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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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sprach mit ihr über Schiffsreisen und über die Hagia Sophia. »Vielleicht werde ich sie in diesem Jahr noch selbst sehen!«, erklärte er fröhlich. »Das habe ich mir schon immer gewünscht, und es wird ein gutes Omen für die Weiterreise ins Heilige Land sein.«
    »Dann werdet Ihr selbst am Kreuzzug des Kaisers teilnehmen?«
    »In der Tat, wie auch unser guter Herzog Friedrich hier. Wenn Ihr es wünscht, kann ich Briefe für Euch an Eure Familie mitnehmen«, schloss er freundlich.
    »Mein Vater ist, wie man mir sagte, nunmehr blind«, entgegnete Irene mit zusammengeschnürtem Hals. »Mein Bruder wird wie er gefangen gehalten, und ich glaube nicht, dass mein Onkel großen Wert auf ein Schreiben von mir legt.«
    An seiner betretenen Miene war abzulesen, dass die Frage wohl ein Versehen gewesen war, keine absichtliche Erinnerung daran, dass sie Glück hatte, von den Staufern überhaupt noch als ehewürdig betrachtet zu werden. Gleich darauf zeigte sich jedoch, dass der Bischof nicht umsonst als einer der führenden Kirchenmänner im Reich und Anwärter auf den Patriarchenstuhl von Aquileja galt. »Nun, das kann man nicht wissen«, sagte er. »Mag sein, dass Euer Onkel seine Verwandtschaft mit Euch nun mit anderen Augen sieht, vor allem, wenn Euer Schwager mit seinem Heer in seinem Hafen einläuft. Natürlich liegt es mir fern, mich in die Belange Ostroms einzumischen, doch mich dünkt, wenn Ihr das Schicksal Eures Vaters und Bruders etwas erleichtern wollt, dann wäre ein Bittschreiben, von mir an des Kaisers Seite überbracht, nicht etwas, das Euer Onkel so leicht ablehnen könnte.«
    Nein, dachte Irene, kein Versehen. Sie musste seine Klugheit bewundern: Ihr so etwas vorzuschlagen, war eine edle und christliche Tat, die ihr Vertrauen und Dankbarkeit für ihn einflößen sollte, zumal die Taktik, die er vorschlug, Erfolg haben konnte, zumindest, was ihren Vater betraf; in seinem jetzigen Zustand musste ihn der Onkel nicht mehr fürchten und hatte nichts zu verlieren, wenn er ihn wie einen Verwandten statt einen Gefangenen behandelte. Doch was Wolfger wohlweislich nicht aussprach, war, dass Kaiser Heinrich, mit einem solchen Brief bewaffnet, sehr wohl in der Lage war zu sagen, die Behandlung seines geschätzten Verwandten, des gestürzten Kaisers Isaak Angelos, empöre ihn, und hier sei die Bitte von der Tochter des armen alten Mannes, ihrem Vater zu seinem Recht zu verhelfen. Wenn das nur mit Waffengewalt geschehen konnte – und wenn am Ende der alte Kaiser des Ostens eben nicht mehr fähig war, wieder die Regierung zu übernehmen –, dann musste es vielleicht zu seinem großen Bedauern der opferbereite Kaiser des Westens tun …
    Irene war an einem Hof aufgewachsen, an dem seit Jahrhunderten jedes Wort einen doppelten und dreifachen Sinn hatte, ihr eigener Vater sich vom General zum Kaiser gemacht hatte, wo nur die Palastdiener und Verwaltungsbeamten ewig waren und Angehörige der Herrschaftsfamilien an einem Tag geschätzt und am nächsten verbannt oder tot sein konnten. Sie war dreizehn Jahre alt gewesen, als man sie nach Sizilien verheiratet hatte, ein Jahr, nachdem sie ihre Blutungen bekommen hatte, doch sie war schon lange kein Kind mehr gewesen. Was ihr noch an gutgläubiger Mädchenhaftigkeit geblieben war, das war spätestens in dem Gemetzel von Palermo gestorben.
    »Ich danke Euch sehr für Eure Güte und werde über Euren Vorschlag nachdenken«, sagte sie auf Deutsch statt auf Latein und hoffte, dass sie die richtigen Worte gewählt hatte.
    »Das freut mich«, meinte Bischof Wolfger in Koine, dem Griechisch, wie es in Byzanz gesprochen wurde, und schenkte ihr ein noch wärmeres Lächeln. »Ich werde mit Euch nach Frankfurt reisen, um Eure Hochzeit zu feiern, und sollten Euch auf dem Weg dorthin noch andere Wünsche einfallen, dürft Ihr sie mir immer gerne anvertrauen.«
    »Euer Gnaden sind zu gütig«, entgegnete Irene, nun wieder auf Latein, das ihr am unverpflichtendsten erschien. »Doch wenn Ihr und ich nun Reisegefährten werden, dann darf ich hoffen, dass dem Herrn von Schweinspeunt sein Wunsch erfüllt wird, so bald wie möglich wieder an die Seite seines Herrn zurückzueilen? Es täte mir leid, wenn ich den Kaiser länger als unbedingt nötig des Dienstes eines so wackeren Ritters beraube.«
    Diepold war ihr anfangs nicht mehr zuwider gewesen als jeder andere Ritter im Dienst des Kaisers, doch sie würde ihm nie verzeihen, dass er ihr ihre Damen fortgenommen hatte. Ob die Magistra nun seine

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