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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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die ich trotz ihrer Druckempfindlichkeit ächzend abtastete. Der Knochen war nicht gebrochen. Ähnlich sah meine linke Hüfte aus, wenn auch das Wams den Tritt etwas abgemildert hatte. Ob meine Rippen gebrochen waren, konnte ich nicht sagen; aber ich hatte aufgeschrien, als Albert mich in die Kutsche gesetzt hatte. Wo mich das Ende der Stange getroffen hatte, hatte sich ein Bluterguss beeindruckenden Ausmaßes gebildet. Am Schlimmsten aber war die Wunde an meinem Kopf. Unter der Kruste aus Schmutz und Blut und angebackenen Haaren tröpfelte es immer noch hellrot hervor – meine Fingerspitzen warenvoll, als ich sie zurückzog. Ich wischte sie nach kurzem Zögern an meinem Wams ab, richtete meine Kleidung mit vorsichtigen Bewegungen und hoffte, dass Bischof Johann einen guten Bader auf dem Fronhof angesiedelt hatte.
    Dann zog ich Janas Brief aus dem Gürtel und begann ihn zu lesen.
     
    Sie hatte ihn noch in Florenz geschrieben, in den wirren Tagen, die ihrer Freilassung aus dem Gefängnis folgten.
    Ich liebe den Mann, den Sie hassen müssen, schrieb sie in ihrer forschen Art, wie üblich ohne lange Präliminarien und in dem gestelzten Gemeindeutsch, das sie besser sprechen als schreiben konnte. Der Mann, den Sie liebten, hat versucht, mich umzubringen. Die Einzelheiten sind nicht von großer Wichtigkeit. Sie sollten nur wissen, dass Ihr Vater zu mir gehalten hat und sich großen Gefahren aussetzte, obwohl er an mir zweifelte. Ihr Mann hat mich zum Sündenbock seiner Fehler gemacht, obwohl zu bezweifeln war, dass man ihm jemals auf die Schliche kommen würde, und genau das ist es, worauf es ankommt.
    »Was ist denn passiert?«, brüllte Albert vom Kutschbock herunter. »Bist du unter die Pferdehufe geraten?«
    »Nein, unter die Hufe eines Esels«, rief ich zurück. Ich hörte ihn lachen.
    Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie sich fühlen müssen. Ihr Vater hat Sie im Stich gelassen, als Sie ihn nötig gebraucht hätten; ich kenne die Geschichte vom Tod Ihrer Mutter, ich habe sie aus seinem Mund mehr als einmal gehört, und jetzt ist er auch noch schuld am Tod Ihres Mannes. Ich habe die Briefe nicht gelesen, die er Ihnen geschrieben hat, und werde auch die nicht lesen, die er noch schreiben wird, doch ich habe keinen Zweifel, dass er es so darstellen wird. Er gibt sich stets die Schuld an allem, was passiert.
    »Der Bischof hat mir aufgetragen, dich zu suchen«, erklärte Albert.
    »Bischof Johann? «
    »Dumme Frage! Der Mann kennt dich doch gar nicht.« Ich seufzte und ging nicht näher darauf ein. Was immer sichAlbert eingebildet hatte, diesmal hatte es mir wohl das Leben gerettet.
    »Wusste Bischof Peter auch, wo ich zu finden war?«
    »Nein, das habe ich mir von alleine gedacht. Immerhin geht es ja um deine Tochter, oder?«
    »Das stimmt.«
    »Ist sie wirklich bei mir auf dem Kutschbock gesessen?«
    »Sicher.«
    Ich hörte ihn brummein.
    Was immer Sie über Ihren Vater denken und wie groß Ihr Hass auch ist: Er hat getan, was er für das Richtige gehalten hat. Ihr Mann hat in vollem Bewusstsein das Falsche getan. Ich bin sicher, dass jemand im Haus Hoechstetter ihn hereingelegt und als Sündenbock missbraucht hat, so wie er mich zu missbrauchen versuchte, aber das zählt in meinen Augen nicht als Rechtfertigung. Was für Sie zählt, kann ich nicht ermessen. Wäre es umgekehrt, und mein Gefährte wäre umgekommen, ich würde seinen Mörder hassen. Ich gebe Ihnen aber zu bedenken, dass Ihr Vater nicht wirklich der Mörder Ihres Mannes ist; es sind andere, die seinen Tod zu verantworten haben, und er selbst hat keinen geringen Anteil daran.
    Ich ließ den Brief sinken und starrte ins Leere. Natürlich hatte auch Jana bei der Abfassung ihres Briefes das getan, was sie für das Richtige gehalten hatte, doch ich hatte den schrecklichen Verdacht, dass sie in ihrem Bemühen, die Situation in Florenz zu erklären, nur erreicht hatte, dass sich Marias Hass auf weitere Personen erstreckte – auf Martin Dädalus, Ludwig Stinglhammer und Karl Hoechstetter. Ich war sicher, dass mein Schwiegersohn zumindest einen Brief geschrieben hatte, in dem er Maria diejenigen benannte, die ihn aus der Ferne in Florenz geleitet hatten; und selbst wenn er es nicht getan hatte, war sie klug genug, eins und eins zusammenzuzählen.
    Martin Dädalus und Ludwig Stinglhammer waren tot.
    »Ist wenigstens alles klar mit deiner Tochter?«, fragte Albert.
    »Ja«, sagte ich und fühlte, wie mich die Furcht um Maria wieder packte, »ja, alles ist

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