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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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dem Kaiser ein Kind schenken möchte.«
    Das rührte gefährlich an die Frage, die Judith sich nie gestellt hatte und nicht stellen wollte: ob Beatrix um die Geschehnisse jener Nacht wusste.
    »Aber es ist meine Pflicht, nicht wahr«, fuhr Beatrix fort. »Als seine Gemahlin.«
    »Solange Ihr seine Gemahlin seid, ist es Eure Pflicht«, entgegnete Judith, was der deutlichste Hinweis auf die Möglichkeit einer Annullierung war, den sie sich gestattete. Ob Beatrix ihn nun verstand oder nicht, sie nickte langsam und reichte Judith mehr Rosenblätter zum Destillieren des Öls.

    Bis Judith mit Walther diskutieren konnte, hatte sie ein wenig zu oft über das Gespräch mit Beatrix nachgedacht, und dabei war ihr etwas aufgefallen, das sie fast überhört hätte. »Stimmt es, dass der König von Sizilien Vater geworden ist?«
    »Nun, ein Eunuch scheint er auf gar keinen Fall zu sein«, gab Walther trocken zurück.
    »Ein Kind kann zum König gemacht werden, selbst, wenn der ursprüngliche König noch lebt, nicht wahr? So ist es bei Friedrich selbst geschehen. Daran kann ich mich noch erinnern. Kaiser Heinrich war noch am Leben, als er ihn in Frankfurt von den deutschen Fürsten zum König der Deutschen wählen ließ.«
    »Nun, wir haben der deutschen Könige nun wahrlich genug, aber ich verstehe, worauf du hinauswillst.« In seinen Augen begann ein neuer Plan zu glimmen. »Was der Papst fürchtet, sind Sizilien und das Nordreich unter einem Herrscher, und das hätte er sowohl bei Otto als auch bei Friedrich. Aber nicht, wenn Friedrich seinem Sohn die sizilianische Krone abtritt!«
    Judith öffnete den Mund, als wolle sie sagen, genau das seien ihre Gedanken gewesen, schloss ihn wieder und runzelte die Stirn. Dann legte sie den Kopf zur Seite: »Es wäre möglich, nicht wahr? Es würde nichts ändern, denn ein Säugling kann auch bei den Sizilianern kein König sein, aber es wäre immerhin eine Geste. Doch wer soll das dem Heiligen Vater anbieten?«
    »Der Patriarch von Aquileja – und dem werde ich es vorschlagen«, sagte Walther selbstsicher.
    Judith hatte einmal eine zu schlechte Meinung von Wolfger gehabt; vielleicht hatten sie nun beide eine zu hohe. Außerdem war es noch lange nicht gesagt, dass Walther ihn würde überzeugen können, ganz zu schweigen davon, dass es eine weitere Alpenüberquerung notwendig machte, und sie wussten beide, was auf dem Spiel stand. Wenn Walther sich Wolfger offenbarte und der es vorzog, zu Otto zu stehen, dann konnte er Walther wegen Hochverrats hängenlassen.
    Als junges Mädchen, das von christlichen Bischöfen nicht viel wusste, hatte sie immer geglaubt, dass deren Treue dem Papst gelten würde, aber das Leben hatte sie gelehrt, dass diese Frage von Bischof zu Bischof unterschiedlich entschieden wurde. Wolfger war immer ein Mittler zwischen Kirche und Thron gewesen, mit einem Fuß in beiden Lagern. Würde er auf seine alten Tage fähig sein, sich aus einem zurückzuziehen?
    Wir hatten wieder den gleichen Gedanken, und das muss ein gutes Zeichen sein. Wolfger schätzt Walther, sagte sich Judith, auch um sich selbst zu beruhigen. Das war entscheidend. Sie musste einfach daran glauben.
    * * *
    Genug ist genug, dachte Beatrix, als sie hörte, dass Herr Walther sie wieder verlassen wollte. Die Magistra und er gingen immer noch wie zwar verbundene, aber nicht vereinigte Menschen miteinander um. Wenn die beiden nicht selbst in der Lage waren, sich vernünftig zu gebärden, nun, dann musste man ihnen eben helfen. Sie nutzte ihre neu erworbenen Kenntnisse und ihre Befugnisse als Herrin und wies die Zubereitung von Möhrenwurzeln mit Ingwer und Basilikum an: »Und zwar auf folgende Art und keine andere«, sagte Beatrix zu den Köchen, die ein ehrerbietiges Gesicht machten und ihr gehorchen mussten. »Ihr kocht die Wurzeln gut, bringt ihnen im ganz geringen Abstand Schnitte bei und drückt das Wasser aus. Dann formt ihr Röllchen aus abgeseihtem Honig, kocht beides, bis der Honig ganz verdunstet ist, und wehe, wenn etwas am Rand des Kessels kleben bleibt! In der Mitte des Kessels gebt ihr Mandeln dazu, am Ende gereinigten Pinienzapfensamen und dann Ingwer, Galgant, Basilikum, Pfeffer und Muskatnuss.«
    »Was um alles in der Welt willst du mit Möhren?«, fragte Kunigunde, die sich seit der Rückkehr des Trosses nach Speyer wieder an Beatrix geheftet hatte. »Ich dachte, du hasst sie.«
    »Die sind auch nicht für mich, sondern für die Magistra und Herrn Walther. Sie erzeugen dickes Blut und

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