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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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begriff sofort, worauf sie anspielte. Die Konturen eines neuen Planes, eines neuen Spiels nahmen in ihm Gestalt an, und er gab ihr das Lächeln zurück. »Zu lange.«
    * * *
    Als Jutta von Meißen Judith um ein Mittel gegen Hautflecken bat, war bereits das Eingeständnis, unter ihnen zu leiden, ein Vertrauensbeweis. Judith gab sich große Mühe mit der Herstellung der Salbe aus Hühnerschmalz, Goldschaumpulver und Rosenöl, für die sie mehrere Tage benötigte. Beatrix half ihr dabei und wollte wissen, ob dergleichen auch gegen die Pickel halfen, die sie kurz vor ihren monatlichen Blutungen plagten.
    »Früher hatte ich nie welche. Niemand hat mir verraten, dass man Pickel bekommt, wenn man zur Frau wird!«
    »Das gibt sich mit den Jahren. Es rührt von überflüssigen Säften in Eurem Körper her, Euer Gnaden, und nein, Ihr könnt nicht dieselbe Salbe dagegen verwenden wie gegen Hautflecken. Bei der Markgräfin geht es eher um einen Mangel an Säften.«
    »Gedichte anfertigen ist leichter«, bemerkte Beatrix, aber schrieb sich in ihr Wachstäfelchen, was Judith über die Bestandteile einer Salbe gegen Pickel sagte. Man brauchte von der Sonne getrocknete Lorbeeren, deren Haut entfernt wurde, so dass man sie zu einem feinen Pulver zerstoßen konnte, das mit Honig angemacht wurde.
    »Lorbeeren gibt es nur am Rhein, und es wird noch etwas dauern, bis wir wieder zurück sind.« Beatrix zögerte, dann sagte sie: »Glaubt Ihr, Herr Walther bemerkt, dass ich Pickel habe?«
    Darauf gab es keine gute Antwort, weil eine Verneinung auch so aufgefasst werden konnte, dass Walther ihr Äußeres überhaupt nicht bemerkte, und Judith wusste, dass Beatrix eine Schwäche für ihn hatte. »Herr Walther ist ein Mann, der an einer Frau mehr als nur Einzelheiten wahrnimmt«, entgegnete sie, was keine Lüge war. »Er hat mir selbst erzählt, dass Ihr ihm von allen Herrscherinnen, denen er je begegnet ist, die liebste seid.« Das wiederum war gelogen, doch Walther empfand seit Bamberg aufrichtige Zuneigung für Beatrix, was bisher noch bei keinem Herrscher der Fall gewesen war.
    »Wie – wie steht es denn um Euch?«, fragte Beatrix und schaute Judith dabei nicht an.
    »Ich bin noch nicht so vielen Fürstinnen wie Herr Walther begegnet, aber Ihr und Eure Mutter seid gewiss …«
    »Nein!«, unterbrach Beatrix ungeduldig. »Oh, Ihr seid schrecklich manchmal, Magistra. Ich weiß nicht, wie er es mit Euch aushält! Sagt, wie steht es um Euch und Herrn Walther?«
    Es lag Judith auf der Zunge, die Frage von sich zu weisen, obwohl Beatrix als Kaiserin ihr jede Antwort befehlen konnte, doch sie tat es nicht. Sie hatte Beatrix gegenüber ohnehin ein schlechtes Gewissen, wegen all dem, was sie ihr verschwieg. Ganz gleich, wie man es drehen und wenden mochte, ganz gleich, wie gut ihre Absichten waren, sie benutzte Beatrix, und sie selbst hatte es immer gehasst, als ihr Onkel das mit ihr getan hatte. Also versuchte Judith, da offen zu sein, wo sie offen sein konnte: »Ich weiß es nicht.«
    »Aber das müsst Ihr doch wissen! Es ist sehr einfach: Liebt Ihr ihn, oder liebt Ihr ihn nicht? Liebt er Euch, oder liebt er Euch nicht?«
    Es wäre schön, noch einmal so jung zu sein und die Welt so einfach zu sehen, dachte Judith und wusste doch, dass sie nie auf die gleiche Art jung gewesen war wie Beatrix.
    »Mein Herz … ist noch immer das seine«, entgegnete sie. »Aber ich weiß nicht, welcher Art die Zukunft ist, die wir miteinander haben können.«
    »Niemand weiß, welcher Art die Zukunft ist«, gab Beatrix zurück. »Vor zwei Jahren hätte ich nie gedacht, dass dies meine Zukunft sein würde. Und in nochmals zwei Jahren, wer weiß, dann habe ich vielleicht selbst ein Kind.« Sie schluckte. »Meine Mutter wurde sehr leicht schwanger.«
    Judith drängte die Bilder zurück, die diese Bemerkung auslöste: Irenes Fehlgeburt, ihr Sterben, Otto, wie er versucht hatte, ein Kind mit einem Kind zu zeugen. Die Erinnerung war ihr so unerträglich wie kein anderes Erlebnis ihres Lebens.
    »Nicht jede Ehe führt sofort zu einem Kind«, sagte sie so sachlich wie möglich.
    »Die Ehen mit Staufern tun es. Wisst Ihr, was mir die Landgräfin von Thüringen erzählt hat? Mein Vetter auf Sizilien ist schon Vater. Dabei ist er doch nur wenig älter als ich, und seine Gemahlin nähert sich den dreißig. Wenn die beiden ein Kind bekommen können …« Beatrix stockte. »Sie wollten es wohl auch«, schloss sie und sah Judith dabei nicht an. »Ich … ich weiß nicht, ob ich

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