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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Konrad sofort empfangen.
    »Ihr müsst mir hinterher aber erzählen, woher Euer Wissen stammt, Herr Walther.« An Wolfgers Blick konnte man erkennen, dass er nicht scherzte. »Auf dem Weg über die Alpen.«
    Nachdem er sich von Judith und Paul getrennt hatte, erwartete Walther, bei St. Kilian Wolfgers Leute zu treffen und von ihnen zu hören, dass Konrad gewarnt worden war. Doch es kam niemand. So blieb ihm nur, selbst zu versuchen, den ehemaligen Kanzler zu erreichen. Der Pförtner teilte ihm mit, dass der Bischof heute im Dom die Messe lesen würde, also machte sich Walther auf den Weg dorthin. Er war kurz vor der Kirche, als das Geschrei einsetzte. Dann wurde er von zwei galoppierenden Reitern fast niedergeritten. Es fröstelte ihn, als er im letzten Moment auswich und Botho erkannte. Den gleichen Botho, der ihm einmal mit dem Verlust seiner Zunge gedroht hatte: Er schaute weder links noch rechts, während er und sein Gefährte durch die Gassen Würzburgs rasten, und er war zu schnell verschwunden, als dass Walther nähere Einzelheiten hätte ausmachen können. Nur eine war für ihn unübersehbar gewesen: An Bothos mit hellen Hasenfellen gefüttertem Winterumhang und an seinen Händen klebte Blut.
    Es brauchte für ihn keine wütende Menge, um sich denken zu können, was geschehen war. Dass er Botho einmal damit erpresst hatte, ihn als welfischen Spitzel hinzustellen, war nun ein bitterer Scherz des Schicksals, aber jetzt war keine Zeit, darüber nachzudenken. Wenn der Erzbischof von Botho ermordet worden war, dann spielte es im Moment keine Rolle, ob dies auf Heinz von Kaldens Befehl hin geschehen war, auf Wunsch von Philipp oder von Judiths Onkel in die Wege geleitet wurde. Später bestimmt, doch jetzt nicht. Zuerst würde die Stadt zum Narrenhaus werden, regiert von Angst, Wut und Trauer. Keine gute Zeit für fremde Gäste darin.
    Er und Judith hatten zwei Treffpunkte verabredet: Wenn alles gutging, der Erzbischof bester Gesundheit und Paul nur von guten Absichten gelenkt war, dann wäre auch sie nach St. Kilian gekommen. Andernfalls wollten sie sich bei den Bootsanlegestellen treffen. Im Winter waren kaum Schiffe oder Flöße unterwegs, und niemand würde dort nach ihnen suchen. Es nagte an ihm, dass Wolfgers Leute sich nicht hatten blicken lassen. Gewiss, das mochte Zufall sein. Er wusste auch nicht, welchen Weg von Nürnberg nach Würzburg diese nehmen wollten, und vielleicht hatten sie genau dasselbe wie Judith, Paul und er getan und unterwegs übernachtet und sich schlicht und einfach verspätet.
    Wenn er sich in Wolfger geirrt hatte und auch der Bischof in die ganze Angelegenheit verwickelt war, dann würde es für ihn und Judith keine Sicherheit mehr geben, weder bei Staufern noch bei Welfen. Sich Leopold von Österreich zu Füßen zu werfen, war dann noch die beste Möglichkeit, aber dieser hatte bisher nicht angedeutet, Wert auf mehr als einen sehr gelegentlichen Besuch Walthers an seinem Hof zu legen. Im Gegensatz zu seinem Bruder hatte Leopold auch keinen Juden als Münzmeister eingestellt, und er würde niemals eine jüdische Ärztin an seinem Hof beschäftigen.
    Doch jetzt ging es darum, überhaupt eine Zukunft zu haben.
    Während sich die aufgebrachte Menge durch die Gassen wälzte, fiel ihm ein kräftig gebauter Mann auf, ein wahrer Riese, der eine ältere Frau mit seinem Körper schützte, als sie stürzte und fast überrannt worden wäre. An ihm kam keiner vorbei. »Du solltest nicht hier draußen sein, Mutter«, sagte er freundlich. Die ältere Frau antwortete weinend, sie sei eben zur Messe gegangen, und wer habe denn mit solchen gottlosen Bluttaten gerechnet? Dass die Anrede »Mutter« höflich, nicht wörtlich gemeint gewesen war, zeigte sich, als der Mann fragte, ob er sie zu ihrer Familie nach Hause begleiten solle, was sie ablehnte, da sie nur zwei Häuser weiter im Haushalt ihres Sohnes lebte. Kurzentschlossen lief Walther unter Einsatz seiner Ellbogen hinter dem Mann her, trat an ihn heran, nachdem dieser die alte Frau bis zu ihrer Tür gebracht hatte: »Gevatter, habt Ihr die Zeit, einer weiteren Frau den gleichen Dienst zu erweisen?« Walther zückte eine Münze, um klarzumachen, dass er dies nicht umsonst erwartete.
    »Ihr seid nicht von hier«, gab der Mann misstrauisch und mit starkem fränkischen Akzent zurück. »Ihr klingt fast wie ein Bayer oder ein Österreicher.«
    »Und das nach all den Jahren in so vielen anderen deutschen Fürstentümern«, sagte Walther gespielt

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