Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
Wein brauche ich aber vorher.«
Er grinste und zwinkerte mir zu. »Alles, wie du befiehlst.«
Ich fischte ein paar Münzen aus der Börse und reichte sie ihm hinüber. »Für den Apotheker«, sagte ich schwach und kämpfte einen neuen Übelkeitsanfall nieder. Ich hatte das Gefühl, dass es in meiner Kammer unerträglich stickig war. Albert stapfte siegessicher hinaus.
»Ist das Ihre einzige Verletzung?«, fragte Elisabeth. »Das und die Aufschürfung am Schienbein?«
»Alles andere ist nicht so schlimm.«
»Das entscheide ich.«
»Es ist schon kompromittierend genug, dass Sie sich hier allein mit mir aufhalten«, sagte ich. »Es fehlt grade noch, dass ich im Hemd dastehe.«
Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Glauben Sie, dassich noch keine Männerschenkel gesehen habe?« Ihre Augen funkelten, und es war fast amüsant zu sehen, wie trotzdem ein Hauch von Verlegenheit in ihre Wangen stieg. Sie fuhr dennoch fort. »Dass ich noch Jungfrau bin, muss ja nicht heißen, dass die Augen dem Körper nicht etwas voraushätten, oder?«
»So genau wollte ich es gar nicht wissen«, erklärte ich, nun ebenso verlegen wie sie.
»Was ist nun?«
Ich gab nach. »Meine Rippen, mein Brustkorb und meine Hüfte.«
»Zeigen Sie her.«
»Erst, wenn Ihr Großvater zurück ist.«
»Meine Güte!«
»Elisabeth, es ist zu Ihrem Besten.«
»Das sagen die Männer immer.«
Wir sahen uns an. Plötzlich zuckten Ihre Mundwinkel. Ich prustete und hörte gleich damit auf, schwarze Flocken vor den Augen. Sie sah zu Boden.
»Was glauben Sie, wo Ihre Tochter jetzt ist?«
»Ich weiß es nicht.«
»Werden Sie Lutz bei den Behörden melden?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Würde es Sinn machen?«
»Normalerweise ja. Aber in der derzeitigen Situation ...«
»Neben mehreren toten Bürgern wirkt ein blau geschlagener ehemaliger Schnüffler nicht gerade aufsehenerregend, oder?«
»Gut, dass Sie sich keine Illusionen machen.«
Ich verzog in gespielter Verdrossenheit den Mund. Sie beobachtete mich mit Anteilnahme.
»Haben Sie Angst?«, fragte sie.
»Vor Lutz?«
»Nein, um Ihre Tochter.«
Ich zögerte eine Sekunde. »Ja«, sagte ich dann.
Sie nickte langsam. »Dädalus und Karl Hoechstetter haben etwas zusammen ausgeheckt, stimmt's?«, fragte sie dann. Sie sah mir gerade in die Augen. »Irgendetwas, wobei es um viel Geld geht. Tun Sie nicht so überrascht – ich habe Ihnen schoneinmal erklärt, dass man vieles hört, wenn man eigentlich Luft ist für die Herren.«
»Sie haben Geld in einen Aufstand gegen Lorenzo de'Medici in Florenz gesteckt, der zum Scheitern verurteilt war. Dann haben sie versucht, es auf eine andere Weise wiederzubekommen, was offenbar auch nicht funktioniert hat. Genaueres weiß ich nicht.«
»Und wie kommt Ihre Tochter ins Spiel?«
»Sie haben einen ängstlichen und naiven Mann in Florenz missbraucht, der sich für sie zu exponieren hatte. Als der Aufstand fehlschlug, versuchte er voller Panik, die Spuren, die zu ihm und zum Haus Hoechstetter führten, zu verwischen. Der Mann war der Ehemann meiner Tochter. Er wurde aufgehängt. Hoechstetter und Dädalus waren sich nicht sicher, wie viel er ihr vielleicht noch mitteilen konnte.«
»Sie haben auch den jungen Georg eingelullt. Wenn Herr Ulrich zu Hause gewesen wäre, wäre das nicht geschehen.«
»Ich nehme an, Ludwig Stinglhammer hat sehnsüchtig auf seine Rückkehr gewartet, um ihm die Beweise vorzulegen und die beiden zu erledigen.«
Albert kam mit einem großen tönernen Humpen herein. Er leckte sich die Lippen.
»Ich habe was aus dem Fässchen in der Kammer des Burggrafen abgezapft«, dröhnte er. »Der aufgeblasene Kerl ist nicht da. Schmeckt ausgezeichnet.«
»Ein Tropfen aus Bischof Peters Zeiten«, sagte ich und lächelte.
Er stutzte und sah betroffen aus. »Das ist Wein von Bischof Peter? Das wusste ich nicht. Das wird ihm aber gar nicht recht sein ...«
»Gib schon her, Großvater«, sagte Elisabeth. »Bischof Peter ist seit Jahren tot.« Albert sah verletzt von ihr zu mir und schüttelte den Kopf. Ich bedauerte ihn fast mehr als mich. Schließlich reichte er Elisabeth den Humpen.
»Trink nicht zu viel davon«, sagte er mürrisch. »Sonst nähst du ihm noch die Ohren an den Kopf.«
Sie lachte und strich ihm über die stoppelige Wange. »Das ist doch nicht für mich.« Sie wandte sich mir zu. »Lassen Sie mich jetzt die anderen Wunden sehen? Und ist hier irgendwo ein sauberes Tuch?«
Ich schnürte mühsam mein Wams auf und ließ es
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