Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
Demütigung, sich gegen Albrecht nicht durchsetzen zu können, und nach seines Vaters Tod ein paar Jahre bitteres Warten auf bessere Zeiten, weil Albrecht ihn nicht in seiner Nähe haben wollte.
    Dietrich unternahm eine Wallfahrt ins Heilige Land, um wenigstens Gott auf seiner Seite zu wissen und ihn gnädig zu stimmen; außerdem war das umkämpfte Palästina, verglichen mit einem rachsüchtigen Bruder, für ihn sicherer. Gott schien ihn zu erhören, denn im Heiligen Land erreichte ihn die Nachricht, dass Albrecht eines frühen Todes gestorben war. Dietrich betrauerte seinen Bruder angemessen und kehrte in die Heimat zurück, um endlich die Markgrafschaft Meißen in Besitz zu nehmen, doch er hatte noch nicht die Alpen überquert, als er hören musste, dass Kaiser Heinrich die Markgrafschaft nicht wieder Dietrichs Familie als Lehen verleihen wollte und sie mit ihren reichen Bergwerken für sich selbst beanspruchte.
    Das Schicksal schien sich abermals zu wenden, als es Dietrich gelang, den Landgrafen von Thüringen zu überreden, ihm seine älteste Tochter zur Frau zu geben. Eine gute Partie war das, denn der Landgraf Hermann war einer der begütertsten Fürsten im Reich, am Hof des französischen Königs Louis aufgewachsen, mit Verbindungen zu den großen Höfen Europas – und bisher hatte er noch keine Söhne. Dazu war das Mädchen genau im richtigen Alter, fünfzehn Jahre und gut gewachsen. Doch kaum hatte Dietrich die Verlobung besiegelt, indem er Landgraf Hermann bei dessen eigenen Fehden zur Seite stand und für ihn stritt, da musste er erleben, dass der verwitwete Hermann ein zweites Mal heiratete, und die neue Landgräfin wurde sofort schwanger. Solche Glücksfälle genügten wahrlich, um einen Heiligen zur Raserei zu bringen.
    Als sein zukünftiger Schwiegervater ihn daher zu sich bestellte, ihm auf die Schulter klopfte und verkündete, er habe eine gute Nachricht für Dietrich, da schlug sein Herz nicht höher. Stattdessen fragte er misstrauisch, worum es ginge.
    »Du bist nicht der Einzige, der in diesem Jahr heiraten wird, mein Junge. Der Herzog von Schwaben hat uns zu seiner Vermählung auf einen Hoftag nach Frankfurt eingeladen.«
    »Und das haltet Ihr für eine gute Nachricht? Herumstehen und miterleben zu müssen, wie ein gottverfluchter Staufer in den Ehestand tritt? Am Ende gibt ihm der Kaiser mein Meißen als Hochzeitsgeschenk! Das sähe ihm ähnlich.«
    Landgraf Hermann warf ihm einen ungeduldigen Blick zu. »Ich will nicht hoffen, dass du so töricht bist, dergleichen in Frankfurt zu äußern. Hör zu, Dietrich, es ist doch offensichtlich, dass Philipps Hochzeit nur ein Vorwand ist. Er wird von seinem Bruder den Auftrag erhalten haben, uns alle auf das kleine Balg einzuschwören, das die Kaiserin zur Welt gebracht hat, und weißt du, was das bedeutet?«
    »Wir haben weiterhin Staufer auf dem Thron«, sagte Dietrich verbittert.
    »Verhandlungsmöglichkeiten, du Dummkopf! Wenn Kaiser Heinrich selbst hier wäre, nun, dann stünden die Dinge anders. Aber er ist im Königreich Sizilien, und da ist auch sein Heer. Der junge Philipp war bis vor ein paar Jahren noch im Kloster und hat kaum Erfahrung in der Welt. Wenn der Bruder des Kaisers will, dass wir helfen, seinen Neffen zum deutschen König wählen zu lassen, noch bevor das Kind mit dem Krabbeln aufgehört hat, dann wird er sich das etwas kosten lassen müssen. Ich sage dir, die Milde, die Herzog Philipp zum Anlass seiner Hochzeit zeigen wird, die werden wir uns nicht entgehen lassen!«
    Dietrichs Gemüt heiterte sich etwas auf. Milde war ein Wort, das er gut kannte, aber selbst noch nie hatte erleben dürfen. Es bezeichnete nicht die Gnadenbereitschaft, sondern die Freigiebigkeit eines Fürsten, der etwas von seinen Vasallen wollte. Bisher war Dietrich nie mildreich beschenkt, sondern immer nur vom Schicksal genarrt worden. Es war wirklich an der Zeit, dass sich dies änderte.
    Dann erinnerte er sich wieder daran, dass ihm das Leben nie zulächelte, ohne ihn anschließend zu ohrfeigen. »Und was, wenn der Kaiser nach seinem Kreuzzug zurückkehrt und alles, was uns Philipp gegeben hat, wieder einfordert?«
    Hermann verzog den Mund. »So ein Kreuzzug ist eine gefährliche Angelegenheit«, sagte er langsam. »Und das Heilige Land war nie gut zu den Staufern. Denk an den alten Barbarossa. Den haben noch nicht einmal die Heiden erledigt, ein einfacher kalter Fluss hat die Drecksarbeit getan.«
    »Ihr wollt doch nicht sagen …«
    »Ich habe bereits

Weitere Kostenlose Bücher