimmte Kräuter ausgingen und sie darauf angewiesen war, möglichst bald in einem Kloster ihre Vorräte aufzufüllen. Immerhin stellte sich der längere Spitalaufenthalt dann als ein Glücksfall für sie heraus, weil am Abend des vierten Tages just die Leute des Bischofs von Würzburg einkehrten, mit denen Walther nach Braunschweig gereist war. Sie befanden sich auf dem Rückweg, und Botho war guter Stimmung, was wohl hieß, dass der Pfalzgraf sich wohlwollend gezeigt hatte. Er war von Heinrich aber leider auch befragt worden, ob er etwas davon wisse, dass zwei Unbekannte in welfischen Rüstungen einen Gefangenen befreit hatten, der mit einer ebenso verschwundenen Ärztin aus Salerno zusammenlebte. »Nun, Herr Walther, ich hatte meine Vermutungen, aber natürlich sprach ich in eigenem Interesse nicht darüber, wen ich mit in die Stadt gebracht hatte. Doch wenn ich Euch nun mit der Magistra und einem Mann sehe, der offensichtlich gefoltert wurde, wüsste ich doch zu gerne, was dahintersteckt und warum Ihr Braunschweig so plötzlich verlassen habt.«
    Walther erzählte Judith dies, als er sie beim Einsalben des geschwollenen Knöchels eines Franzosen fand, der auf dem Weg nach Köln war. »Was hast du ihm gesagt?«
    »Nun, ursprünglich wollte ich Botho

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