Das Spiel der Nachtigall
Langmut mit Friedrich bewiesen, doch Gelübde ist Gelübde, und jede Langmut hat ein Ende. Ist das Eurem Herzog klar?«
»Ich bin nur ein bescheidener Sänger. Wenn jemand in die Seelen der Menschen blicken kann, dann doch ein Mann Gottes wie Ihr.« Leider merkte man hin und wieder sehr deutlich, dass der Bischof nicht immer ein Mann Gottes gewesen war und sofort erkannte, wann man ihn hinhalten wollte. »Ja, es ist ihm klar, Euer Gnaden.«
»Dann hat er vor, bald aufzubrechen?«
»Nach dem Hoftag, den Herzog Philipp aus Anlass seiner Hochzeit einberufen hat. Da ist es Friedrichs Pflicht als Fürst des Reiches zu erscheinen.«
»Nun, zunächst reist Herr Friedrich nicht ins Heilige Land«, sagte Walther zu Reinmar, »sondern nach Frankfurt am Main, um dem Herzog Philipp seine Aufwartung zu machen. Da es dabei um eine Hochzeit geht, werde ich ihn ganz gewiss begleiten. Nur von dieser Abwesenheit habe ich gesprochen.«
»Nun, vielleicht komme ich ebenfalls mit«, sagte Reinmar mürrisch. »Herr Friedrich wird es mir kaum verbieten, und ich darf sagen, dass meine Lieder dem Herzog von Schwaben immer noch bekannter sein dürften als die deinen.«
Der junge Herzog hatte den größten Teil seines Lebens in einem Kloster verbracht, bis er wegen des Todes seiner Brüder von seinem ältesten Bruder, dem Kaiser, vor wenigen Jahren dort herausgeholt und wieder in den Laienstand versetzt worden war. Daher bezweifelte Walther, dass Philipps Kenntnis weltlicher Lieder wirklich die von Reinmar mit einschloss, doch so gerne er sonst seine scharfe Zunge an seinem alten Lehrmeister wetzte, heute war ihm nicht danach.
»Es werden Fürsten aus dem ganzen Reich erscheinen«, erwiderte er stattdessen sachlich. »Da kann nicht jeder mit seinem vollen Hofstaat erscheinen, und verzeih, doch du bist nicht mehr der Jüngste.« Eigentlich wusste er nicht, wie alt Reinmar war, doch Walther argwöhnte, dass er schon als Mann mittleren Alters zur Welt gekommen war. In jedem Fall wusste Reinmar nichts von dem wahren Grund des Hoftags; das musste so bleiben.
»Hat Bischof Wolfger etwas über die geheime Königswahl gesagt?«, hatte Friedrich gefragt, als Walther vom Bischof direkt zum Herzog von Österreich ging. Jeder der beiden war überzeugt, dass Walther für ihn die Pläne des anderen erforschte. Im Grunde hatten sie beide recht, und doch unrecht. Es war nicht so, dass Walther einen von beiden anlog: Er erzählte nur keinem von beiden alles. Warum auch nicht: Jeder war zufrieden und zeigte sich einigermaßen großzügig.
»Nein, Euer Gnaden. Er scheint davon auszugehen, dass Ihr mir nichts darüber anvertraut habt. Doch er hat ebenfalls die Absicht geäußert, nach Frankfurt zu ziehen. Ich glaube kaum, dass er dort nur vorhat, Herzog Philipp zur Vermählung zu beglückwünschen.«
»Nun, ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Was der Kaiser verlangt, kann dem Papst nicht schmecken, und doch kann er nichts dagegen sagen, nicht, wenn er den Kaiser endlich im Heiligen Land sehen will. Ein Mann bestellt nur sein Haus, so hat der Kaiser mir geschrieben. Er selbst ist mit kaum drei Jahren in Bamberg zum König gekrönt worden, weil Barbarossa das so wollte. Wenn der Kaiser sein Reich verlässt, dann hat er das Recht, seine Nachfolge zu regeln, und sogar die Pflicht, seinen einzigen Sohn vorher zum deutschen König wählen zu lassen.«
Walther hatte sich dumm gestellt, denn unterschätzt zu werden half immer dabei, andere Menschen zum Reden zu bringen. »Nun, der Papst ist reich an Jahren und Erfahrung, da kann er bestimmt noch einiges mehr verdauen, ob es ihm nun auf dem Magen liegt oder nicht.«
»Kein Papst«, hatte Friedrich mit Nachdruck erklärt, »wird je glücklich darüber sein, den winzigen Kirchenstaat mitten im Reich eingeklammert zu sehen wie eine Perle in einer Auster. Der Kaiser ist jetzt auch König über Sizilien, dessen Grenzen fast bis zu den Toren Roms reichen. Mittlerweile geschieht weder dort noch in den deutschen Landen etwas, das er nicht will. Sein Sohn wird Sizilien erben, durch die Herrin Konstanze und durch Heinrich gleichermaßen. Wenn ihn die Fürsten jetzt in Frankfurt zum deutschen König wählen, dann kann der Heilige Vater davon ausgehen, dass aus dem Wahlrecht für Könige ein Erbrecht der Staufer wird. Das kann er im Interesse seiner Macht nicht wollen. Ich bin auch nicht sicher, ob wir Fürsten uns das wünschen sollten!«
»Meint Ihr, der Papst wird den Erzbischöfen befehlen, gegen das einzige
Weitere Kostenlose Bücher