Das Spiel der Nachtigall
aufs Haupt setzte und ihm Zepter und Reichsapfel in die Hände drückte, während der Chor »Christus siegt, Christus regiert, Christus ist Sieger« jubelte.
Otto legte seine Insignien wieder ab, um vom Papst die Kommunion zu empfangen, dann zog er mit ihm zum Petersdom hinaus. Er half dem Papst auf sein Pferd und hielt ihm die Steigbügel, was, wenn sich Schweinspeunt recht erinnerte, Kaiser Heinrich nicht getan hatte. Er konnte nur hoffen, dass Otto nicht wirklich pfaffenhörig war, nicht, wenn es darum ging, ihm seine Rechte in Sizilien zu bestätigen. Als Kaiser und Papst nebeneinander bis zum Stadttor ritten, atmete Schweinspeunt auf, denn das war der letzte Teil der Zeremonie. Aber dann erfuhr er zu seinem Entsetzen, dass der Papst vom Kaiser zum abendlichen Festmahl im Heerlager auf dem Monte Mario geladen war. Solange der Papst in Gesellschaft des Kaisers war, so lange würde Otto ganz gewiss niemand anderen empfangen, ganz zu schweigen davon, dass man in Gegenwart des Papstes schlecht das Gespräch auf Sizilien bringen konnte.
Schweinspeunts Stimmung hob sich erst wieder, als er auf dem Rückweg inmitten von Ottos Gefolge ein vertrautes Gesicht erspähte. Spielleute, die etwas anderes als das welsche Trallala sangen, um einem die Zeit zu verkürzen, waren selten. Also hatte er vor ein paar Jahren Walther von der Vogelweide durchaus freundlich aufgenommen, selbst, wenn der Mann darauf bestand, ein singender Ritter zu sein und daher als Herr Walther angeredet zu werden. Immerhin, die Lieder waren bissig und unterhaltsam gewesen, wie man es sonst nicht kannte.
»Herr Walther! Nein, so ein Zufall!«
Er überschüttete den Sänger mit Freundlichkeit, was bedeutete, dass er ihm kräftig auf den Rücken klopfte und gönnerhaft fragte, ob Herr Walther auch ein paar Silbermünzen ergattert habe. Dann, nachdem er so seine huldvolle Gesinnung bewiesen hatte, kam er zur Sache. »Gewiss giert Ihr schon danach, für den Kaiser und den Heiligen Vater zu singen, wie, Vogelwiese?«
»Nach dieser Ehre streben auch andere«, entgegnete der Sänger unverständlicherweise zurückhaltend.
»Ja, aber es könnte der Höhepunkt Eures Lebens sein! Die einzige Gelegenheit, um dem Heiligen Vater einmal die Meinung zu sagen! Wollt Ihr das nicht tun? Ich dachte, Ihr seid Gottes Bote oder des Volkes Stimme oder wie auch immer Ihr das in Euren Liedern ausdrückt!«
»Ich bin auch kein Jüngling mehr«, sagte der Weichling, »und will lieber auch weiterhin vom Kaiser empfangen, statt in das kälteste Erdloch des Reiches verbannt zu werden.«
»Oh, der Kaiser wird Euch dankbar sein! Glaubt mir, der Frieden zwischen ihm und dem Papst kann nicht lange anhalten«, sagte Schweinspeunt ungeduldig. »Nicht, wenn er hört, was ich ihm vorzuschlagen habe.«
»Dann wäre es vielleicht gut, wenn Ihr Euren Vorschlag zuerst anbrächtet, Herr Diepold.«
»Nein, das wäre es nicht. Nicht in Anwesenheit des Papstes! Ich will, dass Ihr ihn veranlasst, sich zurückzuziehen, Herrgott noch mal, ist das so schwer zu verstehen?«
»Keineswegs, Herr Diepold«, entgegnete der Sänger unanständig vergnügt. »Doch Ihr müsst auch meine Sorgen um die Zukunft begreifen. Nicht, dass ich an Euch zweifle, aber es würde mich mehr ermutigen, wenn ich genau wüsste, was Ihr vorzuschlagen habt. Schließlich bin ich ein armer Sänger und kein tapferer und streitfähiger Edelmann wie Ihr.«
Er war nur ein Sänger, in der Tat, und daher war es eigentlich unwichtig, was man ihm erzählte. »Es geht darum, dem Reich zu seinen alten Rechten im Königreich Sizilien zu verhelfen.«
»Und da dachte ich, dort gäbe es schon einen Herrscher.«
»Der Kaiser ist der einzig wahre Herrscher, den es dort geben sollte. Schließlich ist er mit der letzten Stauferin verheiratet. Das undankbare Balg, das sich jetzt den Thron dort anmaßt, ist der Sohn des Schlächters von Jesi, das weiß jeder!«
»Nun, wenn Ihr es so darstellt, muss ich natürlich dafür sorgen, dass Ihr dem Reich zu seinem Recht verhelfen werdet. Ja, mehr noch, Herr Diepold, ich will das Meinige tun. Denkt Euch, als ich die Freude hatte, für Euch zu singen, da begegnete ich doch auch deutschen Edelleuten, die darauf warteten, dass König Friedrich mündig werde, weil sie ihn für den wahren Herrscher hielten. Mir scheint, da wäre ein Sänger am rechten Ort, der sie belehrt, wem diese Ehre wirklich gebührt.«
Diepold von Schweinspeunt war der Meinung, dass die Aussicht darauf, mit dem Heer Kaiser Ottos
Weitere Kostenlose Bücher